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ARALORN - Der Verrat (German Edition)

ARALORN - Der Verrat (German Edition)

Titel: ARALORN - Der Verrat (German Edition)
Autoren: Patricia Briggs
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den Augen, als Aralorn an jene letzte Nacht auf Lammfeste zurückdachte. Sie musste abermals schlucken; der Gram, den sie während der Heimreise unterdrückt hatte, machte sich bemerkbar.
    »Vater.« Sie flüsterte dem stillen Wald ihr Flehen zu, doch es kam keine Antwort.
    Schließlich gab sie Schimmer das Zeichen weiterzugehen, und im Schritttempo ritten sie um die Mauer herum, bis sie das Burgtor erreichten.
    »Heda! Tor!«, rief sie forsch.
    »Wer?«, erscholl eine halb vertraute Stimme von oben.
    Aralorn hob blinzelnd den Blick, aber der Mann stand mit dem Rücken zur Sonne, und sein Gesicht war nicht zu erkennen.
    »Aralorn, Tochter Henricks, des Löwen von Lammfeste«, gab sie zurück.
    Er gab ein Zeichen nach hinten. Im nächsten Moment öffneten sich ächzend und protestierend die Tore, und es wurde das eiserne Fallgitter hochgezogen. Schimmer schnaubte und setzte sich ohne Eile wieder in Bewegung, gefolgt von dem Rotschimmel hinter ihm. Mit gemischten Gefühlen ließ Aralorn ihren Blick durch den Innenhof schweifen, registrierte die Unterschiede, die ein Jahrzehnt ausmachte. Die »neuen« Lagerschuppen waren verwittert, und einige weitere waren während ihrer Abwesenheit hinzugekommen. Mehrere alte Gebäude standen nicht mehr. Sie erinnerte sich an Lammfeste als einen Ort, an dem es immer nur so gewimmelt hatte vor geschäftigen Menschen, doch jetzt war der Hof fast verwaist.
    »Darf ich Euch Euer Pferd abnehmen, Lady?«
    Vorsichtig hatte sich ihr der mit den Tücken von Schlachtrössern vertraute Stallmeister genähert.
    Aralorn saß ab und nahm ihre Satteltaschen an sich, warf sie sich über die Schulter und übergab dem Stallmeister sodann die Zügel beider Pferde. »Der Rote ist ein bisschen schreckhaft.«
    »Danke, Lady.«
    Weder seinen Worten noch seinem Gesichtsausdruck nach schien der Stallmeister in besonderem Maße verwundert über eine »Lady« zu sein, die in abgerissenen Kleidern herumlief, welche sie offenbar eher aus praktischen denn aus optischen Gründen ausgesucht hatte. Im Übrigen haftete ihnen der Geruch der langen Reise inzwischen deutlich an.
    Nachdem sie die Tiere gut versorgt wusste, lenkte sie ihre Schritte hinüber zur eigentlichen Burg.
    »Aralorn, warte.«
    Es war wieder die Stimme des Mannes an der Mauer. Sie wandte sich um und konnte jetzt deutlich sein Gesicht sehen.
    Die Jahre hatten ihn größer und kräftiger werden lassen, bis er beinahe so stattlich war wie ihrer beider Vater. Seine Stimme klang jetzt auch tiefer und rauer, ganz so wie die eines Mannes, der andere in einer Schlacht befehligte; sie hatte sich gerade so viel verändert, dass Aralorn sie nicht auf der Stelle erkannt hatte. Falhart war einige Jahre älter als sie, der einzige illegitime Abkömmling des Löwen. Er war es gewesen, der seinerzeit damit begonnen hatte, sie im Waffenkampf auszubilden – weil die kleine Schwester, wie er ihr damals erklärt hatte, ein gutes Übungsziel darstellte.
    »Falhart«, sagte sie. Abermals verschleierte sich ihre Sicht, als sie einen raschen Schritt auf ihn zumachte.
    Falhart grunzte und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Gekränkt blieb Aralorn stehen, nahm die gleiche Pose ein und wartete, dass er sprach.
    »Zehn Jahre sind eine lange Zeit, Aralorn. Ist Sianim so weit, dass du uns nicht besuchen konntest?«
    Aralorn erwiderte seinen Blick. »Ich hab fast jeden Monat geschrieben.« Sie machte eine Pause, um den entschuldigenden Ton aus ihrer Stimme zu verbannen. »Ich gehöre nicht hierher, Hart. Nicht mehr.«
    Seine schwarzen Augenbrauen hoben sich bis knapp an sein ziegelrotes Haar. »Dies ist dein Zuhause – natürlich gehörst du hierher. Irrenna hat in deinem Zimmer alles so gelassen, wie es war, hat immer gehofft, du würdest mal vorbeischauen. Bei Allyns Leinkraut, man könnte glauben, wir wären Darraner, so wie du –« Jäh unterbrach er sich, als er ihr Gesicht näher betrachtete. Für einen Moment sackte ihm die Kinnlade herab, dann sagte er mit einer vollkommen anderen Stimme: »Das ist es, nicht wahr? Es ist wegen Nevyn, oder? Vater hatte es ja immer vermutet, aber ich hätte nicht gedacht, dass du dir die halb verrückten Vorurteile eines kleinen Darranerlords so zu Herzen nehmen würdest.«
    Aralorn lächelte reumütig und nicht länger gekränkt; Wut und nicht Zurückweisung war der Grund für Falharts ablehnende Haltung gewesen. »Es ist zwar ein bisschen komplizierter, aber Nevyn ist sicherlich der Hauptgrund, warum ich nicht zurückgekommen
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