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Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur

Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur

Titel: Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
Autoren: Bernard Cornwell
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Palasttür auf, und die Menge wurde allmählich still.
    Ein paar Herzschläge lang gab es in der Türöffnung nichts anderes zu sehen als ein schwarzes Loch; dann tauchte aus der Dunkelheit ein junger Krieger in voller Kampfrüstung auf und blieb auf der obersten Stufe des Bogengangs stehen.
    Er hatte nichts Magisches an sich, höchstens vielleicht seine Schönheit. Ein anderes Wort gab es nicht dafür. In einer Welt der verkrümmten Gliedmaßen, der verkrüppelten Beine, kropfigen Hälse, vernarbten Gesichter und müden Seelen war dieser Krieger schön. Er war groß, schlank, goldblond und hatte ein ruhiges Gesicht, das man eigentlich nur als freundlich, ja sanft beschreiben konnte. Seine Augen waren von einem auffallenden Blau. Da er keinen Helm hatte, fiel ihm das Haar, so lang wie das eines Mädchens, bis weit über die Schultern herab. Er trug einen glänzend weißen Brustpanzer, weiße Beinschienen und eine weiße Schwertscheide. Seine Rüstung wirkte kostbar, und ich fragte mich, wer er war. Ich glaubte die meisten Krieger von Britannien zu kennen – jedenfalls jene, die sich eine solche Ausrüstung wie die des jungen Mannes leisten konnten –, aber er war mir unbekannt. Er lächelte den Menschen zu, hob dann beide Hände und bedeutete uns, niederzuknien.
    Issa und ich blieben stehen. Vielleicht war es die Arroganz der Krieger, vielleicht wollten wir auch nur über die Köpfe der anderen hinwegsehen können.
    Der langhaarige Krieger sprach kein Wort, aber sobald die Leute auf den Knien lagen, lächelte er ihnen dankend zu; dann wanderte er den Bogengang entlang und löschte die Fackeln, indem er sie aus ihren Halterungen nahm und in bereitstehende Wasserfässer tauchte. Das Ganze war, wie mir auffiel, eine wohleinstudierte Inszenierung. Immer dunkler wurde es auf dem Hof, bis nur noch die beiden Fackeln rechts und links von der großen Palasttür Licht spendeten. Da es kaum Mondenschein gab, war die Nacht ungemütlich dunkel. Der weiße Krieger stand zwischen den beiden letzten Fackeln.
    »Kinder Britanniens«, sagte er mit einer Stimme, die zu seiner Schönheit paßte, einer sanften, von Wärme erfüllten Stimme, »betet zu euren Göttern! Die Kleinodien Britanniens befinden sich innerhalb dieser Mauern, und bald schon wird ihre Macht entfesselt werden; doch damit ihr diese Macht erkennt, werden wir erst einmal die Götter selbst zu uns sprechen lassen.« Damit löschte er die letzten beiden Fackeln, und im ganzen Hof herrschte Dunkelheit.
    Nichts geschah. Die Menschen murmelten; sie riefen Bel an, Gofannon, Grannos und Don und baten sie, ihnen ihre Macht zu beweisen. Ich bekam eine Gänsehaut und packte Hywelbanes Heft fester. Konnte es sein, daß uns die Götter umschwebten? Ich blickte zu einer Gruppe von Sternen hinauf, die zwischen den Wolken hindurchglitzerten, und stellte mir die großen Götter dort oben, in diesen hehren Höhen vor, als Issa plötzlich hörbar die Luft anhielt. Ich ließ
    meinen Blick nach unten wandern.
    Und dann hielt auch ich hörbar die Luft an.
    Denn aus dem Dunkel war ein Mädchen aufgetaucht, kaum mehr als ein Kind an der äußersten Schwelle zur Frau. Ein zierliches Mädchen, bezaubernd in seiner Jugend und sehr graziös in seiner Schönheit – und so nackt wie ein neugeborener Säugling. Sie war schlank, mit kleinen, hohen Brüsten und langen Beinen, und trug in der einen Hand einen Strauß Lilien und in der anderen ein Schwert mit schmaler Klinge. Sprachlos starrte ich sie an. Denn in der Dunkelheit, der kalten Dunkelheit, die auf den wärmenden Schein der Fackeln gefolgt war, leuchtete sie. Sie leuchtete wirklich. Sie glänzte wie ein schimmerndes weißes Licht. Es war kein helles Licht, es blendete nicht, es war einfach da wie Sternenstaub auf ihrer weißen Haut. Es war ein ungleichmäßiges, pudriges Leuchten, das von ihrem Körper ausging, von ihren Beinen, Armen und Haaren, doch nicht von ihrem Gesicht. Die Lilien leuchteten, und auch auf der langen, schlanken Klinge ihres Schwertes strahlte der Glanz.
    Das leuchtende Mädchen schritt durch die Arkaden. Sie schien die Menschen im Hof nicht zu bemerken, die ihr ihre verdorrten Glieder und kranken Kinder entgegenstreckten. Sie beachtete sie nicht, sondern schritt leicht und zierlich, das überschattete Gesicht den Steinen zugewandt, durch den Säulengang. Ihre Schritte waren federleicht. Sie schien in sich gekehrt, in ihre eigenen Träume versunken zu sein, während die Menschen stöhnten und nach ihr riefen, aber sie
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