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Die Wolkenkinder

Die Wolkenkinder

Titel: Die Wolkenkinder
Autoren: Arthur Hanks
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Prolog
     
       Wir schreiben das Jahr 1632. Die Welt ist mächtig aus den Fugen geraten.
       Seit Luther, sein Freund Melanchthon oder gar ein Dritter - die Wissenschaft ist sich da nicht ganz einig - am 31.10.1517 die berühmten 95 Thesen an die Schlosskirche zu Wittenberg geschlagen hat, sind erbitterte Glaubenskriege im alten Europa ausgebrochen und haben schwerste Not und große Plage über das einfache Volk gebracht.
       Der größte und folgenreichste dieser Kriege, der Dreißigjährige Krieg, tobt nun schon seit 14 Jahren.
       Unversöhnlich stehen sich die Katholische Liga und die Protestantische Union gegenüber. Ihre Protagonisten sind auf der katholischen Seite Kaiser Ferdinand II. von der Steiermark, Kurfürst Maximilian I. von Bayern, Tilly und nicht zuletzt Wallenstein. Die wichtigsten Kriegsbeteiligten der Protestanten sind Friedrich der V. von der Pfalz, Mannsfeld und der schwedische König Gustav II. Adolf.
       Zwar ist ganz Europa an den Auseinandersetzungen zu Beginn des 17. Jahrhunderts beteiligt, die Hauptschauplätze des grausigen Gemetzels allerdings liegen im deutschen Reich. Immer und immer wieder ziehen die Truppen der verschiedenen Parteien über das Land und verwüsten es schwer – „Fressen es kahl!“, während das einfache Volk die Zeche zahlt.
       Wo auch immer die Söldner mit ihrem riesigen Tross auftauchen muss die Landbevölkerung für ihren Unterhalt aufkommen und man zieht erst weiter, wenn absolut nichts mehr zu holen ist. Den Bauern bleibt nur noch bittere Not und nicht selten der Hungertod.
       Doch es gibt auch Gebiete, die lange Zeit verschont blieben und abseits der großen Kampflinien ein fast beschauliches Dasein führten. Dort entwickelten sich die Künste, blühten die ersten Gärten des Frühbarocks und aalten sich die Landesherren in großzügiger Pracht mit ihren vollbusigen Mätressen bei ausschweifenden Gelagen.
       In einer solch gesegneten Landschaft des Voralpenlands zwischen Allgäu und Bregenzer Wald nicht allzu weit vom Bodensee spielt die nun folgende Geschichte.
     
       Die Stadt ist reich – man hat eine Silbermine, reichhaltige Steinbrüche voll wertvollem Granit und verfügt über Salzstöcke. So ist man in der Lage seit einigen Jahren den gigantischen Neubau der Stadtkirche, die einer Kathedrale ebenbürtig werden soll, zu finanzieren. Auch das Umland blüht und im Stadtschloss gibt sich ein zwar gutmütiger, jedoch reichlich dekadenter, Fürst seinen ausgefallenen amourösen Vergnügungen hin. Über allem, tief im Gebirge, thront die alte, halb zerfallene Burg, auf der der grimmige Vater des jetzigen Fürsten mit einigen restlichen, alternden Getreuen sein eigenwilliges Regiment führt.
     
       Weit außerhalb der Stadt steht der klotzige, uralte Wehrhof des reichsten Bauern der Gegend. Dieser Bauer nun hat es in den letzten Jahren verstanden, aus sich einen richtigen Gutsherrn zu machen. Seine Methoden sind dabei nicht immer die Feinsten, und hat es einmal den Anschein, dass dieser Mensch mildtätig sei, so lohnt ein genauerer Blick.
       In letzter Zeit zum Beispiel nimmt Großbauer Bacher immer wieder heimatlose Mündel auf, was in diesen wirren Zeiten sicherlich eine gute Tat wäre, würde er dadurch nicht einfach nur billige Arbeitskräfte gewinnen wollen, die er auf seinen weiten Besitzungen rücksichtslos auszunutzen gedenkt.
       Eines dieser Mündel ist Randolf, der mit seinen hellblau strahlenden Augen und seinem strohblondem Haarschopf zwischen allen anderen wie ein Edelstein unter Kieseln wirkt. Auch seine schlanke, hochragende Gestalt, seine katzengleiche Wendigkeit und seine blitzschnelle Auffassungsgabe heben den Vierzehnjährigen deutlich von allen anderen ab.
       Doch diese Eigenschaften sind für ihn kaum von Vorteil, denn der etwa gleichaltrige Sohn des Hofbesitzers und spätere Erbe des kleinen Imperiums hätte auch gerne die Gestalt und das sichere Auftreten Randolfs gehabt, aber im Gegensatz zu diesem ist der Kronprinz des Hofes eher froschgesichtig, plump und stark untersetzt; auch seine Wurstfinger und seine ewig triefenden Nase machen Emmerich kaum eleganter. Dumm ist Emmerich allerdings nicht und deshalb ist ihm auch schmerzlich bewusst, dass er diesen Randolf in vielerlei Hinsicht nie erreichen wird und so ist ihm Randolf ein schmerzhafter Dorn im Auge. Und genau das ist natürlich auch der Grund, weshalb Emmerich, wann immer er kann, Randolf böse zusetzt und ihm die übelsten Aufgaben am Hof
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