Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Titel: Aster, Christian von - Die grosse Erdfer
Autoren: Zwerg und Uberzwerg
Vom Netzwerk:
 
    PROLOG
     
     
     
    Dass Fazzgadt Eisenbart nach dem siebten Humpen beherzt ausholte und seine haarige, lehmverkrustete Zwergenfaust im nicht minder lehmverkrusteten Gesicht Hrodborrks des Jüngeren versenkte, war alles andere als ungewöhnlich.
    Genau genommen passierte es jeden Abend zwischen dem sechsten und dem achten Bitterwurzelbier, und nach nunmehr 75 Jahren hatte das Ganze sogar eine Art eigene Choreografie.
    Zu besagtem Zeitpunkt pflegte Fazzgadt am Tresen seine Pfeife hervorzuholen.
    Er war ein Zwerg von kräftiger Statur, Angehöriger des Erdclans, bärbeißig und übellaunig, mit dem man sich unter normalen Umständen nur ungern angelegt hätte. Er gab nicht viel auf Bartmode und hielt wenig von modernen Helmen. Stattdessen schätzte er gutes Rauchwerk und sein Pfeifchen, das er Abend für Abend gemächlich mit einer eigenen Mischung aus Schattenzwirbel und Kupferkraut stopfte. Danach griff er nach seiner Zunderbüchse, um sich das Pfeifchen anzuzünden.
    Und auf eben diesen Moment wartete Hrodborrk. Er war knapp einen Kopf kleiner als Fazzgadt, gehörte dem Stamm des Feuers an und war der festen Überzeugung, dass seine Vorfahren dereinst das Feuer erfunden hätten. Und damit waren in seinen Augen alle Raucher des glorreichen Ehernen Imperiums tributpflichtig, sobald sie sich des Feuers bedienten.
    Hrodborrk war ein seltsamer Kerl. Unter seinen spärlichen, sorgsam gezwirbelten Augenbrauen blinzelten zwei kleine braune Äuglein hervor, die eher an die eines Erzferkels als die eines Zwergs erinnerten, und sein dünner blassroter Bart war stets nach der neuesten Mode frisiert. Seinen Helm hingegen polierte er nur selten. Seine Arbeitsrüstung war an einigen Stellen geflickt, und seine Spitzhacke hatte er günstig aus zweiter Hand erworben. Wenn es nicht gerade um seinen Bart ging, war Hrodborrk überaus geizig.
    Allabendlich machte der gut frisierte Hrodborrk also seine Runde durch die Höhlen des Inneren Distriktes und trat an jeden Zunderbüchsenklopfer, Lagerfeuerbetreiber und Fackelschwinger heran, um ihn freundlich, aber bestimmt an die fälligen Abgaben zu erinnern.
    Gewöhnlich lachte man ihn aus. Manchmal lud man ihn auf ein Bier ein. Oder man beschimpfte ihn und machte ihm klar, dass er besser nicht wiederkommen sollte.
    Eben das hatte auch Fazzgadt einst versucht, dabei aber einen entscheidenden Fehler begangen: Er hatte nämlich nicht nur die Rechtmäßigkeit des Abgabenanspruchs angezweifelt, sondern darüber hinaus auch noch die Bartfrisur seines Gegenübers verhöhnt. Da aber Hrodborrk jene Frisur für außerordentlich gelungen hielt und zudem drei Stein Gold dafür bezahlt hatte, kam er nicht umhin, die Kränkung persönlich zu nehmen.
    Das war vor nunmehr 75 Jahren gewesen.
    Seitdem trafen sich die beiden jeden Abend und begannen, nachdem Hrodborrk seine Abfuhr erhalten hatte, zu ihrer persönlichen handgreiflichen Tradition überzugehen. Die verlief in vorgezeichneten Bahnen, die für gewöhnlich lediglich im Finale variierten: Gewann Fazzgadt, dann rauchte er seine Pfeife. Gewann Hrodborrk, zerbrach er sie. In der Regel gewann jedoch keiner von beiden, und sie lagen bis zur nächsten Schicht bewusstlos am Boden der Höhle und schnarchten den Schlaf der Gerechten.
    Nachdem also die heutige Eröffnung hinter ihnen lag, entfuhr Hrodborrks Mund wie üblich ein schmerzhafter Laut (in der Vergangenheit auch schon mal von einem Zahn begleitet), und er stürzte sich wehenden Bartes brüllend auf seinen Widersacher, um sich an ihm festzubeißen.
    Dieses Mal erwischte er Fazzgadts rechtes Ohr, das, so wie es aussah, diese Erfahrung schon öfter gemacht hatte. Der uralten Choreografie ihres Zwistes folgend, schlang Hrodborrk zugleich seine haarigen Unterarme um den Hals seines Opfers und begann zu würgen.
    Die übrigen Anwesenden in der Höhlentaverne Zur toten Funzel zollten dem Treiben der beiden Raufbolde inzwischen längst keine Aufmerksamkeit mehr. Einige Jahre lang hatten sie allabendlich versucht, die Streithähne zu trennen, später hatten sie jeden Abend auf den Ausgang des Kampfes gewettet und zuletzt ein paar Jahre lang mal auf dieser, mal auf jener Seite eingegriffen. Sie hatten Gold gewonnen und verloren, Zähne und Barthaare eingebüßt und blaue Flecken davongetragen. Inzwischen langweilte es die meisten von ihnen nur noch.
    Die Hrodborrk-und-Fazzgadt-Schau war fast durch den gesamten Inneren Distrikt getourt, und die beiden hatten sich Hausverbot in beinahe allen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher