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Wasdunkelbleibt

Wasdunkelbleibt

Titel: Wasdunkelbleibt
Autoren: Gmeiner-Verlag
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    rekinom trieb sich seit einigen Monaten in Chatrooms herum. Er schwirrte durchs Internet auf der Suche nach Dv 0 ttny. Fragte hier und da und verwischte anschließend seine Spuren. Von Dv 0 ttnys Genialität und Unabhängigkeit fasziniert, glitt er umher. Er war vorsichtig. Man könnte ihn auch fantasielos nennen.
    Dv 0 ttny öffnete sich nur sehr wenigen. Das stellte rekinom schnell fest. Nur wenigen gab Dv 0 ttny preis, womit er sich beschäftigte. Das war einer der Gründe, warum rekinom ihn gewählt hatte. Diese Unnahbarkeit, verbunden mit einem gewissen Talent. rekinom neidete ihm beides.
    Es lag nur an ihr . Sie trieb ihn so weit. rekinom hatte Zeit seines Lebens nicht nach Glück gestrebt. Eher nach Gemütlichkeit. Nach Ruhe und einem friedlichen Leben. Er kam mit dem Job klar, wenngleich er kein großes Licht war. Eigentlich kam er mit den meisten Menschen und Ereignissen klar. Man nannte ihn einen verträglichen Typen. Er war nicht kompliziert. Er machte sich einfach nicht so viel aus den Dingen. Nichts ging ihm wirklich nah.
    Das Internet hatte ihn nie fasziniert. Obwohl er gut programmierte und eine Ahnung von der Technologie besaß, die ausreichte, um ihn zu ernähren, fand er die Cyberwelt nicht interessant. Die Technik schon. Alles andere, Social Media und der ganze Quark, diese Vernetzung von Leuten, die meinten, sie kämen einander auf diese Weise nah, sagten ihm nichts. Datennetze stellten für ihn einfach ein Wissensgebiet dar, auf dem er tätig war.
    Von seiner Zukunft hatte er bis vor einem Jahr im Prinzip nichts weiter erwartet. Alles könnte seiner Meinung nach so weitergehen wie immer. Die Befriedigung, die sein Job ihm brachte, hatte ihm genügt. Dann war die Frau aufgetaucht.
    Sex wurde zur Sucht. Das war ihm neu. Frauen fanden ihn für gewöhnlich nicht attraktiv. Er war nur ein Mann mit einem Schwanz. Ansonsten einer, den man schnell wieder vergaß.
    Sie war anders. Mit ihr war alles neu. Aufregend. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er den Eindruck, etwas Besonderes würde vielleicht auch für ihn bereitstehen.
    Glück?
    rekinom wusste es nicht. Alles, was er wusste, war, dass er bislang keine Frau kennengelernt hatte, die sexuell dermaßen aktiv war. Selbstverständlich durfte er dem in nichts nachstehen. Zunächst war das kein Problem. In den ersten Monaten war er genauso unersättlich wie sie. Er hatte fast zwanzig Jahre ohne Beziehung gelebt. Plötzlich geriet er an eine Frau, die Sexpartys gab! Klar, dass sein Körper sich überschlug.
    Dass sie kein Gesicht besaß, bemerkte er erst später. Zu spät womöglich. Deswegen hatte er seinen Plan geschmiedet. Die Ghostwriterin und ein paar andere Leute spielten eine Rolle. Nero zum Beispiel. Der blendende Ermittler! Der Überflieger unter den Polizisten!
    rekinom verzog das Gesicht. Sie hatte ihn angestiftet.
    Ihre ständigen Forderungen, die Einladungen und Besuche im Swingerclub, überforderten ihn. Sie schenkte ihm Aftershave in rauen Mengen. Stank er?
    Sie hatte Geld. Sie konnte das alles bezahlen. Nicht nur das Rasierwasser, sondern auch die Sonderwünsche. Anfangs fand er Swingerclubs bescheuert. Sein Appetit konzentrierte sich allein auf sie , aber dann stellte er fest, dass es andere Frauen gab, die er betören konnte, wenn es darauf ankam. Aus Trotz, das mochte schon sein, wenn er sie mit einem anderen in einer Hängematte verschwinden sah. Welcher Mann wollte das auf sich sitzen lassen?
    Er nahm Tabletten. So war das heutzutage. Er musste die Frauen nicht rumkriegen. Sie wollten ihn. Von ihr hatte er ein paar Tricks gelernt. Sie hatte ihm beigebracht, warum er einer Frau das Haar kraulen und die Stirn küssen musste, ehe er sie unterwarf. Es gab ein paar ganz einfache Griffe, die bei allen funktionierten. Das hätte er sich nie so vorgestellt.
    Letztlich ging es nicht um Sex. Es ging darum, dass er zu seinem alten Leben zurückwollte. Was er sich nicht so richtig eingestand. Und was sie ihm nicht gestattete.
    Sie hatte geerbt. Sie kaufte Champagner. Mit Prosecco gab sie sich nicht ab. Wenn er abends heimkam und nach einem Bier lechzte, mixte sie ihm komplizierte Drinks in unanständigen Farben.
    In seiner Wohnung türmten sich Kataloge. Blöde Uhren, beknackte Möbel. Anders konnte er es nicht sagen. Sie fand sein Zuhause spießig. Er kam aus einer beige-braunen, cordsamtenen Beamtenfamilie. Er hatte eine wie sie nicht verdient. Das war es, was sie ihm zu verstehen gab. In genau bemessenen Dosen. Die wurden mehr und
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