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Bassus (German Edition)

Bassus (German Edition)

Titel: Bassus (German Edition)
Autoren: Annette Eisenmann
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konnte schließlich nicht sagen, dass Tony schon halbtot war.
    Aber nicht nur Roland, auch die Polizei suchte nach Tony. In der Presse war mit einem Foto aus der Zeit des Gerichtsverfahrens vor ihm gewarnt worden. Und wieder wurde behauptet, dass er seine Schwester getötet habe.
     
    Tony starrte auf den Bildschirm, auf dem er Ralf sehen konnte. Eben winkte Irmtraud hinter ihm kurz in die Webcam und verschwand wieder.
    „Wie geht es dir?“, fragte Ralf.
    „Geht so.“
    „Du bist nicht allein. Wir alle werden immer für dich da sein.“
    „Danke.“
    „Irgendwann ist Gras über die Sache gewachsen, dann kannst du die Dinge wieder etwas lockerer angehen.“
    „Roland wird niemals aufgeben.“
    „He, das wird wieder.“
    Tony schwieg.
     
    So sehr Tony sich auch das Hirn zermarterte, es wollte ihm einfach keine brauchbare Strategie dafür einfallen, wie er der Welt oder zumindest der Polizei Rolands wahres Gesicht offenbaren konnte. Auch die anderen hatten keine Idee. Aber das allerschlimmste war, dass es ihm zunehmend gleichgültig wurde. Mit jedem Tag, der verging, fühlte er sich unglücklicher und bereute, dass er aus der Klinik geflohen war.
    Er konnte nicht ewig in dieser Wohnung bleiben. Gwanwyn musste in wenigen Tagen nach Bangor zurück und ihre Arbeit an der Universität wieder aufnehmen. Die Schefflers und Irmtraud hatten ihr eigenes Leben. Und auch Ralf und Franzi würde er sicher eines Tages auf die Nerven gehen.
    Wolfgang rief jeden Tag mehrmals an, weil er Fragen zum Leben der Römer hatte. Doch Tony antwortete immer zögernder. Es tat ihm weh, an sein anderes Leben erinnert zu werden.
    Er ging in die Küche. Gwanwyn saß am Tisch und hielt das Medaillon in der Hand. Er wollte sich gerade wieder zurückziehen, als Gwanwyn plötzlich wie zu sich selbst sagte: „Ob man damit auch wieder zurückreisen könnte?“
    Verwundert blieb er stehen.
    „Keine Ahnung.“
    Aber er spürte, wie plötzlich etwas in ihm aufstieg. Ein Hauch von Hoffnung.
    „Es lässt sich nicht manipulieren“, sagte er.
    Gwanwyn schwieg. Tony setzte sich zu ihr.
    Das Medaillon funktionierte, wenn man in große Gefahr geriet. Und plötzlich war es, als hätte jemand in seinem Kopf ein Licht angeknipst. Die Ahnung einer Idee formte sich. Wenn er etwas herbeirief, etwas inszenierte, was ihn und Roland in Gefahr brächte? Nein. Anders. Wenn er Roland so provozieren würde, dass der ausrastete und ihm etwas antun wollte? Dann würde er vielleicht wieder zurückreisen, und Roland stünde als sein Mörder da.
    „Ja. Genau.“
    „Was, genau?“, fragte Gwanwyn.
    Er sah sie an. „Ich muss Roland dazu bringen, dass er mich angreift.“
    Gwanwyn verstand sofort. „Es muss so aussehen, als hätte er dich ermordet und verschwinden lassen.“
    „Man muss mein Blut an ihm finden.“
    „Wir können dir etwas abzapfen und es im Kühlschrank aufbewahren, bis es soweit ist.“
    Er musste lachen. Die Idee gefiel ihm. Doch was war auf einmal mit Gwanwyn? Sie war todernst geworden.
    „Du würdest wirklich wieder zurückgehen?“, fragte sie.
    „Natürlich.“ Tränen stiegen ihm in die Augen. „Ich müsste aber vorher wissen, dass er noch lebt.“
    „Und was ist mit Flavia?“
    Tony sackte zusammen. „Ich hoffe, sie wartet auf mich.“
     
    Der Schlag kam am nächsten Tag. Er hatte Wolfgang den Namen genannt und eigentlich erwartet, dass der ihm nichts dazu sagen konnte. Aber es kam anders.
    „Kannst du mir sonst noch etwas über diesen Titus Flavius Bassus sagen?“, hatte Wolfgang zurückgefragt. „Der Name ist nämlich nicht gerade selten.“
    „Er war Reiter bei der Ala Noricorum, in der Turma von Fabius Pudens.“
    „Hieß sein Vater Mucala?“
    „Ja.“ Oh Gott.
    „Das gibt es doch nicht!“ Wolfgang klang aufgeregt.
    „Was ist denn?“
    „Wahnsinn. Du bist ihm begegnet, vermute ich?“
    Tony wurde ungeduldig. „Ja, ich kenne ihn. Habt ihr denn etwas über ihn?“
    „Wie war er denn so?“
    Tony stotterte auf einmal, „Äh, nun, ein Soldat eben.“
    „Ich fasse es einfach nicht.“
    Immer noch schüttelte Wolfgang den Kopf. Dann sagte er: „Wir haben hier nämlich seinen Grabstein.“
    „… Tony? … Tony!“
    Gwanwyn setzte sich an den PC. „Kannst du das Foto von dem Grabstein schicken?“
    „Klar.“
    Sie wandte sich Tony zu. Er saß mit angezogenen Knien und gesenktem Kopf auf dem Boden.
    „Vielleicht ist es ein Irrtum. Lass uns das Bild erst mal ansehen.“
    Die Datei kam.
    Gwanwyn drückte auf
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