Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Arbeit - Leben - Glueck

Arbeit - Leben - Glueck

Titel: Arbeit - Leben - Glueck
Autoren: Gina Schulze
Vom Netzwerk:
|9| Wir und die Arbeit
    Ein Vorwort
    Über das Arbeiten hat jeder seine eigenen Vorstellungen. Zum Beispiel Lulu und Max: Sie sind vor kurzem mit der Schule fertig geworden, schon seit einiger Zeit zusammen und verstehen sich prima, nur beim Thema Arbeit nicht. Das hatte sich das ganze letzte Schuljahr über schon gezeigt, aber im August, kurz nach dem Abitur, wurde es besonders deutlich. Der Sommer war kalt und verregnet, deshalb saßen die beiden meist in ihrem Lieblingscafé. Sie hatten nur ein Thema: die Zukunft. Nicht irgendeine Zukunft, sondern ihre eigene. Wie sie sich das vorstellten, was jeder von ihnen machen wollte und was nicht. Sie diskutierten, stritten sich, versöhnten sich wieder. Im Oktober wollte Lulu mit ihrem Architekturstudium anfangen, Max hatte noch nichts vor. Und das war das Problem. Nicht für Max, der fand es in Ordnung, aber Lulu wollte nicht glauben, dass so wenig mit ihm los sein sollte.
     
    Arbeiten. Wenn Max das Wort schon hörte, ging er auf Abwehr. Er wollte vor allem eins, nämlich weg von hier. Ab und zu jobben, um über die Runden zu kommen, und ansonsten die Welt sehen. Vor allem die Südsee. Dort wollte er sich ein Boot kaufen, fischen gehen, in der Sonne liegen. Mehr als die Südsee fiel Max einfach nicht ein, wahrscheinlich lag es am Wetter. Und er wollte auch gar nicht, dass ihm was einfiel. Jedenfalls nicht so schnell. Endlich war die Schule vorbei. Endlich konnte er machen, was ihm gerade in den Sinn kam. Sich da schon gleich wieder einspannen lassen? Kam nicht infrage. Er hatte keine Lust, seine Freiheit sofort wieder aufzugeben. Arbeit war für ihn nur das Mittel zu einem Zweck: Geld verdienen.
     
    |10| Für Lulu sah das anders aus. Sie brannte darauf, endlich zu studieren. Ein Leben ohne Arbeit kann sie sich nicht vorstellen, denn sie ist ehrgeizig, begabt und hungrig. Ihre Begeisterung war richtig ansteckend, und sogar Max fing irgendwann an, neu über das Arbeiten nachzudenken: Was machen wir eigentlich? Und warum? Bestimmen wir selbst, was wir tun? Oder sind wir Opfer des Systems oder der Gene oder was auch immer uns angeblich jede Freiheit nimmt? Max kann tagelang über solche Fragen nachdenken, ohne zu einem bestimmten Ergebnis zu kommen. Auch in diesem Punkt ist Lulu ganz anders. Wenn sie ein Problem hat, macht sie sofort praktische Vorschläge, wie es zu lösen sei. Das Problem selbst ist ihr dabei relativ egal. Max dagegen will allen Dingen auf den Grund gehen. Er liebt Probleme, weil sie ihn zum Nachdenken anregen, aber das wurde ihm erst im Lauf des Sommers so richtig klar.
     
    Es wurde Oktober und Lulu ging fort. Max blieb zurück, saß stundenlang im Café. Dachte nach, schrieb hier und da was auf, sprach mit Leuten. Abends saß er an seinem Computer und gab alles ein, was er den Tag über zusammengetragen hatte. Lulu und er sahen sich nur am Wochenende und auch das nicht immer. Er vermisste sie. Und er wollte immer noch in die Südsee. Ende November war der Wunsch so stark, dass er es kaum noch aushielt. Wie sollte er die nächsten drei Monate überstehen? Mit der grauen Kälte da draußen und der öden Tujahecke vor seinem Fenster? Aber dann blieb er doch hier. Irgendwie fürchtete er, dass er auf einer Südseeinsel mit dem Nachdenken sofort aufgehört hätte, und das wäre ihm auch nicht recht gewesen.
     
    Warum arbeiten wir?, fragte sich Max. Er fand viele Antworten, aber nichts passte so richtig zusammen: Einerseits müssen wir arbeiten, denn wir brauchen Geld. Andererseits wollen wir arbeiten, und zwar aus ganz verschiedenen Gründen: |11| Einige von uns sind ehrgeizig und möchten unbedingt nach oben, andere streben nach Reichtum, wieder andere setzen sich für eine bessere Welt ein. Und es gibt Menschen, die ihre Arbeit über alles lieben, weil sie etwas gestalten können, etwas fertig bekommen, etwas in Ordnung bringen. Ihr Leben hat erst durch Arbeit einen Sinn. Und sogar Max konnte sich plötzlich vorstellen, an etwas zu arbeiten. Ihm machte es Spaß, den Dingen auf den Grund zu gehen, sich Gedanken zu machen und sie dann aufzuschreiben. Wie viele Berufe gab es, in denen man das machen durfte? Journalist? Schriftsteller? Philosoph? Bundespräsident? So genau wollte er es nun auch wieder nicht wissen. Lulu würde Häuser, er würde Sätze bauen   – das war in Sachen Arbeit endlich mal eine gemeinsame Basis und musste als Plan für den Anfang genügen.
     
    Arbeiten bedeutet für jeden etwas anderes. Nicht nur, weil es so viele verschiedene
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher