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Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Titel: Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt
Autoren: Thomas Frank
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Fernsehen fortzusetzen.
    Bei der Kandidatur der Republikaner für die Präsidentschaftswahlen wiederholten unterdessen Anfang 2012 alle wichtigen Kandidaten die populistischen Marktideen der vergangenen Jahre. Rick Santorum ging mit der Geschichte seines Großvaters hausieren, der im Kohlebergbau geschuftet hatte, und machte daraus eine Art Einleitung zu seinem Traum von dem Tag, an dem der Kapitalismus endlich von den Fesseln der elitären Tyrannen in Washington befreit sein werde. Newt Gingrich verbreitete Fernsehspots, in denen der Finanzsektor, wenn auch oberflächlich, einer Kritik unterzogen wurde, die auch von der CIO, dem Gewerkschaftsbund amerikanischer Industriearbeiter der Dreißigerjahre, hätte stammen können. Mitt Romney pries sich als Arbeitsplatzschöpfer und Retter der Nation an, gekommen, um dem von Bürokratie und Regulierungswut gebeutelten Land den Segen von Wohlstand und Wachstum zu bringen. Hinter jedem stand irgendein in Selbstmitleid zerfließender Milliardär, der die vom Obersten Gerichtshof eröffnete Chance ergriff, seine politischen Ansichten mit unbegrenzten Geldspenden zu unterstützen.
    Sämtliche Kandidaten der Republikaner nutzten die Gelegenheit der Wirtschaftskrise, um Aspekte des New Deal zu attackieren. RickPerry schimpfte, die Sozialversicherung sei eine »gewaltige Lüge«. Ron Paul schlug vor, zum Goldstandard zurückzukehren, den wir – wie tragisch! – 1933 aufgegeben haben. Rick Santorum, der sentimentale Vorkämpfer der amerikanischen Malocher, befand Lebensmittelmarken für überflüssig. Newt Gingrich klärte uns darüber auf, dass Gesetze gegen Kinderarbeit »dumm« seien – ich vermute, er bezog sich auf jene schikanöse Einschränkung der Freiheitsrechte von Zehnjährigen, die der Fair Labor Standards Act von 1938 daran hindert, sich in einer Fabrik zu verdingen. Und sämtliche Kandidaten waren bereit, mit dem Vorschlaghammer auf den National Labor Act von 1935 einzudreschen, der die Arbeit von Gewerkschaften bis heute schützt und regelt, jedenfalls sofern seine Durchsetzung das umstrittene Projekt von Boeing gefährdet, Teile seiner Produktion nach South Carolina zu verlegen, um sie dem Gewerkschaftseinfluss zu entziehen.
    Der demokratische Präsident manövrierte unterdessen hektisch auf die Wall Street zu, äußerte sich nun ebenfalls mit populistischem Feuer, um dann seine Unterschrift unter solch schändliche Projekte wie den JOBS Act zu setzen. Mit diesem Gesetz zur Kapitalbeschaffung von Unternehmen, das etliche Regulierungen der vergangenen Jahre aufweichte, hoffte er ohne Zweifel die Gunst der Wall Street zu gewinnen und einen Teil des Geldes der Milliardäre in seinen eigenen Super Pac zurückzulenken. Aus Obamas wiederholter Kapitulation und dem ständig wachsenden politischen Einfluss spendabler Milliardäre konnte die Öffentlichkeit mit Schrecken nur einen Schluss ziehen: Es gab einfach niemanden mehr, der in der Lage war, der Finanzindustrie Paroli zu bieten.
    Das Kapital weiß es längst. Ohne einen zweiten Roosevelt, ohne einen unbestechlichen Wächter über den Finanzsektor, ohne Rückkehr zu den Regeln, die das Bankgeschäft einst langweilig, aber sicher machten, hat es von uns nichts zu befürchten und kann so weitermachen, wie es ihm gefällt. Das ist die wahre Tragödie der Großen Rezession.
    Und sollten wir auf diesem Weg fortfahren, dann ist absehbar,wie sich die Sache entwickeln wird. Die Investmentbanken werden sich irgendwann von ihrem Nahtoderlebnis erholen und wieder herumstampfen wie aus dem Gehege ausgebrochene Elefanten. Mit schwindender Bankaufsicht werden die Finanzbetrügereien natürlich zunehmen und in Zukunft noch gigantischere Ausmaße annehmen, so wie das Subprime-Fiasko größer war als das Enron-Debakel, das wiederum größer war als die Finanzskandale der Achtzigerjahre. Wer eine gewinnträchtige Monopolstrategie hat, kann sich freuen. Die Gesundheitsindustrie, um derentwillen die Patrioten 2009 so viele Tränen vergossen, wird uns weiterhin astronomische Kosten aufdrücken können, gestärkt durch das Bewusstsein, dass viele Amerikaner offenbar lieber
Medicare,
die medizinische Versorgung für ältere Bürger, über Bord werfen würden, als den Firmenbossen Einhalt zu gebieten. Gleiches gilt für die megalomanen Projekte der Softwareindustrie. Die Ölbarone. Die Rüstungskonzerne. Dies Land ist ihr Land, kein Zweifel.
    Doch am meisten sollten wir uns davor fürchten, dass die neue, ideologisch gestärkte Rechte auch
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