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Bassus (German Edition)

Bassus (German Edition)

Titel: Bassus (German Edition)
Autoren: Annette Eisenmann
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Landeanflug, Jeans, wetterfeste Parkas, wasserdichte Stiefel.
    Er lief zu seiner alten Schule und zum Kampfsportclub, danach zum Tagesheim. Es kostete ihn Überwindung, noch einmal zum Eingang zu gehen. Für einen Moment glaubte er, durch die Scheibe Melanie zu sehen. Aber es war ein anderes Mädchen.
    Es wurde Zeit, dass er ging, denn er gehörte nicht mehr hierher. Er war nicht Tony Fuhrmann. Er war der angehende Medicus Bassus Tonianus. Der Sohn des Reiters Titus Flavius Bassus.
     
    Zurück in der Wohnung surfte er noch einmal im Internet und sah sich Musikvideos an. Sollte er einen kleinen solarbetriebenen PC mitnehmen und darauf Filme und Musikvideos speichern? Er könnte sie Bassus und Flavia zeigen, damit sie verstanden, aus was für einer Welt er kam.
    Doch wozu?
    Er schaltete Gwanwyns PC aus. Schluss. Es war egal. Ja, die technischen Möglichkeiten dieser Zeit waren beeindruckend und würden noch weiter entwickelt werden.
     
    Er würde das alles verpassen.
     
    Aber die Menschen waren nicht wirklich anders. Sie waren nicht klüger oder besser als die Menschen in der Römerzeit.
     
    Als es dunkel war, zog es ihn noch einmal hinaus. Er lief zur Domplatte und sah überrascht, dass inzwischen der Weihnachtsmarkt eröffnet war. Gut gelaunte Menschen flanierten zwischen den heimelig erleuchteten Buden umher und betrachteten die Waren.
    Jemand berührte sanft seine Hand.
    „Ich hätte dich fast nicht erkannt. Was machst du hier?“, fragte Franzi.
    „Abschied nehmen.“
    „Du willst noch vor Weihnachten zurück?“
    „Ja. Unbedingt.“
    „Aber warum so bald? Dort wird es kalt und dunkel sein. Nimm dieses Fest doch noch mit und geh erst danach.“
    Er sah sie lächelnd an. „So kalt und dunkel ist es dort nicht. Bald sind die Saturnalien. Da wird heftig gefeiert, und Bassus wird unsere Freunde zum Essen einladen.“
    Franzi hängte sich bei ihm ein. Sie schlenderten durch die Gassen zwischen den Ständen. Es roch nach Glühwein und Bratwurst. Weihnachtslieder klangen von allen Seiten.
    „Kannst du das hier wirklich für immer aufgeben?“
    „Es ist nicht schwer.“
    Franzi war auf einmal sehr traurig. „Wir werden dich schrecklich vermissen, Tony.“
    „Ich werde euch auch vermissen.“
    Sie fasste sich wieder. „Wenn du schon draußen herumläufst, kannst du auch mitkommen zu uns nach Hause. Ich hätte gerne, dass du wenigstens einmal dort gewesen bist.“
    „Ich komme, bevor ich gehe. Versprochen. Aber nicht heute.“
     
    Der Besitzer der Buchhandlung in der Colonia Agrippinensium gähnte. Er wollte seinen Laden schließen. Aber Wackeron bemerkte es nicht. Er hielt eine der letzten Öllampen in der Hand, die der Ladenbesitzer noch nicht gelöscht hatte, und las fasziniert in einer Schriftrolle.
    „Lass uns morgen wieder kommen“, drängte ihn Bassus.
    Er hatte längst gefunden, was er gesucht hatte. Nun wartete er schon eine ganze Weile mit seinen Büchern unter dem Arm darauf, dass auch Wackeron ein Ende fand. Doch Wackeron winkte ihm zu und sagte: „Geh schon voraus. Ich komme nach.“
    Bassus sah den müden Blick des Ladenbesitzers und hob entschuldigend die Schultern.
    Draußen bellte Harpalos ihm freudig entgegen. Es nieselte. Bassus bedeckte die Schriftrollen mit seinem Umhang und machte sich auf den Weg zur Herberge, in der er und Wackeron während ihrer beiden Urlaubstage wohnten.
    Der weite Platz leerte sich.
    Bassus blieb stehen.
    Seit Tony verschwunden war, verließ er die Wohnung in Durnomagus, so oft er nur konnte. Sie kam ihm kalt und fremd vor, und er fragte sich, wie Tony es nur allein dort ausgehalten hatte, nachdem auch Micon gegangen war.
    Das Nieseln ging in Schnee über. Bassus sah in den dunklen Himmel hinauf. Auch der Hund reckte die Schnauze hoch. „Was gibt es da oben Interessantes?“, schien er zu fragen.
    Bassus strich ihm über den Kopf. „Nichts, Harpalos. Ich frage mich nur, ob Tony zurückkommen wird.“
    Der Hund setzte sich auf die Hinterbeine und sah ihn aufmerksam an.
    „Was meinst du?“
    „Wuff.“ Es hörte sich zuversichtlich an.
    Und dann war es auf einmal vollkommen still. Bassus schloss die Augen. Er dachte an die wundersamen Dinge, die Tony aus seiner Zeit berichtet hatte. Wie konnte das Leben hier damit konkurrieren? Würde es Tony inzwischen nicht unwirklich vorkommen? Hatte er sich nicht längst wieder eingewöhnt?
    Bassus versuchte, sich die Menschen vorzustellen, von denen Tony ihm erzählt hatte: Irmtraud und Ralf, Elisabeth und Wolfgang
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