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Bernie allein unterwegs

Bernie allein unterwegs

Titel: Bernie allein unterwegs
Autoren: Sabine Thiesler
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ist köstlich.«
    Und wieder bekam Rudi einen heftigen Schluckauf.
    Ich nahm an, dass das immer passierte, wenn er eine Lügengeschichte erzählte. Ich glaubte ihm nämlich kein Wort, aber es machte Spaß, dem Seemannsgarn zuzuhören, auch wenn ich für Rudi zur Abwechslung mal eine Qualle war.
    Das Hafenbecken war jetzt randvoll mit Wasser, die Fischer kamen nach Hause zurück, legten direkt vor unseren Augen mit ihren Schiffen an und boten am Kai ihren Fang in Kisten zum Verkauf an.
    Der Hafen füllte sich mit Einheimischen und Touristen und mit Köchen, die Fisch für ihre Restaurants einkauften.
    »Ach, was ich ganz vergessen habe, dir zu sagen …« Rudi gähnte immer noch. »Ich weiß zufällig, dass sich der lange Hein einen Hund wünscht. Einen großen, starken Hund, mit dem er reden kann und der mit ihm raus aufs Meer fährt. Tagelang auf dem Wasser – er fühlt sich dort einfach zu allein. Ich war auch schon mit dem langen Hein unterwegs. In der Südsee. Wir haben übrigens den berühmten Hula-Hula erfunden, und ich war drei Monate mit einer silbergrauen Pinscherhündin verlobt. Jeden Tag habe ich ihr eine frische Blütenkette um den Hals gelegt, wir haben gegrillte Tintenfische gegessen, abends am Strand gelegen und bei Sonnenuntergang zweistimmig gejault. Es war himmlisch. Und Palmen gibt es da – das glaubst du nicht! Aber leg dich nicht drunter, sonst fällt dir eine Kokosnuss auf den Kopf, und du bist schneller tot, als du denken kannst … Na ja, jedenfalls hatte der lange Hein Pfeffer im Hintern
und wollte unbedingt zurück nach Husum. Und da er allein an Bord nicht klarkam, hab ich schweren Herzens von Lilli, so hieß meine Pinscherdame, Abschied genommen und bin hier wieder angelandet. – Jetzt bin ich zu alt, um mit dem langen Hein in die Südsee zu fahren, daher sucht er einen Hund, aber ihm fehlt das Geld, sich einen zu kaufen.« Rudi konnte nicht weitersprechen, weil er auf einmal so einen fürchterlichen Schluckauf hatte, und warf mir einen skeptischen Blick zu. »Ich nehme mal an, du wirst noch ziemlich groß, oder?«
    »Und ob!«, hauchte ich. »Wenn ich genug zu fressen kriege, so ungefähr hundertzwanzig Kilo.«
    Rudi schluckte. »Hundelittchen«, murmelte er. »Dann bist du genau der richtige Hund für den langen Hein. Geh doch einfach mal rüber, und leg dich vors Boot. Oder am besten direkt aufs Boot. Mal sehn, was er macht. Heute Abend fährt er bestimmt wieder raus. Es ist der lange Dünne da hinten; der mit dem Blaumann und der Schiffermütze.«
    »Danke, Rudi, klasse Idee. Is’ echt nett von dir!«
    Südsee. Das hörte sich fantastisch an. Bayern war schließlich auch im Süden, da kam ich meinem Ziel ja mit Riesenschritten immer näher.
    »Na dann, hau ab! Und alles Gute, Kumpel. Ich hatte zwar gehofft, du bleibst noch ’ne Weile, aber wer weiß, welche Welle dich hier irgendwann wieder anschwemmt.«
    Ich fuhr Rudi noch mal kurz mit der Pfote über den Rücken, nahm meinen rosa Rucksack und lief zum Boot vom langen Hein.
    Als ich näher kam, sah ich den Namen des Bootes, der am Bug mit Lackfarbe aufgemalt war: »Seewolf«.

    Das war ja ein prima Name. Wölfe waren schließlich meine engsten Verwandten. Ich hatte sofort Vertrauen zu dem Kahn und schlich mich über die Reling an Bord, als der lange Hein gerade nicht aufpasste, weil er einem Touristenpärchen eine Tüte Krabben verkaufte.

»SEEWOLF« AHOI!
    Der lange Hein bediente noch drei weitere Kunden auf dem Kai, wo seine Fischkisten standen, bis er sich endlich umdrehte und zurück an Bord kam. Und da sah er mich direkt neben dem Steuerhaus. Ich saß ganz gerade und ordentlich und machte mein freundlichstes Gesicht. Ab und zu hechelte ich, und dann sah es aus, als ob ich lachte.
    Hein stutzte. »Wer bist du denn, zum Teufel?«, brummte er.
    Ich hätte es ihm gern gesagt, aber das ging ja nicht, also blieb ich still sitzen und sah ihn an.
    »Geh nach Hause!«
    Ich rührte mich nicht.
    »Verflucht, wo kommst du überhaupt her? Hä? Wo bist du ausgebüxt? Ich kenn ja hier so einige, aber von Bernhardinerwelpen hab ich nichts gehört.«
    Ich reagierte wieder nicht.
    »Marsch! Hau ab! Ich muss jetzt ein bisschen pennen, und dann fahr ich wieder raus!«
    Er wollte mich greifen, aber ich war schneller, entwischte ihm, lief zum Heck und kroch unter eine kleine Holzbank.
    Hein kratzte sich am Bart. »Ich hab keinen Bock, mit dir
Fangen zu spielen. Ich geh jetzt schlafen. Und wenn du da unbedingt unter der Bank liegen bleiben willst
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