Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Titel: Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt
Autoren: Thomas Frank
Vom Netzwerk:
jeder Leitartikel über die Geschäftemacherei mit Überbrückungskrediten, jede Empörung darüber, dass sich der Reichtum in den Händen von immer weniger Personen konzentriert. Hätte man die Junganarchisten der Welt zu einem großen internationalen Kongress zusammengetrommelt und sie aufgefordert, sich die ideale Krise auszumalen, sie hätten die Marktwirtschaft nicht besser in Misskredit bringen können als mit dem Crash des Jahres 2008.

Teure Stinkefinger
    Angefangen hat alles mit Präsident George W. Bush, dessen Glaube an die herrschende ökonomische Lehre so fest und unerschütterlich war, wie man sich das bei einem Regierungschef nur vorstellen kann. Diese Überzeugung erstreckte sich allerdings über die politischen Lager, man sang ihr Loblied fröhlich von der Kommentarseite der
Washington Post
bis in die Publikationen des Cato Institute. Die heilige Dreifaltigkeit von Deregulierung, Privatisierung und Freihandel galt als der allseits akzeptierte politische Auftrag dieser Zeit, und höchstens einige Protestler und »Maschinenstürmer» bezweifelten ihre wohltuenden Effekte im Finanzsektor.
    Mit den Jahren verbündeten sich visionäre, technikaffine Demokraten und gestrenge, patriarchalische Republikaner, um die Bankenregulierung zu umgehen und die Überwachungsbehörden auszuschalten. Zum frischen Wind, den ihnen die Geschichte in die Segel blies, kam eine kräftige Brise Dollar aus dem privaten Sektor, sodass im edlen Geist der Überparteilichkeit 1999 die Reste der landesweit gültigen Bankengesetze geschleift werden konnten. Wo doch noch marktunfreundliche Gesetze in Geltung waren, schaute man nicht so genau hin und nahm es mit der Durchsetzung nicht so ernst. Eine aufgeklärte Regierung ging in unseren fortschrittlichen Zeiten eben davon aus, dass die Wirtschaft sich freiwillig Grenzen setzt. Schon aus reinem Selbstinteresse, so die Überzeugung, verhielten sich Banken fair und sorgten Ölgesellschaften für Sicherheit bei ihren Bohrungen. Das waren Prinzipien, denen beinahe jedermann zustimmte.
    Mancher wird sich sicher noch daran erinnern, mit welcher Selbstgefälligkeit und Herablassung dieser Katechismus der freien Marktwirtschaft gepredigt wurde. Ein Beispiel dafür ist die folgende denkwürdige Passage aus einer Ausgabe der
Time
des Jahres 1999, die auf dem Cover Alan Greenspan, Robert Rubin und Larry Summers als »Komitee zur Rettung der Welt« feierte. Ganz nüchtern konstatierte das Magazin, Rubin, Greenspan und Summers seien »über jede Ideologie hinausgewachsen«. Im Klartext meinte dies ihren unerschütterlichen »Glauben an den Markt und in ihre Fähigkeiten, ihn zu analysieren«. Dieser Glaube jenseits aller Ideologie »rückt sie in die Nähe der objektivistischen Philosophie der Romanautorin und Sozialkritikerin Ayn Rand … Während langer Abende in Rands Wohnung und durch die Lektüre ihrer Artikel und Briefe erschloss sich Greenspan der Kerngedanke des Objektivismus, demzufolge der Markt der Ausdruck der tiefsten Wahrheit der menschlichen Natur ist und infolgedessen immer recht behält.«
    Mit dieser im glühenden Feuer des Objektivismus gestählten Zuversicht war Greenspan bestens gerüstet, seine beiden Kollegen und diegesamte Nation in eine leuchtende Zukunft zu führen. Alle drei »stimmen überein, dass es keinerlei Sinn hat, sich den Kräften des globalen Marktes zu widersetzen. Damit ist ihr Handeln weitgehend frei von Ideologie.« [1]
    Das Credo des freien Markts jenseits jeder Ideologie klingt heute wie die krudeste Ideologie überhaupt. Doch während der gesamten Achtziger- und Neunzigerjahre und auch noch im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends pfiffen unsere Führer fröhlich dieses Lied und klopften sich gegenseitig dafür auf die Schultern, dass sie endlich den Stein der Weisen gefunden hatten. Das waren die goldenen Jahre des Libertarismus, eine Zeit, in der unsere selbst ernannten Vordenker sich darüber einig waren, dass der Staat sich am besten aus allem heraushält und ganz der Rationalität des Marktes vertraut. Unterdessen schickte sich die amerikanische Finanzindustrie an, die ganze Welt nach Strich und Faden zu betrügen, bis sie am Rand eines Abgrunds stand. Was Amerika am Ende in Schwierigkeiten brachte, waren gerade jene Aspekte der Wirtschaftspraktiken, die unsere klugen Köpfe am meisten bewundert hatten – die finanzielle Innovation und die Risikobereitschaft, die in jenen Tagen so gern als Amerikas herausragende Tugenden gepriesen wurden.
    Nein,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher