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Auf dem Maniototo - Roman

Auf dem Maniototo - Roman

Titel: Auf dem Maniototo - Roman
Autoren: C.H.Beck
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Brian und meine Rückkehr dachte, sagte ich mir, dass ich diesmal auf dem ausziehbaren Sofa im Wohnzimmer, gleich unter der Klimaanlage, schlafen und das Tiefparterre aufgeben würde, mit seinen Küchenschaben und den rollenden Rädern des Verkehrs und dem Gefühl, fast direkt unter ihnen zu liegen, und dem entnervenden Bewusstsein, anstelle eines angrenzenden Schlafzimmers ein Geflecht aus Abwasserkanälen und Gasrohren zu haben, das von Ratten und gelegentlich, so ging das Gerücht, von einem Krokodil bewohnt wurde.
    Am nächsten Tag dann stand ich mit meinen Koffern vor der Tür und wartete auf das Taxi. Ich hielt den Schlüsselbund in der Hand und fragte mich gerade, ob ich ihn Julian Soulegeben sollte, der ihn den Carltons aushändigen würde, als ein Taxi stehen blieb. Irving und Trinity Garrett stiegen aus, und der Fahrer stand da und wartete offensichtlich auf mich.

37
    Nach außen hin blieb ich ruhig. Als ich vom Tod der Garretts und den Bestimmungen ihres Testaments erfahren hatte, hatte ich zunächst ungläubig reagiert. Wenn ich sie gekannt hätte, dann hätte ich mich vielleicht der Möglichkeit und Verantwortung, die aus dieser Reaktion folgten, entzogen und mich sofort in eine andere, eine private literarische Welt begeben. So aber schnellte meine Ungläubigkeit zunächst wie bei einem Thermometer bis zum höchsten Punkt der Skala, um dann wieder auf den üblichen, normalen Stand abzusinken, der sich von Tag zu Tag änderte, während ich versuchte, das, was geschehen war, zu begreifen und zu akzeptieren. Als ich plötzlich den lebenden Garretts gegenüberstand, litt ich erneut unter erhöhter Temperatur, aber Gegenwart, Menschen, ihre Körper und ihre Schatten, die Tatsache, dass sie sich außerhalb der Seiten eines Buches befinden, dass sie nicht von Wörtern angekettet sind, haben die Eigenschaft, einen in die gemeinsame, nicht private Welt zu befördern. Die Garretts waren am Leben.
    Bevor ich irgendein Gefühl oder Worte äußern konnte, kam Irving auf mich zu: «Gutes Timing», sagte er. «Hat es Ihnen hier gefallen? Haben Sie Ihren Roman fertig geschrieben?»
    «Sie scheinen überrascht, uns zu sehen», sagte Trinity. «Italien war wundervoll. Wir haben die Dörfer im Norden erkundet. Sie müssen dorthin fahren, unbedingt. Wir lieben Italien!»
    Mein Herz schlug sehr schnell, und ich wusste, dass ichblass geworden war und dass meine Hände mit den Schlüsseln zitterten.
    «Die Schlüssel», sagte ich und streckte Trinity den Schlüsselbund entgegen. Sie nahm ihn und rief mit einem Ausdruck kindlichen Entzückens: «Schau doch, die mexikanische Sonnenuhr hängt immer noch am Schlüsselbund!»
    Natürlich, dachte ich, was hatten sie denn erwartet?
    Gleichzeitig verstand ich, wie es ist, fort zu sein und sich vorzustellen, dass der Ort, den man verlassen hat, verschwunden ist oder (wie ein Ort in einem Gedicht von Yeats) sich «verändert, ganz und gar verändert» hat.
    «Alles ist bestens», sagte ich und versuchte, dankbar zu klingen, obwohl ich über ihre Ankunft verärgert war und mich noch immer in einem Schockzustand befand. Und meine Erbschaft – wie bequem hatte ich mich darin eingenistet!
    «Und haben Sie Ihr Buch fertig geschrieben? Wann werden wir es zu Gesicht bekommen?»
    «Es hat einige Schwierigkeiten gegeben», sagte ich, «aber falls es fertig geschrieben und veröffentlicht wird, schicke ich Ihnen ein Exemplar.»
    Ich blickte beiden direkt in die Augen, versuchte, aus ihnen nochmals den beruhigenden Letzten Willen herauszulesen, und erinnerte mich an Adelaide und die zwei Wolfskinder, die ich gekannt hatte; aber ich entdeckte keine Anzeichen. Ich wollte ausrufen: «Erzählt mir, erzählt mir!» Aber es war zwecklos. Ich begriff, dass nur ich, ich allein, diese Informationen besaß.
    «Sehen Sie», sagte ich ruhig und zeigte auf den Garten, «ich habe die Blumen gegossen. Es herrschte große Trockenheit, ein heißer Wind blies aus der Wüste.»
    Ich betonte das Wort
Wüste
und rechnete fast damit, sie würden über Roger und Doris zu sprechen beginnen.
    Stattdessen sagten sie: «Versprechen Sie, uns ein Exemplar zu schicken?»
    Sie lachten.
    «Vielleicht kommen wir darin vor.»
    Ich dankte ihnen nochmals dafür, dass sie mir das Haus zur Verfügung gestellt hatten, und ging zum wartenden Taxi; und beim Wegfahren schaute ich aus dem Fenster und sah, wie Trinity sich über die Topfpflanzen im erhöhten Garten beugte und dabei die Blätter sanft berührte, als wäre es Haut, und ich
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