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Die Wolkenkinder

Die Wolkenkinder

Titel: Die Wolkenkinder
Autoren: Arthur Hanks
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Freunde, vielleicht sogar Familie waren – die würden ihm jedenfalls nichts zu Leide tun.
       Ziemlich fertig und mit, von der elenden Schinderei, lahmen Knochen stierte ein jeder von ihnen gedankenversunken in die rechteckigen Dachlukenausschnitte dort oben am großen, schwarzen Scheunendach , sodass ihre Gesichter einen bläulich schimmernden Saum trugen.
       Nicht gerade luxuriös, aber in Anbetracht der Tatsache, dass außerhalb der Hofmauern die blanke, zügellose Rechtlosigkeit eines schon lange andauernden Krieges herrschte und ein junges Leben nicht allzu viel wert war, konnte man einigermaßen zufrieden sein. Doch dieser letzte, kleine Vorteil war jetzt offensichtlich auch noch in Frage gestellt!
       „Also, was jetzt?“ durchbrach Randolf das bedrückende Schweigen und sog die Luft tief ein, die durch die offene Dachluke hereinströmte, und den stickigen Modergeruch des uralten Baues mit seinem dampfenden Vieh unter ihnen etwas erträglicher machte.
       „Erst mal passiert uns nichts!“, glaubte Lothar zu wissen. „Morgen früh werden wir zu den Salzkuhlen gebracht und dort müssen wir uns entsprechend vorbereiten!“
       „Vollkommen richtig!“, nickte Dietbert fast gelangweilt und knippelte dabei nachdenklich an einer seiner schlecht verheilten Narben am Unterarm, in Erinnerung an die Gemetzel, denen er diese Narben zu verdanken hatte. „Ein alter Söldner brachte mir  einige gefährliche Stöße und tückische Finten mit dem Messer  bei, die werde ich euch lehren! Hat noch jemand ein Waffe?“
       „Ich habe noch einen Dolch, der aber eigentlich nur zur Zierde seines Trägers hergestellt wurde“, gab Randolf zögerlich zur Antwort. „Moment, ich zeig ihn dir mal!“
       Randolf wühlte seinen Leinensack aus dem Stroh, zog die Kordel auf und lies den Inhalt vorsichtig auf seine Pritsche gleiten.
       „Was hast du den da alles!“, wunderte sich Lothar beim Anblick einer glänzenden Gemme aus Perlmutt, einem zerbrochenen Amulett, einem funkelnden, roten Stein, einem Buch in festem Ledereinband und einigen anderen anscheinend wertvollen Gegenständen, wie zum Beispiel dem angesprochenen Dolch.
       „Das ist mein Schatz!“, gab Randolf stolz mit glasigen Augen von sich. „Hier! Ich besitze sogar einige Münzen!“
       „Ja bist du denn total verrückt!“, fuhr ihn Lothar an und rang verzweifelt dabei mit seinen zartgliedrigen Fingern, „Es sind mit Sicherheit schon einige Leute wegen weit weniger umgebracht worden! Du musst dir einen sicheren Platz suchen und alles vergraben, Mann!“
       „Das ist alles, was mir von meiner Vergangenheit blieb!“, protestierte Randolf mit erhobenem Kopf. „Es ist undenkbar, dass ich mich von nur einem Stück trenne! Ich hoffe eines Tages über diese Dinge meine wahre Identität herauszubekommen!“
       „Alles schön und gut!“, mischte sich Dietbert ein. „Aber du gefährdest nicht nur dich und deinen Besitz mit deinem uneinsichtigen Verhalten. Wenn einige Leute erfahren, dass bei uns Beute zu machen ist, sind wir alle dran! Also, der Kram wird heute Nacht noch verbuddelt; ansonsten nehme ich dir persönlich das Zeug ab!“
       „Ihr seid ja nur neidisch“, gab Randolf trotzig zurück und klammerte sich mit verklärten Augen an die Perlmuttgemme.
       „Quatsch!“, blaffte der adlige Lothar ihn an. „Wir haben alle unsere Verstecke! Und glaube mir, wenn du meins sieht, wirst du blass! Mein Vater war schließlich Fürst!“
       „Meiner wahrscheinlich auch!“, warf Randolf hastig ein und war sich sicher. „Sieh doch nur das goldene Amulett...“, wollte er gerade den Beweis antreten.
       „Schluss jetzt, mit der blöden Angeberei! Das Zeug kommt weg und damit basta!“, entschied der im Krieg vorzeitig erwachsen gewordene Dietbert kategorisch. „Nur für den Dolch interessiere ich mich! Gib das Ding mal her!“
       Randolf kam nur äußerst wiederwillig und mit grimmiger Miene der Aufforderung nach, wusste aber, dass Dietbert Recht hatte und sowieso keinen Wiederspruch dulden würde.
       Den Dolch von allen Seiten betrachtend stellte Dietbert bewundernd fest: „Ein wirklich schönes Stück! – Orientalische Arbeit, vielleicht sogar ein Damaszener – fein ziseliert und sogar mit elegant gefassten Steinen verziert! Wenn die echt sind, ist das Ding ein Vermögen wert!“
       „Spielt doch gar keine Rolle“, unterbrach der leicht neidische Lothar den Dolchbewunderer. „Wichtig ist doch nur, ob das
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