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Benkau Jennifer

Benkau Jennifer

Titel: Benkau Jennifer
Autoren: Phoenixfluch
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authentischer Gewandung.“
    Helena horchte auf. „Klingt archaisch und scheint tatsächlich mal was anderes zu sein.“
    „Absolut. Also kommst du mit? Los, sag ja!“
    „Na gut, überzeugt“, stimmte Helena zu und Steffi hüpfte auf ihrem Stuhl vor Freude auf und ab.
    „Aber was Gewandung betrifft, muss ich passen“, fügte Helena hinzu. „Vielleicht kann ich improvisieren.“
    Steffi winkte ab. „Damit sie uns gleich wieder fortjagen? Vergiss es, das muss schon authentisch sein.“ Sie maß Helenas Körper kritisch mit ihrem Blick ab und nickte selbstzufrieden. „Ich hol dich ab und bringe etwas mit. Ich hab ein Kleid, das mir schon eine Weile nicht mehr passt. Für dich dürres Gestell müsste es perfekt sein.“
    Die erste Woche verlief genauso gut, wie sie begonnen hatte. Bis auf das eigentümliche Gefühl, in den Nächten beobachtet zu werden, und ein paar mehr als wirren Träumen, fühlte Helena sich pudelwohl in ihrem neuen Zuhause. Die Unruhe unterdrückte sie, so gut sie es konnte. Vermutlich war sie darauf zurückzuführen, dass sie zum ersten Mal völlig allein wohnte. Sie war noch zu sehr an das Leben in der Familie und in einer WG gewöhnt. Der Umzug in ein frei stehendes Haus, in dem es nur sie und den Hund gab, war schon eine Umstellung, und verbunden mit ihrem Erlebnis am ersten Abend in dieser Gegend, rechtfertigte dies wohl auch die Nervosität.
    Tagsüber vergaß sie über ihren Job die Sorgen der Nächte. Nach wenigen Tagen fand Helena sich bereits blind im Notenhaus zurecht. Mit den Kunden hatte sie keine Probleme und so stand sie bereits am Freitag den ersten Nachmittag allein im Laden, während Steffi ihren freien Tag genoss und Toni sich nach eigenen Angaben beim Steuerberater langweilen musste.
    Helena half einem Rentnerpaar bei der Auswahl einer Anfängergitarre und demonstrierte die unterschiedlichen Klangeigenschaften zweier Modelle, als die Tür unter leisem Bimmeln des Glockenspiels aufging. Das Erste, was Helena wahrnahm, war die seltsame Reaktion ihres Hundes. Cat schoss in die Höhe, winselte und blieb mit gesträubtem Nackenfell auf ihrer Decke neben der Theke stehen. Ihr Blick fokussierte den Eintretenden, huschte dann für einen Moment verunsichert zu Helena und zurück zu dem Mann in der Tür. Das Mittagessen kam Helena beinahe wieder hoch, als sie ihn erkannte.
    Er!
    Cats plötzliches Knurren ließ die Kundin zusammenschrecken. Helena blaffte ein erschrockenes „Aus!“ in die Richtung ihrer Hündin. Diese gehorchte nur widerwillig. Sodann war der Hund vergessen, ebenso die wartenden Kunden. Vor Schreck wie schockgefrostet, stand Helena mitten im Raum und starrte den Mann an, der sie jetzt erst zu bemerken schien.
    Es gab keinen Zweifel. Es war der Kerl, der sich vor ihren Augen von der Brücke gestürzt hatte. Dieselben Gesichtszüge. Eine breite Stirn, dunkle, große Augen und eine markante Wangenpartie. Zudem sah er nicht nur ausgesprochen lebendig aus, er trug nicht einmal ein Anzeichen einer Verletzung. Wohl hätte Helena an ihrem Verstand gezweifelt, wenn er sie nicht einen Wimpernschlag lang mit einem ebenso schockierten Ausdruck angesehen hätte, wie sie ihn auch in ihrem eigenen Gesicht vermutete. Blankes Entsetzen lag in seinem Blick. Wenngleich er sich rasch unter Kontrolle brachte und eine unbeteiligte Miene zur Schau stellte, konnte er nicht verhindern, dass sie ohne jeden Zweifel durchschaute: Er hatte sie ebenfalls erkannt.
    „Du …?“, japste Helena.
    „Entschuldigung.“
    In einer fließenden Bewegung drehte er sich um und schlug die Tür hinter sich zu, bevor sie auch nur ein weiteres Wort herausgebracht hatte. Das Glas zitterte im Rahmen. Doch dann verharrte er auf dem Gehweg vor dem Eingang und ließ die Schultern hängen. Einen Augenblick später erkannte Helena den zurückkehrenden Toni. Offenbar hatte Toni den Mann gesehen, denn er lächelte ihm zu, und aus irgendeinem Grund vereitelte dies seine Fluchtpläne. Die Männer begrüßten sich, Toni schlug dem mysteriösen Fremden freundschaftlich auf die Schulter und gemeinsam betraten sie das Notenhaus.
    Neben dem schlanken, lang gewachsenen Toni, der sein übliches „Buongiorno zusammen!“ durch den Raum schmetterte, wirkte der Fremde klein. Er konnte allenfalls einen Kopf größer sein als Helena, also ungefähr einsfünfundsiebzig. Betreten senkte er den Blick und zuckte mit den Mundwinkeln, als er sich an Helena vorbeischob. Erst jetzt bemerkte sie den Violinenkoffer in seiner Hand.
    Cat
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