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Bassus (German Edition)

Bassus (German Edition)

Titel: Bassus (German Edition)
Autoren: Annette Eisenmann
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klar, dass du deinen Patienten mit den Möglichkeiten unserer Zeit viel besser helfen könntest?“
    „Ich kann ihnen mehr helfen, als ihr euch vorstellen könnt. Allein wenn ein Arzt kommt, dem sie vertrauen, geht es den meisten schon besser.“
     
    Danach besprach er sich lange mit Elisabeth und Ralf. Und Ralf war es auch, der am Ende die zündende Idee hatte. Die Geschichte von Tonys Gefangenschaft bei Perpenna hatte ihn dazu inspiriert.
    „Es muss so aussehen, als wärst du die ganze Zeit von Roland in eurem Haus gefangen gehalten worden. Bei einem Fluchtversuch hat er dich dann getötet und deine Leiche entsorgt.“
    „Das könnte funktionieren. Im Keller gibt es einen Bereich, der nie genutzt wird. Dort könnte es geschehen sein.“
     
    Die nächsten Tage und Wochen verbrachten sie damit auszutüfteln, wie sie unbemerkt in die Villa der Fuhrmanns gelangen konnten.
    „Ketten“, sagte Ralf.
    „Ketten?“
    „Er hat dich an die Wand gekettet“, erklärte Elisabeth, als sei es das Normalste von der Welt.
    „Okay.“ Tony fröstelte bei dem Gedanken.
    „Und er hat dich fotografiert, um sich auch später noch an deinen Qualen zu weiden.“
    Tony wunderte sich über Ralfs blutrünstige Fantasie, war jedoch mit allem einverstanden.
    Er legte nach: „Ich muss mir Blutergüsse hinschminken, damit es so aussieht, als hätte er mich wochenlang täglich geschlagen.“
    „Sehr gut“, lobte Elisabeth.
    Von ihr wusste Tony auch, dass Roland seine junge Geliebte und die gemeinsame Tochter nicht gut behandelte. Elisabeth hatte sie nach Tonys Verschwinden mehrmals aufgesucht. Die blauen Flecken waren nicht zu übersehen gewesen. Doch die junge Frau hatte so große Angst vor Roland, dass sie sich weigerte, gegen ihn auszusagen. Einmal hatte sie das Baby ins Krankenhaus gebracht, weil es einen gebrochenen Arm hatte.
     
    Elisabeths früherer Freund, der Arzt, der ihnen schon einmal geholfen hatte, kam vorbei und nahm Tony Blut ab. Sie lagerten es bei den Schefflers im Gefrierschrank.
     
    Je näher der Zeitpunkt rückte, an dem alles geschehen sollte, umso unruhiger wurde Tony. Würde das mit der Rückkehr wirklich funktionieren? Würde das Medaillon mitmachen? Was, wenn Roland ihn so schwer verletzte, dass ihm in der Römerzeit niemand helfen konnte und er dort starb?
    Das brachte ihn auf den Gedanken, für alle Fälle einen kleinen Vorrat an Antibiotika mitzunehmen. Und Schmerzmittel. Vielleicht auch Infusionsnadeln mit Schläuchen und Infusionslösungen? Dann verwarf er diese Gedanken wieder. Nein. Er musste aufhören damit, sonst kam er vom Hundertsten ins Tausendste.
    Aber auch Ralf, der vorhin mit Franzi gekommen war, dachte offenbar in diese Richtung. „Du könntest ein paar Dinge mitnehmen, die solarbetrieben sind. Dann kannst du sie ewig lange benutzen.“
    „Und was?“
    „Einen Taschenrechner.“
    „Die Römer rechnen auch ohne blitzschnell.“
    „Mhm. Dann eben eine Taschenlampe.“
    „Ja, das wäre schon praktischer. Aber dann wären die Dinger, die man durch Muskelkraft zum Leuchten bringt, noch besser.“
    „Was hast du denn in der Römerzeit eigentlich am meisten vermisst?“
    „Zuerst vieles. Aber am Ende eigentlich nichts mehr.“ Tony dachte nach. „Manchmal Ketschup, Pommes, oder Schokolade. Aber jetzt, wo ich das alles wieder haben kann, ist es überhaupt nicht wichtig.“
    „Könntest du uns nach deiner Rückkehr nicht ein Zeichen hinterlassen, damit wir wissen, dass alles geklappt hat?“, fragte Franzi.
    „An was denkst du da?“
    „Vielleicht könntest du etwas in eine Säule oder eine Mauer gravieren.“
    „Ich denke darüber nach“, versprach er.
     
    Am Ende nutzte er die wenige verbliebene Zeit, um sich die Welt, die er bald für immer verlassen würde, noch einmal anzusehen. Beinahe täglich ging er in wechselnden Verkleidungen spazieren und prägte sich alles ein.
    Einmal besuchte er auch das Römisch-Germanische Museum und stand lange vor dem Grabstein von Bassus. Vor allem der bescheuerte Zopf zwischen den Ohren von Teres berührte ihn. Wie vielen Besuchern des Museums er wohl auffiel?
     
    Doch die meiste Zeit konzentrierte Tony sich einfach ganz bewusst noch einmal auf alles, was er danach nie wieder sehen würde: Ampeln, Bankautomaten, Fahrräder, Schaufenster. Tankstellen, die nächtliche Beleuchtung, den Dom und die Domplatte, Eiskrem, Motorenlärm, Benzingeruch, Straßenbahnen, U-Bahnen, Skateboards, Kopfhörer, Rockmusik, Kinos, den Hauptbahnhof, Flugzeuge im
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