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Creepers

Creepers

Titel: Creepers
Autoren: David Morrell
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21:00 Uhr
     
    Creepers.
    So nannten sie sich selbst, und allein das hätte schon eine gute Story abgegeben, dachte Baienger - was auch erklärte, weshalb er sich mit ihnen traf in diesem gottverlassenen Motel in New Jersey, in einem Geisterkaff von siebzehntausend Einwohnern. Noch Monate später ertrug er es nicht, sich in Räumen mit geschlossenen Türen aufzuhalten. Der die Nase reizende Geruch abgestandener Luft brachte den Klang von Schreien zurück. Beim Anblick einer aufblitzenden Taschenlampe brach ihm der kalte Schweiß aus.
    Später, als er sich zu erholen begann, lösten sich unter den Schmerzmitteln die stählernen Barrieren auf, die er rings um seine Erinnerungen errichtet hatte, und hektische Geräusche und Bilder schössen hervor. Der kalte Samstagabend Ende Oktober. Kurz nach neun. Das war der Augenblick, in dem er noch hätte umkehren können und sich den Alptraum ersparen, den die nächsten acht Stunden darstellen würden. Rückblickend betrachtet, hatte er zwar überlebt, erspart geblieben aber war ihm nichts. Er machte sich Vorwürfe, weil er nicht bemerkt hatte, wie überreizt ihm alles vorgekommen war. Als er sich dem Motel näherte, schien ihm das Donnern der Wellen, die zwei Häuserblocks weiter an den Strand schlugen, abnormal laut. Ein leichter Wind blies Sand den verrottenden Gehweg entlang. Tote Blätter trieben prasselnd über gesprungenen Asphalt.
    Aber das Geräusch, an das sich Baienger vor allem erinnerte, das Geräusch, von dem er sich sagte, es hätte ihn zur Umkehr bewegen sollen, war ein kummervolles rhythmisches Läuten deng deng deng -, das die verlassenen Straßen des Viertels entlangzog. Es war tonlos wie der Klang einer gesprungenen Glocke, aber er sollte seinen wahren Ursprung bald herausfinden - und wie vollkommen es die Hoffnungslosigkeit verkörperte, der er sich gegenübersehen würde.
    Deng.
    Es hätte ein Signal sein können, das Schiffe warnte, damit sie nicht näher kamen und ins Unheil fuhren. Deng.
    Oder es hätte eine Beerdigung begleiten können. Deng.
    Oder es hätte der Klang des Schicksals sein können.
     
    2
     
    Da s Motel hatte zwölf Zimmer. Nur Nr. 4 war belegt; blassgelbes Licht sickerte durch den dünnen Vorhang. Das Äußere wirkte heruntergekommen; es hätte ebenso dringend einen Anstrich und ein paar Reparaturen brauchen können wie alle übrigen Gebäude in der Nachbarschaft. Baienger fragte sich unwillkürlich, weshalb die Gruppe dieses Motel gewählt hatte. Obwohl der Ort unverkennbar bessere Zeiten gesehen hatte, gab es noch ein paar brauchbare Unterkünfte.
    Der kalte Wind veranlasste ihn, den Reißverschluss seiner Windjacke bis unters Kinn hochzuziehen. Er war ein breitschultriger Mann von fünfunddreißig Jahren, mit kurzem rotblondem Haar und einem von Erfahrung gezeichneten Gesicht, das Frauen anziehend fanden, obwohl es nur eine Frau gab, die ihm etwas bedeutete. Er blieb vor der Zimmertür stehen und versuchte, seine Gedanken unter Kontrolle zu bringen, sich innerlich auf die Rolle vorzubereiten, die er spielen musste.
    Durch die dünne Tür hörte er eine Männerstimme. Sie klang jung. »Der Typ ist spät dran.«
    Eine Frauenstimme, ebenfalls jung. »Vielleicht kommt er gar nicht.«
    Ein zweiter Mann, viel älter. »Als er sich bei mir gemeldet hat, hat er sich absolut begeistert angehört.« Ein weiterer Mann. Jung, wie die beiden ersten Sprecher. »Ich halte das nicht für eine gute Idee. Wir haben noch nie einen Außenseiter mitgenommen. Der ist doch nur im Weg. Wir hätten uns gar nicht darauf einlassen sollen.«
    Baienger wollte nicht, dass die Unterhaltung in dieser Richtung weitergeführt wurde, und so entschied er, hinreichend vorbereitet zu sein, und klopfte an.
    Im Zimmer wurde es still. Einen Moment später wurde ein Schloss entriegelt. Die Tür öffnete sich so weit, wie die vorgelegte Kette es zuließ. Ein bärtiges Gesicht spähte ins Freie.
    »Professor Conklin?«
    Das Gesicht nickte.
    »Ich bin Frank Baienger.«
    Die Tür wurde geschlossen. Eine Kette rasselte. Die Tür öffnete sich wieder und gab den Blick auf die Silhouette eines übergewichtigen Mannes von sechzig Jahren frei.
    Baienger wusste über das Alter des Mannes Bescheid, weil er gründlich recherchiert hatte. Robert Conklin, Professor für Geschichte an der State University in Buffalo. Hatte während des Studiums gegen den Vietnamkrieg protestiert. War dreimal bei unterschiedlichen politischen Veranstaltungen verhaftet worden, darunter dem Marsch auf das
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