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ARALORN - Der Verrat (German Edition)

ARALORN - Der Verrat (German Edition)

Titel: ARALORN - Der Verrat (German Edition)
Autoren: Patricia Briggs
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könnte der Doppelgänger von dem sein, der in der Schlacht am Valner-Pass tot unter dem Löwen zusammenbrach.«
    Aralorn nickte. »Das Vatertier meines Pferdes starb am Valner-Pass«, sagte sie. »Vor vierzehn Jahren.«
    Der Räuber zog einen verblichenen grünen Stofffetzen hervor, packte Schimmers Kandare und befestigte das dünne Band am Zaumzeug. »Damit werdet Ihr ungehindert an meinen Männern vorbeikommen. Nehmt es nicht ab, bevor Ihr die ›Herberge zum fahrenden Gesellen‹ erreicht – Ihr kennt sie?«
    Aralorn nickte, wendete bereits die Pferde, hielt dann jedoch inne. »Richtet Eurer Frau aus, dass sie vorzüglichen Käse macht – und nehmt einen kleinen Rat von mir an: Lasst sie Eure Räuberkluft nicht mit dem gleichen Stoff ausbessern wie ihre Schürze. Gut möglich, dass ich nicht die Einzige bin, der so was auffällt.«
    Verdutzt schaute der Räuber auf den gelb-grünen Flicken hinunter, der sein rechtes Knie bedeckte.
    Sanft setzte Aralorn hinzu: »Es ist bestimmt nicht einfach für eine Frau, die Kinder allein aufzuziehen.«
    Sie konnte ihm ansehen, dass er seine Entscheidung, sie nicht zu töten, überdachte. Etwas, das er nicht getan hätte, hätte sie nur die Klappe gehalten; aber sie konnte sich noch zu gut an die walnussbraunen Augen des kleinen Hosenmatzes erinnern, der an der knallbunten Schürze seiner Mutter gehangen hatte. Er hätte auf dieser Welt wahrscheinlich wenig zu lachen ohne einen Vater, der ihn vor Leid und Unheil beschützte, und Aralorn hatte nun mal eine Schwäche für Kinder.
    »Ihr seid ein verständiger Mann, wie mir scheint«, fuhr sie fort. »Hätte ich gewollt, dass Ihr gefasst werdet, wäre ich zu Lord Larmund gegangen, dessen Provinz dies hier ist, und hätte ihm erzählt, was ich gesehen hab – anstatt Euch einen wohlmeinenden Ratschlag zu geben.«
    Zögerlich entfernte sich seine Hand vom Knauf des kleinen Schwertes, doch Aralorn konnte in der Nähe ein Knarzen hören, das ihr verriet, dass irgendjemand eine gespannte Armbrust schussbereit hielt. »Ich werd’s ihr sagen.«
    Aralorn stupste Schimmer mit den Knien an und ließ die Wegelagerer hinter sich.
    Spät in dieser Nacht überquerte sie den ersten Bergpass, und am darauffolgenden Nachmittag den zweiten und letzten Pass vor Lammfeste.
    Je nördlicher sie kam, desto tiefer wurde der Schnee. Aralorn wechselte ein ums andere Mal das Pferd, dennoch hatte Schimmer die meiste Arbeit, da er zum Durchbrechen der verharschten, knietiefen Verwehungen schlichtweg am besten taugte. Doch nach und nach, während über dem höchsten Punkt des Passes das Licht des neuen Tages heraufzog, neigte sich der Bergpfad wieder talwärts, und der Schnee wurde weniger. Müde schaukelte Aralorn im Sattel hin und her. Es war kein Zwei-Stunden-Ritt mehr bis Lammfeste, aber sie und die Pferde brauchten vorher auf jeden Fall noch eine Rast.
    Die Straße führte an einem weiteren kleinen Dorf mit einer Herberge vorbei. Aralorn saß ab und führte ihre erschöpften Pferde zum Stallhof.
    Wenn der Stallknecht sich über die Ankunft eines Gasts am frühen Morgen wunderte, so ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. Er erhob keine Einwände, als Aralorn ihm die Zügel des Rotschimmels in die Hand drückte und es selbst übernahm, sich um Schimmer zu kümmern. Das treue Schlachtross war keineswegs so wild, als dass es nicht ein Fremder hätte versorgen können, aber Aralorn hatte es sich angewöhnt, diese Aufgabe persönlich zu übernehmen, wenn sie von Unruhe geplagt war. Bevor sie ihr Sattel- und Zaumzeug verstaute, löste sie das Band von Schimmers Kandare. Dann ließ sie die Pferde behaglich dösend zurück und betrat durch die Stalltür die Herberge.
    Der Gastwirt, den sie in der Küche antraf, war nicht derselbe Mann, an den sie sich von ihrem letzten Besuch her erinnerte, doch das Zimmer, in das er sie führte, war anheimelnd und sauber. Als sie endlich allein war, schloss sie die Tür, zog ihre Stiefel und Reithosen aus und kroch unter die wohlriechende Bettdecke. Zu müde, zu abgestumpft, um sich wie in den letzten paar Wochen vor dem Schlafen zu fürchten, gab sie sich dem Vergessen hin.
    Der Traum setzte sanft ein. Aralorn wanderte durch einen Gang in der Burg des ae’Magi. Der Korridor sah genauso aus wie beim letzten Mal – damals, in jener Nacht, als der ae’Magi gestorben war.
    Die bedrohliche Treppe ragte aus der Dunkelheit empor. Aralorn legte ihre Hand an die Wand und nahm die nach unten führenden Stufen, auch wenn es hier
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