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Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt

Titel: Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt
Autoren: Thomas Frank
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den Rest der Regierungsmaschinerie in die Hände bekommt. Es ist die gleiche alte Abrisstruppe wie ihre Vorgänger, natürlich, nur dass sie bei ihrer Demontage jetzt auch noch mit prahlerischer, aggressiver Unverfrorenheit zu Werke geht. Einen Vorgeschmack davon bekamen wir, als sie 2010 das Repräsentantenhaus zurückeroberte – im Namen der Bürger, die über das Wirtschaftsdebakel empört waren, wie man sich erinnert – und sofort auf die Börsenaufsichtsbehörde losging, deren Aufgabe es ist, krumme Geschäfte an der Wall Street zu verhindern. Sie belegten die einzige große volksfreundliche Innovation der Regierung Obama – das brandneue
Consumer Financial Protection Bureau,
eine Verbraucherschutzbehörde für Finanzkunden – mit Sperrfeuer, behinderten auf jede nur erdenkliche Weise ihre Arbeit und versuchten ihr die Finanzierung zu entziehen. Und während der Krise um die Erhöhung der Schuldenobergrenze 2011 schafften sie es beinahe, das gigantische Zugunglück zu verursachen, von dem sie immer schon behauptet haben, wir hätten es verdient.
    Wenn sie die Chance erhalten würden, die Regierung der komplexesten Volkswirtschaft der Erde zu übernehmen, würden sie unverzüglich auf die Ausgabenbremse treten und die Aufsichtsfunktion des Staates herunterfahren. Wollen wir uns die Konsequenzen überhaupt ausmalen? Den Grad an Verzweiflung, in die das Land stürzen würde, wenn sie die Staatsausgaben trotz einer schon jetzt nach mehr Nachfrage lechzenden Wirtschaft drosseln würden? Die Betrugsorgie, die sogleich an der Wall Street losbrechen würde?
    Das alles wäre so gut wie sicher. Und während die Nation durch Schwefeldämpfe in den Abgrund namens Utopia poltert, werden die Marktgläubigen auf neue Ideen kommen. Nur allzu bald werden sie feststellen, dass gewisse, einst unstrittige Staatszweige umgehend amputiert werden müssen. Eines schönen Tages in naher Zukunft wird ihnen beispielsweise dämmern, dass der Einlagensicherungsfonds FDIC auch nur Bailouts austeilt, wenn auch unter anderem Namen, und dass ihr fauler Nachbar genauso wenig sein Geld zurückkriegen sollte, wenn seine Bank pleitegeht, wie als der Immobilienmarkt zusammenbrach. Was sind Fernstraßen und Nationalparks anderes, so werden sie fragen, als verschwenderische Subventionen für Schmarotzer, die nicht bezahlen wollen, was sie nutzen? Was ist Katastrophenhilfe anderes als der unverschämte Anspruch von Versagern, die es nicht geschafft haben, sich vor einem Wirbelsturm in Sicherheit zu bringen? Und nachdem die öffentlichen Schulen schon seit Jahrzehnten mit dem Vorwurf bombardiert werden, einen schleichenden Säkularismus zu verbreiten, wird es nicht mehr lange dauern, bis unseren Verantwortlichen die Galle überläuft bei dem Gedanken, dass die Kinder der Armen das alles auch noch umsonst bekommen.
    Die öffentliche Rentenversicherung wäre natürlich eine der ersten Institutionen, die auf dem Müllhaufen der Geschichte landen würde, wenn ihnen erst einmal richtig ins Bewusstsein tritt, wie ungerecht es ist, die Schwachen zu schützen. Warum soll die Gesellschaft für die Rente von Leuten aufkommen, die so unverantwortlich sind, sich nicht mit Krügerrand einzudecken? Die ältere Generationhatte ihr Rendezvous mit dem Schicksaal, wie Franklin D. Roosevelt es ausdrückte, und bald wird es Amerikas Klassenkampf-Populisten einfallen, dass all die lahmarschigen Tagediebe und Senioren-Parasiten auch so ein Rendezvous haben sollten – sprich: einen Termin beim Personalchef des nächsten Supermarkts.
    Sämtliche Probleme, über die heute in den Zeitungen berichtet wird, werden natürlich noch schlimmer werden: soziale Ungleichheit, Erderwärmung, Finanzblasen. Doch Amerika wird dennoch immer so weitermachen und einem Traum nachjagen, der lebendiger ist als das Leben selbst, auf in ein brodelndes Arkadien, wo jeder gegen jeden antritt.

DANKSAGUNG
    Als ich mit der Arbeit an
Arme Milliardäre
begann, lag mir jede geografische Festlegung fern, doch als ich fertig war, stellte ich zu meiner eigenen Überraschung fest, dass nicht nur viele der von mir geschilderten Episoden in Washington State spielten, sondern in dem Buch auch zahlreiche Söhne und Töchter der nordwestlichen Pazifikküste vorkommen. Ich habe dafür keine Erklärung parat, außer dass mir die Idee zu diesem Buch im Sommer 2009 kam, als ich auf der Washington State Route 112 hinaus nach Cape Flattery fuhr – zum Ende der Welt sozusagen – und dabei im Autoradio verfolgte,
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