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Auf der Straße nach Oodnadatta

Auf der Straße nach Oodnadatta

Titel: Auf der Straße nach Oodnadatta
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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wir keinen Meter Strecke gemacht hatten. So wie es aussah, würde ich wohl so ziemlich mit dem letzten Tropfen am Dig Tree ankommen. Es konnte der allerletzte sein, wenn wir nur dort ankommen würden. Es war kurz nach Mittag, als wir den Cooper Creek hinter uns ließen.
    Vier Stunden später waren wir am Dig Tree. Deutlich konnte man die Überreste von Brahes Lager sehen, doch genauso deutlich, dass es verlassen war. Ich hatte mit nichts anderem gerechnet, doch die Enttäuschung von Burke und seinen Leuten kannte keine Grenzen. Ich stellte den Wagen in den Schatten des großen Coolibah-Baumes, unter dem Patton gelegen hatte.
    Wir fanden – wie hätte es mit meinem Wissen um die Ereignisse auch anders sein können – Brahes Nachricht von seiner Abreise und den Hinweis auf die in einer Kiste vergrabenen Nahrungsmittel. Getrocknetes Fleisch, Reis, und Mehl. Zumindest war unsere Verpflegung damit erst einmal gesichert. Die Nachricht von Brahe besagte, dass er sich entlang ihrer Route hierher zurück zum Darling River, also nach Menindee, begeben wollte, da bis zum einundzwanzigsten April kein Nachschub eingetroffen war und es Patton immer schlechter ging. Ich wusste natürlich, dass er auf dem Weg dorthin auf Wright stoßen und morgen wieder hier eintreffen würde. Das konnte ich Burke aber nur vage andeuten, doch auch dies schien sein Misstrauen mir gegenüber nur noch weiter zu schüren.
    Am Abend herrschte dann, obwohl wir gut gegessen hatten, gedrückte Stimmung. Niemand wusste so recht, wie es weitergehen sollte. Konnte man wirklich davon ausgehen, wie ich meinte, dass Brahe mit Wright zurückkommen würde. Die drei Entdecker zweifelten daran, und ich konnte ihnen diesen Zweifel auch nicht in letzter Konsequenz nehmen.
    »Dann fahren wir doch einfach mit deinem Wagen Brahe hinterher«, schlug Wills vor.
    »Ja, lass uns gleich morgen aufbrechen«, stimmte ihm King zu. Burke sagte zwar nichts, schaute mich aber mit einem hoffnungsvollen Blick an. Darüber hatten wir natürlich noch nicht gesprochen, denn sie waren ja davon ausgegangen, dass Brahe bei ihrer Ankunft hier im Lager wäre.
    Ich schüttelte den Kopf. »Das geht nicht. Ich habe keinen Sprit mehr. Ich habe nichts mehr von der Flüssigkeit, die den Motor antreibt«, fügte ich dann auf ihre verständnislosen Blicke hin an.
    »Und wie sind wir dann hierher gekommen?«
    Es war eine selten dumme Frage, die King da stellte. Dennoch musste ich sie beantworten. »Hört zu, ich bin mir sicher, dass Brahe zurückkommt. Er hat es mir versprochen. Aber mit eigener Kraft, das heißt mit meinem Wagen, können wir Menindee nicht erreichen. Bis dorthin sind es bestimmt vierhundert Meilen«, ich wusste es nicht genau, hoffte aber, dass diese Zahl zutraf, »vielleicht sogar mehr. Ich habe noch für ein paar Meilen Sprit im Tank, dann ist es aus. Dann bleibt der Wagen stehen und niemand kann ihn wieder in Bewegung setzen.« Zumindest nicht in den nächsten fünfzig Jahren, fügte ich in Gedanken hinzu.
    King stieß einen derben Fluch aus. »Ein Mistwagen ist das.«
    »Sooo?«, meinte ich gedehnt.
    »Ist ja schon gut«, lenkte er ein. »Aber jetzt sind wir kaum besser dran als zu dem Zeitpunkt, wo du uns aufgesammelt hast. Da hatten wir wenigstens noch unsere Kamele. Nun haben wir gar nichts mehr.«
    »Eure Kamele hätten euch nicht mehr weit gebracht. Ihr hättet sie höchstens essen können, wie die anderen vorher und Burkes Pferd. Nahrung haben wir erst einmal genug.«
    »An dieser ganzen Katastrophe bist doch nur du schuld, Doc«, fiel Wills jetzt ein. Burke hielt sich zurück, was mich nicht wunderte. Vielleicht ließ er die Dreckarbeit von seinem zweiten Mann erledigen.
    »Wenn wir dich nicht getroffen hätten – dich und deinen Wagen –, dann hätten wir jetzt nicht nur unsere Tiere, sondern auch noch unsere Ausrüstung, die wir am Salzsee zurücklassen mussten.«
    »Jetzt passt mal auf. Habt ihr schon vergessen, in welchem Zustand ich euch aufgesammelt habe. Ihr wart mehr tot als lebendig. Hattet kaum noch Wasser und noch weniger Nahrungsmittel. Wir sind in drei Tagen« – ich rechnete schnell die Kilometer in Meilen um und schlug, um die Zahl dramatischer erscheinen zu lassen, noch ein paar drauf – »einhundertunddreißig Meilen gefahren. Wie lange, glaubt ihr, hättet ihr dazu gebraucht?«
    »Vier Tage«, war die trockene Antwort von Burke. Mein Kopf ruckte automatisch in seine Richtung. »Wir haben pro Tag dreißig Meilen zurückgelegt«, erklärte er bestimmt
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