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TS 55: Die Wespe

TS 55: Die Wespe

Titel: TS 55: Die Wespe
Autoren: Eric Frank Russell
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1.
     
    Er kam in das Zimmer, setzte sich in den bereitgestellten Stuhl und schwieg.
    Der große Bursche, der ihn von Alaska hierher begleitet hatte, verließ den Raum und schloß leise die Tür hinter sich. Er war nun allein mit dem Mann, der hinter einem wuchtigen Schreibtisch saß und ihn aufmerksam betrachtete. Ein kleines Schild nannte den Namen: William Wolf.
    Wolf sagte mit kalter Stimme:
    „Mr. Mowry, wir sind Ihnen eine Erklärung schuldig. Sie werden eine erhalten.“ Dann schwieg er.
    Für nahezu sechzig Sekunden hielt James Mowry die quälende Ungewißheit aus, dann fragte er:
    „Wann?“
    „Bald“, erwiderte Wolf und betrachtete sein Gegenüber forschend. Mowry fand dieses Anstarren äußerst unangenehm.
    „Möchten Sie bitte aufstehen?“
    Mowry stand auf.
    „Drehen Sie sich um.“
    Mowry drehte sich gelangweilt um.
    „Gehen Sie ein wenig hin und her.“
    Auch das tat Mowry.
    „Ich versichere Ihnen, Mr. Mowry, es soll kein Scherz sein, wenn ich Sie jetzt bitte, beim Gehen die Beine möglichst krumm zu machen.“
    Mowry ging im Zimmer umher, als ritte er auf einem unsichtbaren Pferd. Dann aber setzte er sich unaufgefordert wieder auf seinen Stuhl.
    „Hoffentlich ist dabei etwas zu verdienen. Ich bin keine viertausend Kilometer gereist, um ohne Honorar den Clown abzugeben.“
    „Sie können nichts dabei verdienen“, sagte Wolf. „Wenn Sie Glück haben, behalten Sie Ihr Leben.“
    „Und wenn ich kein Glück habe?“
    „Finden Sie den Tod.“
    „Sie sind aber sehr ehrlich“, gab Mowry zu.
    „Das ist meine Pflicht.“ Wieder betrachtete Wolf sein Gegenüber. „Ja, ich glaube, Sie sind der richtige Mann für uns.“
    „Wofür?“
    „Sie werden es gleich erfahren.“ Wolf zog eine Schublade auf und entnahm ihr einen Stoß Papiere, den er Mowry reichte. „Lesen Sie, dann werden Sie besser verstehen.“
    Es waren Zeitungsberichte. Mowry setzte sich bequemer hin und nahm sich Zeit. Die erste Nachricht befaßte sich mit einem Possenreißer in Rom. Dieser Bursche hatte nichts anderes getan, als sich mitten in der Stadt auf die Straße gestellt, in den Himmel gestarrt und gelegentlich ausgerufen: „Blaue Flammen!“ Es waren andere Passanten hinzugekommen, die ebenfalls zum Himmel emporblickten und die blauen Flammen suchten. Aus der anfänglichen Gruppe wurde eine Menge. Die Menge wurde zu einer Ansammlung.
    Kurz darauf blockierte der Mob die Hauptstraße und füllte die Nebenstraßen. Die Polizei versuchte, die Menge zu zerstreuen. Irgend jemand forderte Militär an und vergrößerte damit die Verwirrung. Es gab welche, die behaupteten, die blauen Flammen in den Wolken gesehen zu haben. Reporter und Kameramänner eilten herbei. Die unglaublichsten Gerüchte kursierten. Die Regierung griff ein und mobilisierte einen Teil der Luftstreitkräfte. Die Panik erfaßte ein Gebiet von mehr als dreihundert Quadratkilometern.
    „Sehr amüsant“, bemerkte Mowry.
    „Lesen Sie nur weiter.“
    Der zweite Bericht handelte von zwei Zuchthäuslern, denen die Flucht aus dem Gefängnis gelang. Sie stahlen ein Auto und kamen fast neunhundert Kilometer weit, ehe man sie erneut faßte.
    Und der dritte Bericht schließlich schilderte einen Autounfall. Drei Insassen wurden sofort getötet, der vierte starb neun Stunden später. Der Wagen wurde vollständig zertrümmert.
    Mowry gab die Papiere zurück.
    „Was hat das mit mir zu tun?“
    „Die Berichte bestätigen eine altbekannte Tatsache, über die Sie vielleicht noch nicht nachgedacht haben. Dieser Bursche in Rom tat nichts anderes, als in den Himmel zu starren und einige Worte zu murmeln, und doch zwang er damit sogar die Regierung, einzugreifen. Der Vorfall beweist, daß unter gewissen Umständen der geringfügigste Umstand ungeahnte Folgen haben kann.“
    „Zugegeben.“
    „Dann die beiden Verbrecher. Auch sie taten nicht sehr viel. Sie stiegen über eine Mauer, stahlen einen Wagen, fuhren damit neunhundert Kilometer und wurden geschnappt.“ Wolf lehnte sich vor und sprach mit besonderer Betonung weiter. „Und doch beanspruchten sie für vierzehn Stunden die Aktivität von sechs Flugzeugen, zehn Helikoptern und einhundertzwanzig Polizeifahrzeugen. Sie setzten achtzehn Telefonvermittlungen in Betrieb, ganz zu schweigen von unzähligen Leitungen, Funkstellen, Polizisten, Freiwilligen und Zivilisten. Insgesamt waren siebenundzwanzigtausend Menschen damit beschäftigt, diese beiden Männer wieder einzufangen.“
    „Allerhand!“
    „Ja, und dann dieser
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