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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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untersucht hatte, im Fluss hin- und hergewatet war, um mir über die Wassertiefe und die Beschaffenheit des Untergrunds ein Bild zu machen, wies ich Wills an, sich genau an die Abbruchkante zu stellen, die mir bei meiner ersten Durchquerung fast zum Verhängnis geworden wäre. Den anderen beiden sagte ich, sie sollten schon einmal zu der Insel weiter vorne laufen und dort auf mich warten.
    Schließlich saß ich wieder hinter dem Steuer und schaltete den Vierradantrieb in Low Four. Gut sechs Meter unter mir – von meiner Position erschien die Rampe in den Fluss fast senkrecht abzufallen – stand Wills bis zu den Hüften im Wasser und schaute mit zusammengekniffenen Augen zu mir herauf. Wahrscheinlich war es um seine Sehkraft nicht allzugut bestellt, doch auch Brillen in passender Stärke oder gar Kontaktlinsen waren etwas, was ich bei meinem Plädoyer für die Zivilisation des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts vergessen hatte. Vorsichtig ließ ich die Kupplung kommen. Ich lenkte den Wagen an die Kante und tastete mich dann zentimeterweise nach vorne. Kaum war der Off-Roader mit seinen gut zwei Tonnen auf der Schräge, schob das Gewicht ihn dem Wasser entgegen. Ich presste den Fuß auf die Bremse, doch die blockierten Räder rutschten weiter über den harten Untergrund. Ich schlug ein, um die Kurve zu kriegen, doch der Wagen glitt weiter geradeaus. Ich musste von der Bremse und Gas geben. Blockierte Räder lassen sich nicht lenken. Der Motor heulte auf und der Wagen machte einen Satz nach vorne in die falsche Richtung. Ich riss das Steuer herum, um ihn abzufangen. Das Heck brach aus, und ich rutschte fast quer auf das Flussbett zu. Die Karosserie ächzte und ein ekelhaft metallisches Knirschen sagte mir, dass etwas nicht in Ordnung war. Ich trat wieder auf die Bremse, doch ich hätte genausogut versuchen können, den Wagen mit meiner Muskelkraft aufzuhalten. Ich kurbelte wie wild am Lenkrad, ohne einen Widerstand zu spüren. Aus dem Augenwinkel bekam ich noch mit, wie Wills mit panischen Bewegungen versuchte sich zu retten, doch das hüfttiefe Wasser ließ seine Versuche eher komisch denn effektiv wirken. Dann war es vorbei. Zum Glück lief der Motor noch. Ich nahm den Gang raus und gab kurz Gas. Der Motor lief rund. Darum zumindest brauchte ich mir keine Gedanken zu machen. Wenn der Motor ausginge und Wasser durch den Auspuff in den Motor eindränge, dann hülfe nichts mehr. Oder zumindest in meinem Fall, denn es wäre ein neuer Motor fällig. Der Wagen hatte Schlagseite nach links, zur Beifahrerseite hin und das Wasser stand da knapp unter der Fensteröffnung. Ein Teil unserer Habseligkeiten war über die Bordwand der Ladefläche gekippt und mein Swag schwamm gerade an der Kühlerhaube vorbei. Ich öffnete die Wagentür und sprang heraus. Wills bemühte sich, wieder hochzukommen. Außer einem gehörigen Schreck schien er nichts abbekommen zu haben. Undeutlich hörte ich das Rufen der beiden anderen. Ich hechtete hinter meinem Swag her und bekam ihn zu fassen. Wills mühte sich ab, die Proviantkiste am Versinken zu hindern, während der Kühlschrank wie ein altes Wrack neben dem Wagen dümpelte. Es dauerte nur kurze Zeit, dann war zuerst King und Burke, der stark humpelte, bei uns und halfen mit, die Ausrüstung wieder zusammenzusammeln. Der Schaden hielt sich in dieser Beziehung in Grenzen. Anders sah es mit dem Off-Roader aus. Ich war quer zur eigentlichen Fahrtrichtung in den Fluss geraten und konnte von Glück sagen, dass der Wagen nicht umgekippt war. Jetzt hing er der Länge nach auf der Abbruchkante. Die linke Seite war darübergerutscht und die Räder saßen auf, während die beiden rechten Räder frei in der Luft, oder besser gesagt, im Wasser schwebten. Ich betrachtete mir die Bescherung von allen Seiten, und sie gab zu wenig Hoffnung Anlass. Doch irgendwie hatte ich so etwas erwartet. Es war meine persönliche Auseinandersetzung mit dem Universum, und es hatte sich etwas einfallen lassen. Natürlich hatten die anderen keine Vorstellung, in welcher Art von Schwierigkeiten wir uns befanden. Deshalb überraschte mich Kings Frage auch überhaupt nicht.
    »Und, warum fährst du nicht weiter? Gibt es Probleme?«
    Ich hatte meine Ellbogen auf die Bordwand der Ladefläche gelegt und blickte ihn, der auf der anderen Seite im flachen Wasser stand, mit einem spöttischen Grinsen an. »Nein, wir haben überhaupt keine Probleme. So fahre ich immer in eine Parklücke mitten im Fluss.« Er verstand kein Wort
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