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Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Titel: Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt
Autoren: Thomas Frank
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betrogen worden waren, kaum je auf die Idee gekommen, dass diese Banker endlich von »Bürokratie« und gesetzlicher Kontrolle befreit werden müssten. Vor 2009 vergossen die Leute in den Schlangen vor den Suppenküchen auch keine Mitleidstränen für jene, die sich auf ihren Jachten sonnten.

Klarer Fall
    Dieser Erfolg ist besonders erstaunlich, wenn man das Meinungsklima bedenkt, das im Jahr 2008 herrschte. Nachdem das Debakel der Präsidentschaft von George W. Bush in der Katastrophe an der Wall Street gipfelte, war man sich in Washington einig, dass nun ein Aufbruch zu neuen Ufern bevorstand. Diesen Film hatte man doch schon gesehen: alle glaubten zu wissen, was nun kommen musste. Die politische Tektonik schien in Bewegung, die jahrzehntelange Herrschaft der Konservativen am Ende, eine liberale Ära stand am Horizont. Der Auftrag der Geschichte war eindeutig, so unübersehbar wie die Massen, die Barack Obama auf seiner Wahlkampftour zujubelten.Dieses Drehbuch zu ignorieren versprach so viel Erfolg, wie Schecks auf ein leeres Konto auszustellen.
    Und so verkündete der Journalist Sidney Blumenthal in seinem im April 2008 erschienenen Buch
The Strange Death of Republican America
noch vor dem Crash an der Wall Street, die Grand Old Party sei auf dem Weg »zu einer Minderheitspartei«. [3]
    Im November sagte Sean Wilentz, der Historiker der »Ära Reagan«, im
U.S. News & World Report
den »Kollaps« eben dieser Ära voraus. Einen Monat zuvor hatte sich der konservative Vordenker Francis Fukuyama in
Newsweek
ziemlich ähnlich geäußert. Auf der Website
Politico,
die zu den Chronisten des Washington Consensus zählt, wurde etwas spezifischer konstatiert, dass die Bezeichnung »Deregulierer«, ein Schlüsselbegriff der Reagan-Ära, nach dem Zusammenbruch der (weitgehend deregulierten) Wall Street praktisch zum Schimpfwort geworden war. [4]
    Alles schien ganz logisch. Die Finanzkrise des Jahres 2008 hatte die Idee der freien Marktwirtschaft, den Kerngedanken der Konservativen, in Verruf gebracht, Unfähigkeit und politische Skandale innerhalb der Republikanischen Partei hatten ihren moralischen Anspruch untergraben, und der Hang der Konservativen zu schriller Rhetorik verfing bei jüngeren Wählern, die weniger in Partei- und ethnischen Kategorien denken, nicht mehr so gut. Außerdem war da die offensichtliche historische Analogie, die im Jahr 2008 immer wieder zitiert wurde: Wir waren gerade durch eine verblüffende Neuauflage der Finanzkatastrophe der Jahre 1929–1931 gegangen, und nun, murmelten die Experten, stand unvermeidlich ein Linksruck bevor, wie es ihn 1931 gegeben hatte, mit dem frisch gewählten Barack Obama in der Rolle von Franklin Roosevelt.
    Der Republikanischen Partei empfahlen die Experten in dieser Lage Zurückhaltung, um nicht in die Bedeutungslosigkeit abzurutschen. Als der Radiomoderator Rush Limbaugh Anfang 2009 damit Schlagzeilen machte, dem frisch gewählten Präsidenten Obama das »Scheitern« zu wünschen, wurde er dafür in einer stark beachteten Newsweek-Titelgeschichte von David Frum, einem früheren Redenschreibervon Bush, abgekanzelt. Gemessen an dem, was noch folgen sollte, erscheint Limbaughs unfrommer Wunsch eher harmlos, geradezu gemäßigt. Damals jedoch rief er solche Empörung hervor, dass Frum ihn als »Kryptonit, das die Grand Old Party landesweit schwächt« bezeichnete. Mit Gehässigkeit konnte man vielleicht beim harten Kern der Partei punkten, gab Frum zu bedenken; der Preis dafür sei der Verlust der »Gebildeten und Wohlhabenden«, denen »die Grand Old Party zu extremistisch« werde.
    Der Hang der Republikaner zur Selbstdemontage wurde ein Lieblingsthema der politischen Kommentatoren. Als der frühere Vizepräsident Dick Cheney Rush Limbaugh für seine offenen Worte lobte, spottete der Kolumnist Charles Blow in der
New York Times,
Cheney sei wohl auf »dem politischen Selbstmordtrip. Und der Kollateralschaden für seine Partei ist ihm offenbar egal.« Den Vorschlag einiger Konservativer, Abweichler unter den republikanischen Politikern auszumachen und zur Rechenschaft zu ziehen, nannte Kathleen Parker, Kolumnistin der
Washington Post,
einen »Selbstmordpakt«. Der einflussreiche politische Kommentator Stu Rothenberg kam im April 2009 zu dem Schluss: »die Chancen der Republikaner, bei den Zwischenwahlen im Jahr 2010 eine der beiden Kammern zu erobern, sind null. Nicht ›nahezu null.‹. Nicht ›gering‹ oder ›klein‹. Schlicht null.« [5]

Ab in die Tonne? Nein
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