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Bernie allein unterwegs

Bernie allein unterwegs

Titel: Bernie allein unterwegs
Autoren: Sabine Thiesler
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»Aber glaub mir, es ist richtig so, und deinen Babys wird es gut gehen.«

    Paule dachte wahrscheinlich, Mama kapiert nicht, was er sagt, dabei hatten wir alle jedes Wort verstanden. Die Menschen fliegen zum Mond und haben das Fernsehen erfunden, aber sie haben bis heute nicht begriffen, dass wir Hunde alles verstehen, was sie sagen. Alles. Wirklich alles. Wir können bloß nicht antworten, und es ist zum Jaulen, dass die Menschen unsere Sprache überhaupt nicht, kein kleines bisschen verstehen.
    Die Leute, die kamen, fanden uns alle süüüß, nahmen uns auf den Arm und streichelten uns, lachten sich kaputt, wenn wir stolperten, und legten uns widerliche kleine bunte Halsbänder um, an denen sie uns auf der Straße hinter sich herzerrten.
    Bei vielen Gesprächen hörte ich, dass unser Vater Hugo vom Walde hieß, in Bayern auf einem Bauernhof lebte und ein riesiger Rüde war, der hundertzwanzig Kilo wog. Er hatte langes, dichtes braunes Fell und eine pechschwarze Gesichtsmaske.
    Ich fand ihn wunderschön. Er war ein Bild von einem Bernhardiner!
    Elfriede zeigte Fotos von Hugo, auf denen er ein kleines Fass um den Hals trug, in dem angeblich Schnaps sein sollte und das die Interessenten am allermeisten beeindruckte.
    Ich beschloss, unbedingt so groß und stark zu werden wie mein Vater Hugo, wollte auch mit einem Fass durch die Gegend laufen, und überhaupt war ich ungeheuer stolz, ein Bernhardiner zu sein.
    Aber das sollte sich bald ändern.

DIE INTERESSENTEN
    Mittlerweile war es Juli, und ich hatte das Gefühl, dass es von Tag zu Tag heißer wurde. Mama lag die ganze Zeit in der schattigsten und kühlsten Ecke des Zwingers und schnaufte schwer. Wir versuchten alles, sie zum Spielen zu bewegen, aber sie hatte keine Lust.
    Ich fand es im Zwinger für uns alle inzwischen auch ziemlich eng, vor allem weil Bodo andauernd stänkerte und sofort zuschnappte, wenn ihm jemand zu nahe kam. Ich konnte Bodo nicht ausstehen. Obwohl wir alle unseren eigenen Fressnapf hatten (wir bekamen jetzt nämlich schon richtiges Erwachsenenfutter, nur mit ganz viel Wasser verdünnt), stürzte sich Bodo immer auf den Napf eines anderen und knurrte ihn weg. Und jedes Mal gab es Streit und eine Rauferei. Bodo nervte wirklich.
    Wenn man doch nur mit Doktor Schwenker hätte reden können! Dann hätte ich ihn mal gefragt, warum Bodo ständig so eklig war, aber das ging ja nicht, Doktor Schwenker verstand uns ja nicht.
    Er kam an einem Vormittag für das »große Programm«. So nannte es Frau Küster. Wir wurden alle auf die Waage gestellt; wir Rüden wogen schon über zehn Kilo, die Hündinnen erst
acht. Der Doktor fand es okay. Dann bekamen wir alle eine Spritze. Angeblich war es eine Impfung gegen alle möglichen Krankheiten, die ich nicht kannte, aber ich fand es ekelhaft. Mir hat es auch wehgetan, obwohl Doktor Schwenker zu Frau Küster sagte: »Da merken die Hunde gar nichts von.« Haben die eine Ahnung!
    Bevor er ging, gab er Frau Küster noch eine große Packung Anti-Wurm-Tabletten. Die hab ich genau gesehen. Es waren knallrote, längliche Tabletten. Frau Küster hat sie uns sofort unters Futter gemischt, aber ich hab sie nicht runtergeschluckt, sondern im Zwinger wieder ins Heu gespuckt. Ich hab keine Würmer. Das würde ich doch merken! Dass die Menschen die Hunde immer für doof verkaufen müssen.
    Bevor Doktor Schwenker wieder ging, sagte er noch, wir wären alle feine und gesunde Hunde (na also!) und es wäre jetzt an der Zeit, dass wir alle in irgendwelche Familien kämen. Nur mit mir stimme was nicht. Als er Frau Küster erklären wollte, was mit mir alles nicht in Ordnung war, gingen die beiden ins Haus, und ich konnte nichts mehr hören.
    Ich hab mir dann Sorgen gemacht und die Wurmtabletten im Stroh gesucht, aber ich hab sie nicht mehr gefunden. Sonst hätte ich sie noch genommen. Ehrenwort.
    In der Nacht konnte ich überhaupt nicht schlafen, weil ich nicht wusste, ob ich jetzt sterbe oder nicht, ob ich überhaupt einen Menschen finde, der einen Hund wie mich will und ob mich die Küsters behalten, wenn mich keiner will. Bei Mama wäre ich schon gerne geblieben, obwohl Mama in letzter Zeit auch so abweisend war und nur noch ihre Ruhe haben wollte.

    Es ist schrecklich, wenn die Zukunft so ungewiss ist! Ich habe die ganze Nacht gewinselt, aber keiner hat es gemerkt, weil Mama so laut geschnarcht hat.
     
    Belinda wurde als Erste abgeholt. Vielleicht weil Paule schon immer »meine Hübsche« zu ihr gesagt hatte. Sie kam zu einem
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