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Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Titel: Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt
Autoren: Thomas Frank
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Buchhaltungstricks davongekommen wäre. Man hätte den gesamten Banksektor zerschlagen und wieder unter strenge Regulierung stellen können, flankiert mit einer Politik der Nulltoleranz für finanzielle Konstrukte, die »zu groß zum Scheitern sind«, um in Zukunft gar nicht mehr erst in Versuchung zu geraten, solche Institutionenzu retten. Doch stattdessen erlaubte unsere Regierung den größten Banken, noch größer zu werden. Sie bot ihnen grenzenlose Garantien, und zwar fast ohne Auflagen – praktisch eine Einladung, sich auf hochriskante Spekulationen einzulassen, konnten sich die Institute doch darauf verlassen, dass der Steuerzahler am Ende für die Verluste geradestehen würde.
    Diese Bailouts gehören zu jenen Momenten, die den Glauben einer ganzen Nation erschüttern können. Die Wall Street hatte mit dem Wohlstand der Welt gezockt, uns an den Rand einer Katastrophe geführt und erhielt nun dafür staatliche Unterstützung in einem Ausmaß, auf das der Normalbürger niemals zählen kann. Wer Waren produziert, entwickelt oder vielleicht auch seinen Lebensunterhalt durch Schreiben verdient hatte, anstatt mit riskanten Finanzprodukten zu jonglieren, der hatte vielleicht bis dahin geglaubt, einen nützlichen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. Finanzminister Hank Paulson und Co. enthüllten nun die Wahrheit: In ganz Amerika gab es nur eine sinnvolle Beschäftigung, und wer sich in einem anderen als dem Finanzsektor tummelte, war bloß ein Dummkopf. Wer darüber hinaus noch nach den Regeln spielte, war schlicht ein Trottel. [∗]
    An die Fairness des Systems zu glauben war einfach naiv. Die erschreckende, doch nicht misszuverstehende Botschaft der Bailouts war, dass die Herren an der Wall Street die Regierung in der Tasche hatten. Zuerst hatten sie die Bankgesetze in grotesker Weise nach ihren eigenen Vorstellungen umgeschrieben. Nachdem sie sich dann selbst in die Klemme gebracht hatten, pfiffen sie einfach Hilfe aus der staatlichen Schatztruhe herbei: unsere Steuergelder. Wie man inzwischen weiß, waren die Bundesbehörden von ehemaligen und zukünftigen Bankmitarbeitern durchsetzt. Ganz Washington, Republikanerebenso wie Demokraten, machte seinen Kotau vor der Ideologie der Selbstbedienung, die an der Wall Street herrschte. Es konnte einen schon der Ekel packen, ganz so, als wäre plötzlich herausgekommen, dass die CIA Kennedy ermordet hatte oder dass Eisenhower in Wahrheit ein kommunistischer Agent gewesen war.

Das populistische Moment
    Es mag nicht jedem gefallen, wie ich mich ausdrücke, an den Fakten jedoch lässt sich kaum etwas deuteln. Die meisten seriösen Analysen über den Crash des Jahres 2008 zählen die Deregulierung, die Boni und den blinden Glauben an die freie Marktwirtschaft zu den zentralen Faktoren bei der Entstehung der Blase. Wenn ich all dies hier wiederhole, dann deshalb, weil nach der Logik der schlechten Zeiten – beziehungsweise nach der Logik überhaupt – der Crash von 2008 dasselbe Szenario hätte auslösen müssen wie die Ereignisse von 1929–1932. Und tatsächlich schien es eine Weile so, als würden sich die Dinge unausweichlich nach dem Strickmuster der Weltwirtschaftskrise entwickeln. Die Helden der Finanzwelt waren auf einmal die Buhmänner der Nation, und mit ihnen die Politiker, die ihre Freunde herauspaukten. Der Zorn flammte jedes Mal von Neuem auf, wenn wir von Bankern hörten, die immer noch dem Luxusleben frönten.
    Im Oktober 2008 waren es die königlichen Abfindungen, die sich Manager noch nach den Bailouts gönnten. Im November erfuhr man, dass die Manager der Automobilbranche in Privatjets nach Washington flogen, um dort ihre Rettung zu erbetteln. Im Januar 2009 war zu lesen, dass der Vorstandsvorsitzende von Merrill Lynch verschwenderische Boni verteilen ließ, obwohl das Unternehmen vor dem Ruin stand. So ganz nebenbei hatte er auch noch rasch mal eine Million Dollar für die Neugestaltung seines Büros ausgegeben. Im März zog der Komiker Jon Stewart das Wirtschaftsnachrichtennetzwerk CNBC wegen seiner unkritischen Haltung zu den Wirtschaftsbossenund seinem unbegründeten Vertrauen in die Aktienmärkte durch den Kakao.
    In der Politik machte die Wirtschaftskrise von 2008 die Erfolgsaussichten des republikanischen Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen dieses Jahres, Senator John McCain aus Arizona, zunichte, der das Pech hatte, jene Partei zu vertreten, die schon sieben Jahre an der Regierung gewesen war. Vor dem Hintergrund fallender Aktienkurse
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