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Auf dem Maniototo - Roman

Auf dem Maniototo - Roman

Titel: Auf dem Maniototo - Roman
Autoren: C.H.Beck
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Eliot, die Geschwister Brontë; und all die Holztische, die in der Erinnerung Teil der Einrichtung der alten Häuser waren – in der Küche in Wuthering Heights, im Speisezimmer der Lowwood-Schule, der Schule in Brüssel; in der Mühle am Bach; in den Dickens-Häusern. Da war mir plötzlich zum Weinen.
    Unsere Verhandlungen waren beendet. Decken und Bettwäsche würden mir nach Neuseeland nachgeschickt werden, ebenso wie die Bücher, die Sammlung ohne Yeats. Julian Soule (der mir von seinem enorm hohen Honorar, das ihmaus dem Besitz ohne Weiteres bezahlt werden konnte, zu meiner großen Freude eine kleine jährliche Rente abgab) würde für den Transport sorgen und mir sogar alle Möbelstücke senden, die ich eventuell behalten wollte. Was für eine schwierige Entscheidung! Mein erster Gedanke galt dem Schreibtisch, aber es erschien mir unpraktisch wie auch habgierig, ihn per Schiff nach Neuseeland zu verfrachten, wo ich doch schon den Schreibtisch habe, der einst vom Herausgeber der Zeitschrift
Land in Sicht
benutzt worden war, obwohl der Tisch und ich nicht immer gut miteinander auskommen.
    Ich war froh, als es Abend wurde. Wir waren alle erschöpft, und noch vor dem Einschlafen war mein Kopf voll mit Wohnstätten und Möbeln, und ich glaube, ich muss – im Wachen und im Schlafen – von all den Häusern geträumt haben, in denen ich gewohnt hatte, und von all den Decken, die mich gewärmt hatten.

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    O, es gab leere Häuser und halbfertige, wo wir als Kinder auf dem kahlen, winterbleichen Holz herumstapften und eine Wolke aus Sägemehl aufwirbelten in den halbfertigen Räumen, wo die Wandgerüste sich wie dünne, fleischlose Arme erhoben und das Dach teilweise der Himmel war, sommerblau, unendlich wie unsere Vorstellung von der Kindheit und von einem Leben ohne Tod. Es gab Häuser, die von Bäumen umgeben waren, und Häuser ohne Bäume und Häuser inmitten von Bäumen; mit kleinen Sümpfen und Rotalgenteichen und langen Gräsern, gekrönt und verhüllt von den ewig gleichen Spinnenhäusern mit ihren zarten, schaukelnden, glitzernden Treppen, die quer durch die Luft von Tür zu Tür führten; denn auch die Spinnen und die Käfer und die Vögel suchten Unterschlupf und Versteck; und selbst das Blut in unseren Körpern hatte seine eigene, verborgene Zelle, in der die Struktur seines Lebens bei Gesundheit gedeihen und bei Krankheit angefressen und zerstört werden konnte; und alles, was der Blutzelle zustieß, geschah auch dem Haus, aber in anderer Form, mit anderem Namen – in verstreuten Käferbeinen und vereinzelten Vogelfedern und dem vergossenen Blut, sichtbar oder unsichtbar, hinter den Vorhängen des Menschenhauses.
    Die ganze Nacht träumte ich von diesen Häusern – da waren die einstigen Plätze neben der Eisenbahnlinie, neben dem Güterschuppen oder der Remise, die hohen Zypressen, die aufgetürmten Getreidesäcke mit ihrem muffigen, staubigen Geruch, die Eisenbahnfarbe des Anstrichs der Bahnwärterhäuschen,die Lastwagen, die Schuppen, die Hausdächer; und all die anderen Häuser, die Nicht-Eisenbahn-Häuser mit gelben Banksien und einer tiefen, gelb gewordenen Badewanne und großen hohen Räumen mit den Sägemehlhäufchen der Bohrkäfer auf dem Fußboden entlang der Fußleisten und in den Ecken und hinter der Tür und der verspiegelten Kleiderablage; und dann die vornehmen Häuser, die Häuser anderer Leute, voller Angst und Fremdheit und unbekannten Gerüchen, mit feindseligen, anders riechenden Möbeln und flachen, noch nicht durchgelegenen Betten und Häkeldeckchen und Fransenrollos; und Spitzen; und Porzellan, blauen Porzellantassen und -untertassen, die ein schwaches blaues Licht durchließen, das auf den Gesichtern der erwachsenen Teetrinker glänzte, der Tanten, Cousins, Nachbarn, und ihrer Haut einen bläulichen Schimmer verlieh, wie Zelluloid: künstlich, brennbar; mit gesprungenen Augen in gläsernen Formen; die schrecklichen Fremden in den Ferienhäusern mit den besten Manieren, vollgeräumt und vollgestopft mit
Bitteschöns
und
Dankeschöns,
mit
Dürfte-ich-
und E
ntschuldigen-Sie-Häufchen
zwischen den wenigen Lagen fadenscheiniger Konfektionskleidung im Ferienkoffer, dem Familienkoffer, der mit einer Seide ausgeschlagen war, die man «durchschossene» Seide nannte – grau, mit Streifen ihres eigenen Bluts.
    Ich träumte von meinem ersten vornehmen Haus, dem fremden Wohnschlafzimmer mit den vielen Polstern und Teppichen im Haus von Mrs Tomlin auf dem Maori Hill in Dunedin; Mrs Tomlin,
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