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Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Titel: Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt
Autoren: Thomas Frank
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tatenlos zu, wie der Anteil der organisierten Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft auf einen historischen Tiefstand sank. Man sollte meinen, dass mittlerweile auch den Demokraten die Torheit all dessen klar geworden ist: Sie haben tatsächlich zugelassen, dass ihre eigene Graswurzelbewegung geschwächt und die Stimme ihrer Ideologie zum Schweigen gebracht wurde. Dank dieser Strategie sind heute weite Teile Amerikas von aller Liberalität befreite Wüsteneien: Orte, an denen eine ökonomische Sichtweise, die einem Mitleid mit Milliardären predigenden Rush Limbaugh etwas entgegenzusetzen hätte, fast nicht mehr zu hören ist und im Grunde auch kaum noch existiert.
    Andererseits werden die Auswirkungen der verheerenden Rezession die neuen, wohlhabenden Demokraten kaum direkt berühren. Ja, sie wissen, dass schlimme Dinge vor sich gehen. Ja, natürlich, sie zeigen sich besorgt und versprechen, den Betroffenen zu helfen. Aber die Härte der Rezession erfahren sie nicht am eigenen Leib. Das alles stellt ihre Grundwerte nicht infrage. Es ist für sie eher ein Anlass zu Mildtätigkeit.
    Dagegen ist ein Land, in dem jedermann auf die Experten hört und irgendwie klarkommt, durchaus eine Utopie, der diese neuen Demokraten mit geradezu religiöser Inbrunst anhängen. Sie träumen von einvernehmlicher Entscheidungsfindung zwischen Republikanern und Demokraten, von Bundesstaaten, die von keiner der beiden Parteien auf Dauer dominiert werden, und von einer auf vernünftige Weise erlangten Konsens-Zukunft, in der es keinen Kulturkriegum Fragen wie Abtreibung oder Schulgebet mehr gibt und jeder ein Leben lang lernt und sich bildet – und das alles unter der lächelnden, mildtätigen Sonne des Freihandels und der Wissensökonomie. [9]
    Nicht einmal von den begabtesten politischen Kritikern unserer Gesellschaft bekamen wir etwas anderes zu hören – bis es zu spät war. So versuchte beispielsweise der scharfsinnige und oft so bissige Komiker Jon Stewart wenige Tage vor den Wahlen 2010, den diversen Märschen der Tea Party und Kundgebungen Glenn Becks einen eigenen Protest entgegenzusetzen, den er
Rally to Restore Sanity
(Protestversammlung zur Wiederherstellung der Vernunft) nannte und der auch unter dem Titel
Million Moderate March
in die Annalen einging. Er lockte damit mehrere Hunderttausend Menschen auf die National Mall in Washington, wo sie
I’m with Reasonable-T-Shirts
kauften und Stewarts Ansprache über ganz normale Amerikaner lauschten, die gut mit ihren Nachbarn auskommen, ungeachtet aller politischen Differenzen.
    Stewarts Beschwörung des kleinen Mannes hatte gewiss etwas Nobles und stand irgendwie in der guten alten Tradition der Weltwirtschaftskrise, und ich stimme mit Vielem überein, was er bei dieser Gelegenheit sagte. Aber es ist im Grunde schon ziemlich befremdlich, auf ein Land hinauszublicken, das von betrügerischen Unternehmen in unfassbarem Ausmaß verheert wurde, und dann zu behaupten, unsere Parteilichkeit sei die wahre Plage und Vernunft das beste Mittel dagegen. Wie die Demokraten in Washington konzentrierte sich Stewart auf Abwägung, Expertenwissen und Umgangsformen, während sich das eigentliche Drama ganz woanders abspielte: Man denke nur an die steigenden Arbeitslosenzahlen und den immer noch nachwirkenden Schock der Bailouts. Die Konservativen organisierten in den Sackgassen des amerikanischen Lebens nach ihrer bewährten Siebzigerjahre-Strategie die Unzufriedenheit, und die Liberalen standen indes auf der Mall in Washington und versuchten lieb und nett für gute Stimmung zu sorgen.
    ∗ Ausgetauscht haben sie das Management von General Motors und einen Venture-Kapitalisten an die Spitze ihrer Auto-Bailouts gestellt, was eine Ahnung davon vermittelt, wo in der Weltsicht der heutigen Demokraten die produzierende Industrie in Relation zur Hochfinanz angesiedelt ist.
    ∗ Womit ich nicht sagen will, dass manche dieser Momente nicht all die Kommentare verdient hätten, die sie abbekommen haben. So beispielsweise die alberne Briefparodie, die der Tea-Party- Anführer Mark Williams im Juli 2010 an »Abraham Lincoln« schrieb – im Namen der Bürgerrechtsorganisation NAACP (National Association for the Advancement of Colored People), die gerade Ortsgruppen der Tea Party aufgefordert hatte, sich von rassistischen Bemerkungen zu distanzieren. Ich will darauf hier gar nicht näher eingehen. Nachzulesen unter: http://politicalcorrection.org/blog/201007150012 .

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