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Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Titel: Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt
Autoren: Thomas Frank
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einem Publikum, das Steaks verschlang und sie mit teurem Wodka hinunterspülte, trafen die harten Fäuste von Spezialisten für Junk-Bonds auf die Kieferknochen von Private Equity Managern, eine sehr anschauliche Darstellung des Urdramas des Kapitalismus.
    Ich erinnere nicht nur wegen all der amüsanten Belanglosigkeiten der Hausse an diesen vergessenen Katalog der Eitelkeiten, sondern weil das Lebensgefühl, das diese Zeitschrift feierte, ganz wesentlich für die Katastrophe war, in die Amerika schlitterte. Diese Plattenspieler und Autos und Privatjets waren nicht nur Ausdruck der Vergeudung an der Spitze der Gesellschaft – sie waren praktisch der einzige Gegenwert, den die Amerikaner für den jahrzehntelangenStaatsabbau erhielten. Fachkräften ging es unter Bush recht gut, Lohnarbeiter rutschten in den Boomjahren immer weiter ab, die Aktienhändler aber deckten sich mit Privatjets ein. Da können die Ökonomen lange abstrakt über Anreize und die Selbstregulierung der Märkte sinnieren – so wirkt sich der Glaube an die Logik der freien Marktwirtschaft im konkreten Leben aus. Diese protzigen Sammlerstücke waren der Auslöser für die ganze Hypothekenkatastrophe, um dieser Prämien willen verloren viele jede Vorsicht, brachen sämtliche Regeln, heuerten Lobbyisten an und schoben am Ende dem nächstbesten unter ihnen die Schuld zu. Nicht um
unser
Wohlergehen ging es ihnen, nein, stets nur um
ihres
.
    Diese Finanzordnung hat es nicht weniger als jene der Dreißigerjahre verdient, der allgemeinen Verachtung anheimzufallen. Sie betete falsche Götter an. Ihr Geschmack war miserabel. Ihre Helden waren Dummköpfe, Rohlinge, Diebe und Rabauken. Und sämtlich waren sie Versager, selbst nach ihren eigenen mickrigen Maßstäben: der »Manager-Präsident« samt seiner »marktorientierten« Regierung ebenso wie die Washingtoner Lobbyisten, die Bundesbehörden, die Privatunternehmen inzwischen als ihre »Kundschaft« ansahen, die verschnarchten Regulierer, die nicht aufwachten, als die Alarmglocken zu schrillen begannen, und natürlich unsere Armada von Hedgefonds-Milliardären, die auf ihren Jachten das Leben genossen und fröhlich auf den Eisberg zusteuerten. All dies hätte mit Fug und Recht den Untergang verdient gehabt.

Verbrechen zahlt sich aus
    Stattdessen kamen die Bailouts. Nachdem Washington sich jahrzehntelang nicht um die Rüpel der Finanzindustrie gekümmert hatte, wurde die Hauptstadt plötzlich aktiv, als offenbar wurde, dass diese Rüpel sich gegenseitig für Billiarden von Dollar brandgefährliche Spekulationsgeschäfte untergeschoben hatten. Im März 2008 machte die US-Notenbank den Weg frei für die Übernahme vonBear Stearns durch JP Morgan. Nachdem man dann im September Lehman Brothers in die Insolvenz hatte gehen lassen und sich an den Finanzmärkten Panik ausbreitete, fingen die Notenbank und das Finanzministerium an, großzügig Bürgschaften auszuteilen. Sie schnürten ein Rettungspaket für AIG, die große Versicherungsgesellschaft, die mit Kreditausfallversicherungen Milliardenverluste erlitten hatte; sie übernahmen die Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac, retteten Geldmarktfonds und organisierten die Notübernahme der riesigen Wachovia-Bank. Und das war nur der Anfang. Nach diesen Aufwärmübungen wandten sie sich an den Kongress und baten um die berühmt-berüchtigte Intervention, die als Troubled Asset Relief Program (TARP) bekannt wurde: Rettungsfonds für alle Banken Amerikas in Höhe von 700 Milliarden Dollar, die der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Goldman Sachs, Finanzminister Hank Paulson, nach Gutdünken verteilen konnte.
    Die Wirtschaft taumelte in den tiefsten Abschwung seit der Weltwirtschaftskrise. Im folgenden Jahr verloren Millionen Menschen ihren Arbeitsplatz, ungezählte Unternehmen gaben auf. Aber die Banken und Maklerfirmen und windigen Risikokapitalgesellschaften, die den zweifelhaften Boom vorangetrieben hatten, der all das ausgelöst hatte –
diese
Unternehmen durfte man nicht in die Pleite gehen lassen. Sie wurden mit neuem Kapital ausgestattet, aufgepäppelt und frisch gebürstet wieder in die Welt hinausgeschickt, damit sie dort weiter die Rolle des Rüpels spielen und allen den Stinkefinger zeigen konnten.
    Beherztes Handeln war sicherlich vonnöten. Aber die finanzielle Rettung hätte auch viele andere Formen annehmen können. Sie hätte die »Zombiebanken« unter Konkursverwaltung stellen und geordnet in die Insolvenz führen können, sodass niemand mit
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