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022 - Die wandelnde Tote

022 - Die wandelnde Tote

Titel: 022 - Die wandelnde Tote
Autoren: Bernd Frenz
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Die Notbeleuchtung des Bunkers war längst erloschen, doch im Schein der Fackeln schälten sich die Konturen von knapp dreißig Männern aus der Dunkelheit. Sie trugen zerschlissene Uniformen der Royal Army, aber aus den Sturmgewehren in ihren Händen war schon seit Jahrhunderten kein Schuss mehr abgefeuert worden. Die Thomson mit dem aufgepflanzten Bajonett wurde nur als Hieb- und Stichwaffe benutzt.
    Die Soldaten, die hier versammelt waren, nannten sich Rojaals. Sie unterstanden dem Befehl des Gen'rels, eines despotischen Führers, der sie mit den Überresten einer längst vergessenen Armee ausstaffiert hatte. Mit Hilfe alter Dienstanweisungen der Royal Army hatte er eine private Streitmacht geschaffen, die den gesamten Landstrich um die Hafenstadt Saamton (Southamton) kontrollierte.
    »Der Sieg ist unser«, verkündete der Gen'rel feierlich. »Diesem Maddrax ist es nicht gelungen, uns zu täuschen.«
    Andächtig strich er mit seiner Hand über die olivgrüne Oberfläche eines Blechbehälters. Maddrax hatte ihn davor gewarnt, sich in die verlassene Schießanlage zu begeben, um nach funktionstüchtigen Waffen zu suchen - die es hier tatsächlich gab. Doch der Gen'rel war davon überzeugt, dass es sich bei der angeblichen Gefahr nur um eine Finte handelte. [1]
    »Brecht die Kasten auf«, befahl er seinen Männer. »Ich will mehr von diesen Feuerrohren!«
    Sofort kam Bewegung in die Rojaals.
    Paarweise gingen sie an die Arbeit. Während einer die Fackel hielt, schob der zweite sein Bajonett unter den Deckel der nächsten Kiste. Klackend gaben die Metallverschlüsse unter der Hebelwirkung nach.
    Euphorische Stimmung machte sich breit. Die Rojaals wussten, dass sie mit den neuen Waffen jeder anderen Armee Britanas überlegen waren.
     
    Noch 8 Minuten und 24 Sekunden.
    Nur der schweigsame Nosfera in ihrer Mitte ahnte, in welcher Gefahr sie schwebten. Aber der Mutant mit der rissigen Haut, die sich wie dünnes Pergament über seinen eingefallenen Schädel spannte, dachte nicht daran, die Rojaals zu warnen.
    Navok war ein Telepath, der die Gedanken anderer Menschen lesen konnte. Auf diese Weise hatte er verfolgt, wie Maddrax die Sprengmine aktivierte… aber auch erfahren, dass der Gen'rel seine Familie töten ließ.
    Seit diesem schmerzhaftem Verlust war Navok nur noch von einem Gedanken beseelt - er wollte Rache!
    Deshalb hatte er die Rojaals in das Munitionsdepot gelockt. Er war bereit, mit seinen Feinden in die Luft zu fliegen, denn im Jenseits würde er mit seiner Frau und dem geliebten Sohn wieder vereinigt sein.
     
    Noch 7 Minuten und 48 Sekunden.
    Der Nosfera wusste nicht, wie lange es bis zum großen Knall dauerte. Die Zahlen, die auf dem Display sagten ihm zwar ebenso wenig wie den Rojaals. Aber die Explosion stand unmittelbar bevor, das spürte er instinktiv.
    Während der Tod mit jedem Zeitwechsel ein Stück näher rückte, rüttelten schwere Schuldgefühle an seinem Gewissen. War es nicht feige, sich so einfach aus der Affäre zu ziehen? Wie er es auch drehte und wendete - er war ein Verräter!
    Er hatte seine Mitspieler preisgegeben, die während der Durchquerung des Tals zu ihm gestanden hatten. Sicher, es gab Aversionen untereinander, doch als es darauf ankam, hatte sich jeder in der Gruppe für den Anderen eingesetzt.
    Normalerweise hielt Navok nicht viel von den Menschen, die in ihm sowieso nur einen Blutsäufer sahen. Er musste aber eingestehen, dass ihm Matt und Aruula, ja sogar die verwanzten Wulfanen und Taratzen ans Herz gewachsen waren.
    Der Nosfera schüttelte widerwillig den Kopf.
    Er hätte die Flucht seiner Kameraden niemals verraten dürfen – auch nicht um das Leben seiner Familie zu retten.
    Es war seine Schuld, dass die Überlebenden des Sklavenspiels nach Plymeth verschleppt wurden - aber dieser Fehler ließ sich durch seinen Opfertod nicht rückgängig machen.
    Um den Gefangenen zu helfen, musste er das hier überleben!
     
    Noch 7 Minuten und 12 Sekunden.
    Navok sah sich vorsichtig um. Die Rojaals schenkten ihm keine weitere Beachtung. Sie waren viel zu sehr damit beschäftigt, die Waffen- und Munitionskisten aufzubrechen. Selbst der Gen'rel würdigte ihn keines Blickes. Mit funkelnden Augen riss der Kommandant die verschweißte Plastikhülle von einem na- gelneuen Sturmgewehr. Aufgeregt legte er den Sicherungshebel um, wie es ihm Navok an der PDW 20 demonstriert hatte. Sein Finger krümmte sich um den Abzug, doch es löste sich kein Schuss.
    Enttäuscht wollte der Gen'rel die Thomson
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