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Benkau Jennifer

Benkau Jennifer

Titel: Benkau Jennifer
Autoren: Phoenixfluch
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Sie räusperte sich.
    „Entschuldigen Sie“, sagte sie fest, da er sie weiterhin ignorierte. Wut mischte sich tröpfchenweise ihrer Konfusion unter. Es wurden stetig mehr Tropfen. „Kann ich einen Moment mit Ihnen sprechen?“
    Im Hintergrund zog Toni ein verwundertes Gesicht. Helena presste die Lippen aufeinander, denn Samuels Lächeln gefror und er wich ihrem Blick aus.
    „Ich bin ein wenig in Eile.“
    „Warten Sie! Nur zwei Minuten. Ich möchte nur …“
    „Ich habe wirklich keine Zeit“, knurrte er durch die Zähne und vermied nach wie vor, sie anzusehen.
    Helena machte einen Schritt zur Tür, legte ihre Finger um die Klinke und versperrte ihm den Ausgang. „Bitte. Eine Minute.“
    „Helena?“ Toni hob fragend eine Braue, doch sie schüttelte nur knapp den Kopf.
    Samuels Blick klebte auf ihrer Hand. Den gleichen Blick hatte sie schon einmal gesehen, er ließ ihr einen Schauder den Rücken hinab rieseln und brachte ihren Arm zum Zittern. Aus dem Hinterzimmer drang Cats Bellen. Toni zuckte mit den Schultern und drehte sich weg, um den Hund zu beruhigen. Vielleicht spürte er auch, dass Helena einen Moment mit Samuel allein sein wollte. Sie hatte lange nicht mehr so viel Dankbarkeit für jemanden gefühlt, wie in diesem Moment für Toni.
    „Also?“, sagte sie leise. „Wie können Sie mir … wie kannst du mir erklären, was da neulich Nacht passiert ist?“
    „Neulich Nacht?“
    Ein Eindruck, der an Schmerz erinnerte, flammte in seinen dunklen Augen auf. Unterdrückt, kaum wahrnehmbar; aber gerade dadurch noch viel intensiver. Es zog Helena den Magen zusammen, ohne dass sie hätte sagen können, warum. Dann wurde sein Blick kühl und er schüttelte in bestens vorgespielter Ahnungslosigkeit den Kopf.
    Nicht lügen. Lüg mich jetzt nicht an, dachte sie.
    „Ich weiß nicht, wovon Sie reden.“
    Helena jagte der Wunsch durch die Adern, etwas kaputt zu schlagen. Sie musste sich zusammenreißen, um ihn nicht anzuschreien. „Ich denke schon.“
    „Hören Sie, ich möchte wirklich nicht unhöflich sein, aber Sie verwechseln mich. Ich kenne Sie nicht, wir haben uns nie zuvor gesehen.“
    Sie schnaubte entrüstet. „Hast du eigentlich eine Ahnung, was ich in dieser Nacht durchgemacht habe? Ich dachte, du … Ach, was soll’s! Ich saß stundenlang bei der Polizei, wurde als hysterisch bezeichnet. Ich musste mich einem Drogentest unterziehen.“
    Tränen brannten in ihren Augen, doch sie hielt sie zurück und schluckte gegen das Bedürfnis an, einfach loszuheulen. Mit beiden Händen strich sie sich durchs Haar und ließ dabei die Tür los. Er packte die Gelegenheit beim Schopf, die Tür bei der Klinke, und schob sich an ihr vorbei.
    „Das ist eine Verwechslung“, sagte er fest. „Es tut mir wirklich sehr leid, dass Sie Schwierigkeiten hatten, aber das ist nicht meine Schuld, also belästigen Sie mich bitte nicht weiter. Sonst muss ich mich an Ihren Chef wenden.“
    Damit verschwand er und ließ Helena wie mit eiskaltem Wasser übergossen stehen. Fassungslos verharrte sie in der Tür und sah ihm nach. Vielleicht hätte sie den Gedanken zugelassen, dass sie ihn wirklich nur verwechselte, sich blamiert hatte und ihm gerade schrecklich auf die Nerven gegangen war. Doch die Geschwindigkeit, mit der er die Straße runter eilte sowie die fahrigen Bewegungen, mit denen er sich über Gesicht und Nacken rieb, straften seine Worte Lügen.
    Dann drehte er sich zu ihr um. Er setzte an, ihr etwas zuzurufen, schüttelte jedoch wortlos den Kopf. Schließlich sprach er doch, aber viel zu leise, als dass sie ihn hätte hören können. Anhand seiner Lippenbewegungen und dem gequälten Ausdruck in seinem Gesicht konnte sie auf die Entfernung nur vage erahnen, was er gesagt hatte.
    „Es tut mir leid.“
    „Was stimmt nicht mit dir, hm?“, rätselte Helena, während er um eine Ecke verschwand. „Was auch immer es ist, Samuel. Ich finde es heraus.“

4
    Wenn du an mich denkst,
erinnere dich an die Stunde,
in welcher du mich am liebsten hattest …
    Rainer Maria Rilke
    W ie von einem Dämon gehetzt eilte Samuel zu seinem Wagen. Die Gedanken hielten ihn so eisern gefesselt, dass er zunächst ein paar Schritte an seinem Auto vorbeilief. Er fluchte leise, als er sich seiner Zerstreutheit bewusst wurde, und kehrte um. Frustriert ließ er sich hinters Lenkrad fallen, lehnte den Kopf gegen den Sitz und schloss für einen Moment die Augen.
    Es war klar gewesen, dass seine Dummheit von dem Abend auf der Brücke ein Nachspiel
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