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Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Titel: Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt
Autoren: Thomas Frank
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EINLEITUNG:
ZEICHEN UND WUNDER
    Dieses Buch ist die Chronik einer Zeit voller Verwirrungen, in der sich die Amerikaner gegen eingebildete Gefahren erheben und Wirtschaftstheorien unterstützen, die ihren Horizont übersteigen. Es handelt von einem Land, in dem die Angst vor der Machtübernahme einer radikalen Linken umgeht, die dort schon längst keine Rolle mehr spielt, ein Land, in dem Fernsehmoderatoren ideologische Albträume schüren, die vielen Menschen realer und überzeugender scheinen als alles, was die Zeitungen zu berichten haben.
    Es ist auch die Chronik einer Zeit voller Wunder, einer Art Erweckungsbewegung, die zum Kreuzzug für die gute alte Religion der freien Marktwirtschaft aufruft. [1]
    Es ist die Geschichte einer Graswurzelrebellion und des wundersamen Wiederaufstiegs der konservativen Bewegung aus dem tränenreichen Tal der Niederlage. Bezeichnungen wie »populistisch« und »Revolte« stellen sich ganz von selbst ein, wenn man es nicht gleich so vollmundig ausdrücken will wie Dick Armey, ehemals einflussreicher Politiker in Washington, nun Vorsitzender einer der größten Organisationen dieser Aufständischen: »eine wahre Revolution von ganz unten«. [2]
    Ja, all das ist höchst wundersam, all das ist erstaunlich. Schon die einfachen Tatsachen: Dies ist bereits der
vierte
erfolgreiche konservative Aufstand in den vergangenen fünfzig Jahren [∗] , und jederkam mit mehr populistischem Getöse daher als der vorangegangene, jeder rückte noch weiter nach rechts, jeder schrieb sich mit einem noch faszinierenderen Kapitel in die historische Epoche ein, die ich die »große Konterrevolution« nenne und auf die sich andere als »die Ära Reagan« (der Historiker Sean Wilentz), »das Zeitalter der Gier« (der Journalist Jeff Madrick), »der Aufstieg der Konservativen« (der Journalist Godfrey Hodgson) oder als den »Washington Consensus« (verschiedene Ökonomen) beziehen.
    Es ist nun mehr als dreißig Jahre her, seit die Revolution der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik Washington eroberte, seit der Laisser-faire-Gedanke zum Dogma der Führungseliten wurde, dem Demokraten wie Republikaner gleichermaßen huldigen. Die vergangenen Jahrzehnte waren geprägt von Deregulierung, dem sinkenden Einfluss der Gewerkschaften, Privatisierung und Freihandelsabkommen. Die neoliberalen Ideale haben sich bis in den letzten Winkel des Landes verbreitet. Nicht nur Universitäten versuchen sich heutzutage marktwirtschaftlich auszurichten, auch Krankenhäuser, Stromerzeuger, Kirchen und Museen, die Post, die CIA und die Streitkräfte der Vereinigten Staaten.
    Und nun, nachdem all dies bereits seit Jahrzehnten im Gange ist, haben wir einen Volksaufstand, der die Forderung erhebt, das Knie vor dem Altar der freien Marktwirtschaft zu beugen. Und das nur kurze Zeit nachdem die Prediger der freien Marktwirtschaft die Welt in die größte ökonomische Katastrophe seit Menschengedenken geführt haben. Dies ist ebenso unglaublich wie unbegreiflich – eine Groteske sondergleichen.
    Im Jahr 2008 erlitt das Finanzsystem des Landes einen gewaltigen Kollaps, weitgehend das Resultat – so sehen es nahezu einmütig alle ernst zu nehmenden Beobachter – der jahrzehntelangen Bemühungen, die Bankenaufsicht an die Kette zu legen und finanzielle Experimente zu ermutigen. Die Bankenkrise stürzte die USA und die ganze Welt in die schwerste Rezession seit den Dreißigerjahren. Dies war kein normaler konjunktureller Abschwung. Millionen Amerikaner und eine große Zahl amerikanischer Banken wurden innerhalbweniger Wochen zahlungsunfähig. Sechzehn Billionen Dollar Privatvermögen gingen an der Wall Street in Rauch auf. Und doch hat sich, während ich dies schreibe, als politische Reaktion auf diese Ereignisse eine Bewegung gebildet, die nach noch mehr Deregulierung verlangt, den Staatsangestellten das Recht zur Aushandlung von Tariflöhnen beschneiden will und eine Senkung der Staatsausgaben fordert.
    Wir müssen diese Rebellen ernst nehmen. Das konservative Comeback der letzten Jahre ist in der Geschichte der sozialen Bewegungen in den USA tatsächlich ohne Beispiel: eine Massenbekehrung zur Religion der freien Marktwirtschaft als Reaktion auf schlechte Zeiten. Vor dieser Wirtschaftskrise schien es undenkbar, dass die Opfer einer Rezession ein Faible für neoklassische Wirtschaftstheorien oder eine spontane Abneigung gegen die politischen Ideen von Franklin Roosevelt entwickeln. Vor dieser Rezession sind Leute, die von Bankern
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