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Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Titel: Aster, Christian von - Die grosse Erdfer
Autoren: Zwerg und Uberzwerg
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die am Ende der Schicht, wenn der Trauernde volltrunken schnarchend mitten im Gang lag, von den Großwurzelmeistern gegen einen entsprechenden Obolus wieder aufgefüllt wurden. Die Großwurzelmeister füllten den Trauernden die Flaschen und leerten ihre Taschen.
    Der Weg der Erneuerung war kein billiges Unterfangen. Aber der Trauertrunk war es wert. Es gab nichts, womit es sich besser hätte trauern lassen. *
    Das Gesöff brannte in Fazzgadts Kehle, und zwei kaum sichtbare Tränen flossen in seinen Bart. Er wollte ausruhen, endlich ankommen. Er schloss die Augen und ließ die Flasche fallen. Der Strick an ihrem Hals straffte sich, und mit laut hallendem Geklapper kam die tönerne Flasche inmitten der anderen zur Ruhe, die an seiner Schulter hingen.
    Mit feuchten Augen schaute Fazzgadt sich um. Es war das erste Mal, dass er den Weg der Erneuerung beschritt. Immer wieder waren ihm während der letzten Tage Tränen in die Augen gestiegen. Und immer wieder hatte er schnell getrunken, um sich einreden zu können, es läge einzig an der Schärfe des Trauertrunks.
    Der Weg der Erneuerung war einsam. Kein Ort für einen geselligen Schürfbruder wie ihn. Was für eine Zeitverschwendung, alleine und betrunken durch die Gänge zu wanken, während man sich doch mit seinem besten Freund hätte prügeln können…
    Aber Hrodborrk war tot. So tot, wie ein Zwerg nur sein konnte. Nicht so tot, wie man es nach dem zwanzigsten Humpen Bitterwurzelbräu, einigen Pfeifen verbotenen Grinswurzes * * oder einer Prise gestoßener Schattenknolle * ** war. Sondern endgültig und unumkehrbar tot. Der gleiche Zustand, der Tiere am Ende der Jagd ereilte, der einem Zwerg den Weg in die Hohe Höhle ebnete und nach dem bloß noch das Feuerloch kam.
    In Erinnerungen versunken, kämpfte Fazzgadt mit zwergischem Trotz gegen eine weitere aufsteigende Träne an. Verbittert blickte er über die Schulter zurück in das grünlich schimmernde Dunkel. Das Feuerloch lag am anderen Ende des Ganges, knapp fünf Tagesmärsche entfernt. In seiner Erinnerung aber war es allgegenwärtig. Denn er war dort gewesen, als die Totensenker Hrodborrk langsam ins Feuer hinabgelassen hatten.
    Friedlich hatte sein Freund dort gelegen, inmitten seiner sieben Hämmer, die gewiss noch zwanzig hätten werden können, wenn die Götter ihm genügend Zeit gelassen hätten. Er hatte seine schwarze Rindenrüstung getragen. Bis auf den Helm. Der Helm, der Ursache des ganzen Unheils gewesen war, war immer noch nicht wieder aufgetaucht.
    Fazzgadt wurde wütend, wenn er daran dachte. Ein Zwerg ohne Helm war beinahe wie ein Helm ohne Zwerg. Undenkbar. Ja, geradezu sinnlos. Es musste etwas vorgefallen sein, und das üble Schicksal, das Hrodborrk seinen frühen Tod beschert hatte, wollte ihm nun auch noch seinen Platz in der Halle der Helme verwehren.
    Doch das würde er nicht zulassen! Er, Fazzgadt Eisenbart, Bartbruder Hrodborrks des Jüngeren, würde der Sache auf den Grund gehen und herausfinden, was mit dem Helm seines Freundes geschehen war. Sobald er seine Pflichten erfüllt, den Weg der Erneuerung beschritten und die Söhne seines Freundes zur Welt gebracht hatte…
    Und auf diesem Weg begleitete ihn die schmerzhafte Erinnerung an den letzten Gang seines Freundes. Wie er dort gelegen hatte, ein prächtiger Zwerg, ein trefflicher Freund, auf einer geflochtenen Bahre, die sich langsam auf die sengende Lava hinabgesenkt hatte.
    Fazzgadt hatte mit angesehen, wie die Glut Hrodborrks blassroten Bart ergriffen hatte, wie seine Haare, feinen Zündschnüren gleich, verglüht waren und sein Körper schließlich mitsamt der Hämmer im leuchtenden Rot der alles verschlingenden Hitze verschwunden war.
    Und so war Hrodborrk, der Hunderte von Jahren darauf beharrt hatte, dass seine Ahnherren das Feuer erfunden hätten, in die Flammen eingegangen.
    Der Weg in die Hohe Höhle führte durch das Feuer.
    Abgesehen von den Totensenkern war Fazzgadt der einzige Trauernde gewesen, der Hrodborrks Einäscherung im Feuerloch beigewohnt hatte. Doch er hatte es sich nicht nehmen lassen, eingedenk ihrer schönsten Zeiten, blauen Flecke, zersplitterten Humpen und verbeulten Helme, eine traditionelle Begräbnisrede auswendig zu lernen, deren genauer Wortlaut exakt überliefert und viele tausend Jahre alt war: »Prost!«
    Er hatte den Humpen gehoben, ihn in einem Zug geleert und in die Flammen hinabgeschleudert. Rituale wie dieses spendeten Trost. Und den zwergischen Priestern zufolge war es kein Zufall, dass sich
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