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Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Titel: Aster, Christian von - Die grosse Erdfer
Autoren: Zwerg und Uberzwerg
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berührte dabei den nun frei liegenden unteren Stein… und war tot.
    Der Heilsbringer, der Alleserfasser schloss die Augen und ließ den Kopf hängen. Kraftlos sank sein Arm herab. Sein Stab knallte auf die Brüstung der Empore, die Schnürung an seiner Spitze lockerte sich, und dem Leuchtkäfer gelang es, sich zu befreien. Panisch flog er zur Decke hinauf, kreiste dort wie wahnsinnig umher und warf dabei ein flackerndes, wirres Licht auf die Wände der Höhle und die groben Reliefs alter Götter.
    Der Hohepriester bemerkte es nicht. Hinter seinen geschlossenen Lidern tosten Visionen vom Ende der Welt.
    Vier Runen. Die schlimmste der schier unzählbaren Konstellationen. Zähne. Gold. Schwarz. Spinne.
    Der Zwerg, der das Licht der Gänge mit goldenen Zähnen im Mund erblickte, und die Wiederkehr der schwarzen Splitterspinne.
    Nichts war so unmissverständlich und grauenhaft wie die Gewissheit, die aus diesen vier Runen sprach:
    Das Zeitalter der großen Erzferkelprophezeiung hatte begonnen.
    Das Ende des Ehernen Imperiums, das Ende von Zwerg und Zwergeszwerg, von allem, jedem und dem Rest.
    Bevor der Verkünder aller Verkündungen die unheilvolle Botschaft jedoch verkünden konnte, trat von hinten im unruhigen Licht des umherschwirrenden Käfers eine finstere, in Felsnessel gehüllte Gestalt an ihn heran und schloss ihre Hände unerbittlich um seinen Hals…
     
     
    Fazzgadt befand sich auf dem Weg der Erneuerung. Er war so betrunken wie lange schon nicht mehr, und das bereits seit beinahe fünf Tagen.
    Er trug ein stabiles, mit dichten Netzen aus Bitterginster umsponnenes Eisengestell auf dem Rücken, zwei Beutel mit einigen Kiesel Gold und dazu ein Dutzend Tonflaschen, die ihm an faserigen Seilen von den behaarten Schultern baumelten.
    Bei zwölf Flaschen wäre ein gewöhnlicher Zwerg längst zusammengebrochen. Doch Fazzgadt war stark. Und seine Trauer war es auch. Stärker als fünf oder zehn jämmerliche Flaschen.
    Seit dem Ende der Frauen * war der Weg der Erneuerung der wichtigste Gang des Ehernen Imperiums und der zentrale Bestandteil des heiligen Ritus zur Mehrung seines Ruhmes und Volkes. Es war der längste gerade Stollen, den Zwergenhände je gegraben hatten, und er reichte vom tief gelegenen magmaumspülten Kern des Ehernen Imperiums bis in die eisig kalten, höher gelegenen Höhlenregionen. Das untere Ende des Ganges bildete das Feuerloch, wo Geburt und Tod so nahe beieinanderlagen wie nirgendwo sonst. An seinem oberen Ende hingegen befand sich der kalte Schoß, jener heilige Ort, an dem die Letzten der Ungeborenen des Zwergenvolkes ruhten.
    Fazzgadt blieb stehen und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Schnaufend griff er nach einer der Flaschen, hob sie im dämmrigen Zwielicht der schimmernd phosphoreszierenden Wände an die Lippen und trank, wie unzählige Male zuvor während der vergangenen Tage, auf Hrodborrk, den besten Freund, den ein Zwerg hatte haben können. Nie hatte er eine ehrlichere Faust im Gesicht gehabt und keine Wunden mit mehr Stolz getragen als jene, die er sich allabendlich gegen Hrodborrk erkämpft hatte.
    »Auf dich, Hrodborrk!« Seine Stimme hallte durch den vor ihm liegenden Gang. Scheinbar endlos warfen die Wände den Namen des Toten zurück, bis die Erinnerung an ihn noch tausend Bart weiter schallte.
    Der zweite Teil seines Trinkspruches war ungleich besinnlicher: »Auf dass du droben in der großen Höhle stets einen Dummen finden mögest, der für das Feuer bezahlt, das deine Ahnen einst erfanden!«
    Fazzgadt setzte die Flasche ein weiteres Mal an und öffnete den Mund, sodass sein dichter dunkler Bart dem schwarzen hochprozentigen Nass den Weg zu seinem Herzen ebnen konnte.
    Der Trauertrunk war das Stärkste, was die zahllosen Brauhöhlen und Brennereien des Imperiums zu bieten hatten. Heiß rann er seine Kehle hinunter. Fazzgadt trank und schluckte hastig, um die Tränen, die in seinen Augen standen, auf das tiefschwarze Gebräu schieben zu können.
    Dumpf hallte das Gluckern in seiner Kehle von den Wänden des Ganges wider. Der Stollen stieg stetig an und war etwa sechs Tagesmärsche lang, während in regelmäßigen Abständen einzelne kleine Höhlen davon abgingen. Dort befanden sich die Brauereien der Großwurzelmeister, wo jener abscheuliche Trauertrunk hergestellt wurde, mit dem ein Zwerg seiner Betrübnis über das Ableben eines Bartbruders Ausdruck verleihen konnte.
    Je mehr Flaschen pro Tag, desto größer die Trauer. Gewöhnlich lag sie bei fünf Flaschen,
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