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Panik: Thriller (German Edition)

Panik: Thriller (German Edition)

Titel: Panik: Thriller (German Edition)
Autoren: Alexander Gordon Smith
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BENNY
    Bristol, 16 : 15 Uhr
    An einem ganz normalen Mittwochnachmittag im Juni wollte die Welt Benny Millston töten.
    Er hatte Geburtstag. Seinen fünfzehnten. Nicht, dass es irgendjemandem aufgefallen wäre. Er saß still in einer Ecke des Zimmers in der kleinen Schuhschachtelwohnung, in der er lebte, seit sich seine Eltern vor drei Jahren getrennt hatten. Seine Mum lag auf dem Sofa zu seiner Linken und rupfte gelangweilt den Schaumstoff aus den Löchern, die der Hund in den alten grünen Bezug gebissen hatte. Sie glotzte über ihren gewaltigen Bauch hinweg auf den Fernseher und hatte vor Staunen den Mund geöffnet, als käme das Letzte Gericht und nicht Glücksrad .
    In der anderen Ecke fläzte sich seine Schwester Claire in einem Korbstuhl. Sie war immer seine kleine Schwester gewesen, bis vor einem Jahr seine richtige kleine Schwester gekommen war. Alison, der jüngste Zuwachs der Millstons, zappelte in einem Kinderstuhl, der in der Tür zwischen Wohnzimmer und Küche stand, und prügelte wie besessen mit einem Plastiklöffel auf ihr Essenstablett ein. Der Hund, ein alter Jack-Russell-Terrier, den er als Kind auf den Namen Crapper getauft hatte, saß unter ihr und schnappte jedes Mal nach dem Löffel, wenn er ihm zu nahe kam. Aber er war zu alt und zu faul, um es richtig zu versuchen.
    Niemand hatte ihm zum Geburtstag gratuliert.
    Was Benny nicht weiter kümmerte. Er machte sich eher Sorgen, weil den ganzen Tag über niemand auch nur ein Wort zu ihm gesagt hatte.
    Und nicht nur heute. Seit letzter Woche gingen seltsame Dinge vor. Er konnte es nicht genau beschreiben; er wusste einfach, dass hier irgendwas faul war. Die Leute verhielten sich anders. Klar, er war nicht der Beliebteste in der Schule– bei Weitem nicht–, aber in den letzten Tagen hatten ihn selbst die Jungs, die eigentlich seine Freunde waren– Adam, Ollie, Jamie– völlig ignoriert. Nein, ignoriert war vielleicht das falsche Wort. Sie hatten mit ihm gesprochen, aber so, als ob er gar nicht da wäre. Sie hatten durch ihn hindurchgesehen. Und was sie gesagt hatten– Benny, wir brauchen keinen Mitspieler mehr. Wir sind hier gerade beschäftigt, Benny. Bis später, Benny –, war ehrlich gesagt ziemlich verletzend. Sie taten so, als hätte er ihnen mächtig ins Gesicht gefurzt. Sie taten so, als würden sie ihn hassen.
    Daheim war es auch nicht besser. Der Wortschatz seiner Mum, der sich üblicherweise auf » Nein, jetzt sofort«, » Keine Widerrede« und » Ich hab zu tun« beschränkte, hatte sich verschlimmert. Ziemlich stark sogar. Gestern hatte sie ihm sogar befohlen, sich zu verpissen, worüber er so erschrocken war, dass er am liebsten an Ort und Stelle in Tränen ausgebrochen wäre. Claire verhielt sich ebenfalls seltsam. Sie hatte zwar nichts gesagt, sah ihn aber komisch an, wenn sie dachte, dass er es nicht merkte. Wie Kinder einen Fremden anstarren, der ihnen möglicherweise gefährlich werden konnte.
    Genau wie jetzt, fiel ihm auf. Sie starrte ihn aus ihren dunklen Augen misstrauisch oder gar ängstlich an. Sobald sich ihre Blicke trafen, wandte sie sich wieder dem Fernseher zu, zog die Beine an und schlang die Arme um sich. Wie ein Igel, der von einem Hund beschnuppert wird. Benny bekam eine Gänsehaut auf dem Arm. Obwohl es ihm eiskalt den Rücken hinunterlief, schoss ihm das Blut in die heißen Wangen.
    Was zum Teufel war hier nur los?
    Benny rieb sich die Schläfen. Sein Kopf dröhnte. Das ging jetzt schon seit ein paar Tagen so. Anfangs war es nur ein nerviges Klingeln in seinen Ohren gewesen, doch inzwischen fühlte es sich an, als würde jemand mit einem Fleischhammer auf sein Hirn einschlagen. Und zwar in einem bestimmten Rhythmus, wie ein Herzschlag:
    Dum-dum …
    Dum-dum …
    Dum-dum …
    Sein Puls konnte es nicht sein, es war ein ganz anderer Takt. Am ehesten erinnerte es ihn an jemanden, der energisch gegen eine Tür klopft und unbedingt reingelassen werden will. Als er vor einer Stunde von der Schule gekommen war, hatte er zwei Paracetamol genommen, aber die hatten so gut wie nicht geholfen. Ihm war, als würde ihm buchstäblich der Schädel platzen.
    Kein Wunder. So einen Stress hatte er noch nie gehabt.
    Nein, das war kein Stress. Sondern Angst.
    Claire starrte ihn jetzt wieder an, und ihr eindringlicher Blick ließ den Raum schrumpfen, als würden sich die mit einer schäbigen Blumentapete bedeckten Wände um ihn herum zusammenziehen. Er stand auf, und seine Schwester zuckte tatsächlich so erschrocken zusammen, als
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