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Bernie allein unterwegs

Bernie allein unterwegs

Titel: Bernie allein unterwegs
Autoren: Sabine Thiesler
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– bitte schön.«
    Er holte seine Fischkisten an Bord, öffnete eine Luke und verschwand unter Deck.
     
    Ich musste stundenlang warten. Es war zum Glück ein warmer Tag und unter der Bank lag ich im Schatten, sodass mir die Sonne nicht auf den Pelz brannte, aber nach der salzigen Salami hatte ich fürchterlichen Durst.
    Ich untersuchte das ganze Schiff nach etwas Trinkbarem. Auf der rechten Seite stand eine verrostete Tonne mit Wasser. Ich musste mich fürchterlich strecken, um an den Rand heranzukommen. Dabei kippte die Tonne um, und ein Rest Wasser ergoss sich über das Deck, aber so konnte ich wenigstens etwas saufen. Das Wasser war lauwarm und schmeckte nach Fisch. Wahrscheinlich hatte der lange Hein Krabben in der Tonne gekocht, denn an Deck lagen nun auch noch ein paar Krabbenreste, die ich auffraß. Das war alles nicht viel, aber besser als nichts.

    Als der lange Hein aufwachte, saß ich immer noch brav neben dem Steuerhaus. Er sah mich an, runzelte die Stirn, als würde er überlegen, was er mit mir machen sollte, aber sagte nichts.
    Drei Restaurantbesitzer oder Feinkosthändler kamen innerhalb der nächsten halben Stunde und kauften Heins gesamten Fang auf. Der lange Hein machte ein sehr zufriedenes Gesicht.
    Ich hätte zu gern ein paar Fische gegessen, aber Hein kam nicht auf die Idee, mir ein paar anzubieten. Ich musste einfach durchhalten. Irgendwann würde ich sicher etwas bekommen.
    »Du willst also hierbleiben«, sagte Hein schließlich zu mir und stemmte die Hände in die Hüften. »Wenn du unbedingt willst – meinetwegen. Hoffentlich wird dir nicht schlecht, da draußen weht eine s-teife Brise, und das Schiff schaukelt ganz schön. Aber wenn du dich anständig verhältst und kapierst, was ich von dir will, kannst du bleiben und mitfahren. Im Grunde hat dich der Himmel geschickt, denn ich hab mir schon lange einen Hund gewünscht.«
    Ich nickte und lachte und wedelte mit dem Schwanz, weil ich noch immer ein bisschen unsicher war.
    Das ist auch so ein Missverständnis zwischen Mensch und Hund. Die Menschen denken immer, wir wedeln mit dem Schwanz, weil wir uns freuen, aber das stimmt nicht. Wir wedeln auch mit dem Schwanz, weil wir nicht genau wissen, wie wir uns verhalten sollen.

    Aber der lange Hein dachte jetzt natürlich, dass ich mich freute, und das war gut so.
    »Okay, dann werd ich dich Bobby nennen«, sagte er. »So hieß ein Hund, den ich als lütter Junge mal gehabt hab. Komm mal her, Bobby!«
    Ich ging zu ihm und setzte mich dicht neben ihn. Hein kraulte mir die Ohren.
    »Pass mal auf, Bobby. So dösbaddelig bist du ja gar nich’, das hab ich schon gemerkt.«
    Dösbaddelig war das Lieblingswor t vom langen Hein und hieß so viel wie doof. Also: So doof bist du ja gar nicht …
    »Du kapierst ’ne Menge«, meinte er. »Aber damit wir uns auch richtig verstehen: Vorne heißt beim Boot Bug und hinten Heck, und hier oben sind wir auf dem Deck . Klar?«
    Ich nickte. Ich konnte mir noch viel mehr merken, als der lange Hein dachte.
    »Rechts heißt für uns Seeleute immer steuerbord und links backbord, wenn ich nämlich mit der rechten Hand jemandem eine knalle, dann wird die linke Seite rot. Darum ist backbord immer rot und steuerbord immer grün. Aber das is’ ja wurscht für dich.«
    Wie recht er hatte. Aber ich musste mir ja nicht jeden Quatsch merken. Wenn ich wusste, dass steuerbord rechts und backbord links war, dann reichte das völlig.
    »Und wenn du einen Schiet machst und mir zwischen die Beine läufst, dann binde ich dich hier an dem Geländer fest, und das ist die Reling. Klar? Und wenn du noch mehr Schiet machst, dann bind ich dich vorn als Galionsfigur an den Bug
des Schiffes, und dann kriegst du keine Luft mehr, weil dir die ganze Gischt in die Nase spritzt.«
    Na, das waren ja herrliche Aussichten. Da musste ich mich auf jeden Fall benehmen.
    »Und wenn du dann noch sehr viel mehr Schiet machst, dann wirst du gekielholt, das heißt, ich zieh dich während der Fahrt unterm Boden des Schiffes, also unterm Kiel, einmal durch. Das überleben die wenigsten.«
    Hundehimmel, in welcher Piratenhölle war ich denn hier gelandet?
    Der lange Hein lachte. »Aber das mache ich natürlich nicht mit kleinen Hunden, du Dösbaddel.«
    Aha. Es war also nur ein Scherz gewesen.
    Danach erklärte er mir noch haufenweise seemännische Fachausdrücke, sodass ich ohne Probleme mein Seefahrerpatent hätte machen können, und dann legte er endlich ab.
    »Na, dann woll’n wir mal.«
    Er stand auf,
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