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Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Titel: Aster, Christian von - Die grosse Erdfer
Autoren: Zwerg und Uberzwerg
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Trost auf Prost reimte.
    Die Erinnerung schmerzte Fazzgadt beinahe ebenso wie seine Knochen. Zwölf Flaschen waren wahrhaft viel, selbst für einen kräftigen Zwerg wie ihn. Der Weg aber war seine Pflicht, und seine Trauer gewiss nicht geringer als zwölf Flaschen. Manche Dinge mussten eben getan, manche Pfade beschritten werden. Und als bester Freund und Bartbruder des Verstorbenen fiel es nun einmal ihm zu, dessen Nachfahren zur Welt zu bringen. Da führte kein Stollen dran vorbei.
    Und so hätte er in diesem Moment nirgends sonst sein können als hier, auf dem Weg der Erneuerung, dem reinsten und ursprünglichsten Ort des Ehernen Imperiums, wo es weder Maschinen noch Fackeln, weder Hacken noch Leuchtkäfer, sondern einzig Zwerge und ihre Trauer gab.
    Seit dem Ende der Frauen waren die Regeln dieses Weges so hart wie Feiertagsstahl und so unumstößlich wie die Säulen in der Halle der Helme: Für jeden Zwerg, der in die Hohe Höhle einging, schenkte der Weg mit Hilfe eines Bartbruders zwei neuen das Leben. Das war eine kluge Regelung, denn auf diese Weise vermehrte sich das Eherne Volk, ohne den knappen Raum der nur langsam größer werdenden Höhlen zu überschwemmen.
    Die Zahl der Ungeborenen aber war seit dem tragischen Ende der Frauen begrenzt. Der kalte Schoß leerte sich stetig, und auch Fazzgadt würde ihm bald zwei seiner Kinder entreißen.
    Auch wenn es noch eine Weile dauern würde, war das Ende der Zwerge bereits abzusehen, obwohl dank ihrer immensen Lebenserwartung mitunter Hunderte Jahre vergingen, bevor ein weiterer Bartbruder den Weg der Erneuerung beschritt.
    Fazzgadt schaute blinzelnd den Gang hinunter, der von einem spärlichen grünen Leuchten erfüllt war. Es rührte von den Wänden her und tauchte den Gang in ein mattes, unwirkliches Licht, sodass die Schatten darin beinahe greifbar wirkten. Zwielicht. Aber was für ein Licht hätte sonst auf dem Weg zwischen Tod und Leben herrschen sollen?
    Erschöpft taumelte Fazzgadt gegen die Wand des Ganges und lehnte sich mit seinem Gestell daran an. Leise schlugen die Flaschen gegen den Fels, während auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges etwas entlanghuschte, das mehr Beine hatte als er. Der Zwerg nahm es nicht einmal wahr. Er spürte bereits die Kälte der hintersten Höhle, des Kalten Schoßes. Dazu kam die Erschöpfung. Es konnten höchstens noch zwei Tage sein, die ihn von seiner Aufgabe trennten.
    Fazzgadt schloss die Augen und strich versonnen über die dünnen, glasähnlichen Splitter, die die Wände des Ganges bedeckten. Von ihnen ging das unwirkliche Leuchten aus. Unzählige kleine Splitter, die über eine Strecke von vielen tausend Bart in die Wände des Ganges eingelassen waren – die Überreste des traurigsten Krieges der Geschichte des Ehernen Volkes. Des einzigen Krieges, dessen Auswirkungen auch ohne den Einfluss von Bitterwurzelbier und Pathos verheerend gewesen waren.
    Es waren die zerstoßenen Schalen von Splitterspinnen. Bis in die hintersten Höhlen waren die Zwerge einst vorgedrungen, um auch noch das letzte ihrer Eier zu zerschmettern, Kind und Kindeskind zu vernichten und ihresgleichen in den finsteren Abgrund des Vergessens zu stoßen.
    Die schwarze Splitterspinne, das achtbeinige Ungetüm, die Zwergenfresserin, die Botschafterin des Untergangs. Sie war es gewesen, die das Volk der Zwerge zu diesem langsamen und qualvollen Ende verurteilt hatte. Denn sie war es, die die Schuld am Tod der Zwergenfrauen trug.
    Und dafür hatten die Spinnen gebrannt. In Zwergenöfen, auf Scheiterhaufen und in riesigen Höhlen. Neun Jahre lang hatten die Rauchkäfer Tag für Tag aberhundertfach den beißenden Qualm zuckender Spinnenkadaver gefressen.
    Mit schwerer werdenden Lidern starrte Fazzgadt an der trübe leuchtenden Wand des Ganges entlang. Dann fielen ihm die Augen zu, und sein Kopf sackte auf die Brust hinunter. Der braun schimmernde Bart fing ihn ab, sodass das Kinn beinahe sanft auf seine Rüstung hinabsank.
    Doch Fazzgadt hatte Vorkehrungen getroffen: Unter seinem Hals, direkt über seinem Stammeszeichen, das seinen Umhang zusammenhielt, ragte ein halbes Dutzend Nägel hervor, die sich in diesem Moment schmerzhaft in sein Kinn gruben. Mit einem Aufschrei kam er wieder zur Besinnung. Er durfte nicht ausruhen. Seine Schicht war noch nicht vorbei!
    Ihm blieb noch eine Flasche bis zum Schlaf. Das war er Hrodborrk schuldig!
    Insgeheim lobte er sich für seine Idee mit den Nägeln und schleppte sich weiter
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