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Beschuetz Mein Herz Vor Liebe

Beschuetz Mein Herz Vor Liebe

Titel: Beschuetz Mein Herz Vor Liebe
Autoren: Asta Scheib
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Kommunisten.« Dann sollten die Jungen mit ihren Koffern bergauf hüpfen, und wer sich nicht freiwillig zur Unterschrift für die Waffen-SS entschließen konnte, dem wurde die Pistole auf die Brust gehalten. Einer der Jungen hatte sich vor Angst in die Hose gemacht. Auch wurden den Buben Fleisch- und Brotmarken abgenommen. Zu essen bekamen sie aber nur eine dünne Suppe. Darüber war die Messmerin am meisten empört. »Zustände san des, Zustände. Na, da wär’s gscheiter, daß wir gleich den Krieg verlieren. Da wär wenigstens aufgräumt.«
    »Das ist Hochverrat«, stieß Wachtmeister Hurler hervor, »Hochverrat im allerhöchsten Grad ist das, und diesmal wird es angezeigt, dafür sorg ich.«
    »Was hier angezeigt wird, bestimme immer noch ich«, sagte Kaspar Lechner. »Und wenn du die Messmer Marie anzeigst, werde ich ruhig zusehen, wie dich der alte Messmer mit der Mistgabel ersticht.«
    In diesem Moment dröhnten wieder Tiefflieger über Wiesham und beschossen den Ort. Kaspar Lechner schautezum Himmel. »Die Amerikaner«, rief Kaspar Lechner, »die schießen uns alles zamm. Hurler, schickts die Leut, wo kein’ Keller ham, in die Kirch, runter in den Heizungskeller. Oder in die Sakristei. Da sind s’ wenigstens sicher.«
    Hurler, kreidebleich: »I? I soll da naus, wo es dauernd überall einschlagt? Da soll i naus? Des kannst net verlangen, Lechner.«
    »Siehst, aber die Messmerin anzeigen, die sich um ihren Buben sorgt, des kannst, Hurler, da bist net zu feig. Jetzt aber naus, sonst mach ich dir Beine.«
    Auch Thereses Verschlag erzitterte unter dem Dröhnen der Tiefflieger. Die Möbel um Therese vibrierten bei jedem Einschlag. Jeder Treffer konnte den Verschlag aufreißen und Therese zerfetzen. Sie rollte sich in ihre Decken ein, krallte sich fest in den Stoff. Jetzt, wo Hoffnung war, jetzt, wo den Tyrannen alles unter den Händen zerbrach, jetzt wollte sie nicht mehr in diesem Verschlag krepieren. Sie konnte nicht mehr für eine Sekunde heraus, nicht einmal mehr zum abendlichen Toilettengang. Längst stand wieder der stinkende Eimer im Verschlag. Im Haus waren ständig die Soldatenstiefel der SS zu hören. Männer vom Volkssturm und die jungen Stimmen der Werwölfe. Sie waren in der SS-Kaserne in Bad Tölz noch ausgebildet worden. Noch einmal altes und junges Futter für die Geschütze der Alliierten. Sie hatten überall im Isarwinkel Straßensperren errichtet, hatten Brücken gesprengt. Auch Wiesham sollte bis zum letzten verteidigt werden. Die SS, die Landsknechte des schwarzen Totenvogels, sie hatten nichts mehr als den Wahnsinn des Dämons, dem sie gefolgt waren. Sie lebten ihn aus. Erschlugen oder erschossen immer noch jeden Juden, den sie aufstöberten. Erschossen Männer und Frauen, die sich gegen die Kriegsfurie stellten, weiße Fahnen hißten, nicht zulassen wollten, daß ihre Dörfer zerstört wurden, ihre Häuser. Die Männer der SS taten so,als könnten sie die Alliierten aufhalten. Vielleicht glaubten sie es tatsächlich. Vielleicht auch nicht. Vielleicht war ihnen das Töten so selbstverständlich geworden, daß sie es nicht mehr lassen konnten.
    »Kruzifix«, sagte Kaspar Lechner zu Therese, »wann die SS net nausgeht aus Wiesham, schießen uns die Amerikaner alles zamm.«
    Kaspar brachte Therese noch zwei Decken und ein Glas eingeweckte Erdbeeren. In Thereses Verschlag war es jetzt, Ende April, immer noch kalt. Gerade heute wehte ein starker Wind durch die Ritzen, und Regen schlug an die Wände. Therese hörte von den Straßen Schreien und Rufen. Vieh brüllte angstvoll in den Ställen. Es roch nach Rauch. Es war, als berste die Erde vor Zorn. Selbst die Krähen schrien so laut, als protestierten sie gegen den Lärm, das Feuer und die umherfliegenden Granatsplitter.
    Plötzlich riß Loni die Tür von Thereses Verschlag auf. Therese sah nur ihren Mund, ihre Augen sich in der Dunkelheit bewegen. »Der Max, Frau Rheinfelder, er will hierbleiben. Er will Sie nicht alleine lassen. Aber er muß mit. Wir können hier nicht bleiben. Die Amerikaner bombardieren uns. Wir sind nah am Bahnhof. Uns trifft es zuerst.«
    »So ein Schmarrn«, rief Max zornig hinter Loni.
    Doch Therese bat ihn, mit Loni in den Keller der Kirche zu gehen.
    »Max«, sagte Therese, »geh mit deiner Mutter in den Keller. Mir passiert schon nichts. Unkraut vergeht nicht.«
    Es half Max nichts. Er war noch ein Kind. Er mußte mit Loni im Keller der Kirche Schutz suchen.
    Therese wußte nicht, ob sie sich fürchtete. Ihr war schon
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