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0128 - Die Hexe aus dem Fluß

0128 - Die Hexe aus dem Fluß

Titel: 0128 - Die Hexe aus dem Fluß
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Es kam näher. Er nahm die magische Aura wahr, die das unglaubliche Wesen umgab. In den tanzenden Nebelschleiern sah er einen sich wiegenden Körper, der undurchsichtiger, fester wurde. Wieder peitschten seine gedanklichen Befehle in den Nebel, beschleunigten den Prozeß. Der große Mann am Ufer verstrahlte Energie, Kräfte, die das Nebelwesen begierig in sich hineinsog. Jetzt glitt es durch den Nebel über das leicht gekräuselte Wasser dem Ufer entgegen.
    Leise klatschend umspielten kleine Wellen die Kieselsteine am Ufer. Das Wasser umspülte die Füße des Mannes, der schweigend wartete. Das Ufer war flach, nur schwach geneigt. An dieser Stelle konnte man nahezu zwanzig Meter in den See hineinschreiten, ohne tiefer einzusinken als bis zu den Hüften. Doch daran dachte er nicht. Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren und jagte die Befehlsimpulse zu der Nebelgestalt.
    Dann war es soweit. Die Gestalt hatte das Ufer und den Mann erreicht. Sie streckte die Hand aus.
    Der Mann griff zu. Seine Finger berührten kühles Fleisch, das sich unter seinem Händedruck erwärmte. Ein leichtes Kribbeln sprang auf ihn über. Er atmete tief durch. Es war gelungen! Aus dem Nebel war die schlafende Hexe erwacht!
    Sie stand vor ihm, abwartend, die Hände halb erhoben. Schlank, groß, mit schwarzem, wallendem Haar. Ein schmales, blasses Gesicht, so bleich wie der Nebel selbst. Vergeblich suchte er in ihren Augen nach Pupillen. Es gab sie nicht. Nur unzählige winzige Facetten schillerten in allen Regenbogenfarben.
    Jetzt erst sprach er, und seine Stimme klang rauh und mit unverkennbarem, britischem Akzent.
    »Gehen wir.«
    Arm in Arm mit der Nebelhexe schritt er davon, und sie fühlte sich jetzt warm und lebendig an.
    Die ersten Strahlen der Morgensonne erschienen über den Bergen. Es wurde rasch heller. Der Nebel über dem Lago di Garda riß auf.
    ***
    Sir Francis Hedgeson war eine Legende. Sie nannten ihn nur »The great Hedgeson«. Mit seinen fünfundachtzig Jahren sich auf dem Höhepunkt seines Lebens fühlend, hatte er alles erreicht, wovon er als Kind geträumt hatte. Der untersetzte, dunkelhaarige Mann aus Yorkshire, dessen dichte, wilde Mähne das Alter noch nicht hatte lichten und bleichen können, die ihm im Gegenteil noch das Aussehen eines zähen, rauflustigen Löwen verlieh, hatte eine geradezu unglaubliche Karriere gemacht.
    Als Sohn eines Schafzüchters hatte er es durch die Mühen und Entbehrungen seiner Eltern dennoch geschafft, eine Universität zu besuchen und nach erstaunlich kurzer Zeit in Telford zu examinieren. Seine Professoren bescheinigten ihm eine überragende Intelligenz und einen unverwüstlichen Arbeitswillen. Als seine Eltern bei einem Großbrand bei den Löscharbeiten ums Leben kamen, war er bereits Angestellter eines Industriekonzerns in London, der sich immer weiter ausdehnte. Drei Jahre später gehörte er zur Chefetage und rückte immer weiter auf.
    Im Alter von achtundzwanzig Jahren gehörten Francis Hedgeson die Hälfte des Aktienkapitals, ein Rolls Royce und ein Bungalow an der Riviera. Mit dreißig war er dreifacher Milliardär.
    The great Hedgeson heiratete fünfmal, schaffte es, fünf Mordanschläge, den Zweiten Weltkrieg und die Verleihung des erblichen Adelstitels durch Her Britannic Majesty unbeschadet zu überstehen und vergrößerte seine Firma, die ihm mittlerweile ganz gehörte, immer weiter. Vertretungen im gesamten Commonwealth sowie in nicht zum Kingdom gehörenden Entwicklungsländern blühten auf.
    Und Lord Hedgeson wurde älter und reicher.
    Als sein neunzehnjähriger Sohn mit seinem Jaguar E bei Höchstgeschwindigkeit vor eine Eiche knallte und noch an der Unfallstelle starb, ließ er den unter Naturschutz stehenden Baum absägen und vergrub sich anschließend in seinem Landhaus am Gardasee. Er zog sich fast völlig aus dem Geschäftsleben zurück. Der Industriekonzern wurde von einem Managerstab gelenkt und vermehrte sein Konto nach wie vor jährlich um einige Millionen. Hedgeson war reicher als die Queen.
    Abergläubische Menschen munkelten, The great Hedgeson habe sich dem Teufel verschrieben und der Tod seines Sohnes sei eines der Opfer, die er dafür als Gegenleistung bringen müsse. Anders konnten sich die Bewohner eines Landes, in dem Hexenklubs und Spukschlösser fast schon in Konkurrenz zueinander traten, was ihre Attraktivität anging, seine ständige Erfolgssträhne nicht erklären, zu der noch die nahezu unglaubliche Tatsache kam, daß er trotz zunehmenden Alters immer
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