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ARALORN - Der Verrat (German Edition)

ARALORN - Der Verrat (German Edition)

Titel: ARALORN - Der Verrat (German Edition)
Autoren: Patricia Briggs
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gewesen war, sprach leise, ohne Missachtung oder Achtung.
    Der ae’Magi lächelte und ging zu seinem Sohn hinüber, streichelte sein Gesicht mit der Hand, die immer noch das blutige Messer hielt. Etwas in Aralorn verkrampfte sich beim Anblick dieser Liebkosung. Details, die Wolf ihr erzählt hatte, fügten sich zusammen mit der Lüsternheit der Geste des Erzmagiers.
    »Ganz wie du willst«, sagte der Zauberer sanft. »Dann werde ich es umso mehr genießen.«
    Rasende Wut wallte in ihr auf, zusammen mit dem Hass auf einen Mann, von dem sie wusste, dass er tot war. Sie machte einen Schritt nach vorn, als könnte sie tatsächlich längst vergangene Geschehnisse ändern, und die Szene wechselte erneut.
    Der Junge stand nun auf der Turmbrüstung; über ihm am Himmel tobte ein heftiger Sturm. Er war jetzt noch älter, von der Größe eines Mannes, obschon seine schmalen Schultern noch immer den Jüngling verrieten. Kalter Regen prasselte auf ihn herab, und Wolf zitterte.
    »Macht, Cain. Das ist Macht. Wünscht du sie dir nicht?«
    Langsam hob der Junge seine Arme, den Sturm zu umfangen.
    Aber da war er wieder – der Eindruck, dass hier irgendwas nicht stimmte. Aralorn nutzte ihre in der Naturordnung begründete Magie, um das Bild zurechtzurücken. Sie besaß nicht mehr Magie als eine durchschnittliche Kräuterhexe, aber sie schien ihren Zweck zu erfüllen. Wieder veränderte sich auf subtile Weise die Szene, als würde ein Fernglas auf die richtige Schärfe eingestellt.
    »Macht, Cain, das ist Macht. Wünscht du sie dir nicht?«
    »Sie kommt zu schnell, Vater. Ich kann sie nicht kontrollieren.« Wolf sprach die Worte ohne jede Dringlichkeit.
    »Ich werde die Magie kontrollieren.« Als Wolf keine Anstalten machte, sich zu rühren, senkte sich die Stimme des ae’Magi zu einem bedrohlichen Flüstern. »Ich kann dir versichern, die Alternative würde dir nicht gefallen.«
    Sogar in der sturmverdunkelten Nacht konnte Aralorn Wolfs erbleichendes Gesicht erkennen, auch wenn der Ausdruck darauf unverändert blieb. »Also gut.« Es war etwas Ruhiges und Entschlossenes in seiner Stimme, das Aralorn stutzen ließ. Etwas, das nur jemand wahrgenommen hätte, der ihn gut kannte.
    Wolf neigte den Kopf, und Aralorn war sich der Magieströme bewusst, die er in diesem Moment ansaugte. Der Erzmagier schloss die Hände um die Schultern seinen Sohnes; Wolf fuhr bei der Berührung leicht zusammen, ließ dann aber seine Macht auf den Vater überströmen. Ein Blitz zuckte auf, und die Magie, die er in sich vereinte, verdoppelte, verdreifachte sich im Nu. Langsam hob Wolf seine Arme, und ein weiteres Mal flammte ein Blitz auf und traf ihn direkt in die Brust.
    Er hat ihn mit voller Absicht auf sich gelenkt, dachte Aralorn fassungslos. Wäre er ganz und gar menschlich gewesen, wäre er daran gestorben, und sein Vater mit ihm. Für einen Grünmagier jedoch, in dessen Adern das Blut eines älteren Volkes floss, bargen Blitze vielmehr Magie denn den Tod – aber das konnte er nicht wissen. Er wusste nicht, was seine Mutter gewesen war, nicht damals zu jenem Zeitpunkt.
    Einen Augenblick lang standen beide vollkommen unbewegt da, das Einzige, das sich regte, war die von Wolf gesammelte geräusch- und formlose Kraft; dann explodierte ein Stein zu Trümmern, gefolgt von noch einem und noch einem. Im nächsten Moment erglühten die zersprungenen Granitbrocken mit der Hitze unkontrolliert entfesselter wilder Magie. Aralorn vermochte nicht zu sagen, ob Wolf überhaupt versuchte, die Magie zu beherrschen, indessen der ae’Magi einige Schritte zurückgewichen war und in dem Bemühen, den Lauf der Dinge aufzuhalten, hektisch gestikulierte. Die flammenzüngelnde Lohe verbannte die Schatten. Aralorn sah, dass Wolf lächelte …
    Direkt vor Wolf zerplatzte ein weiterer Stein unter der großen Hitze. »Nein!«, schrie der ae’Magi, als der geschmolzene Fels seinem Sohn ins Gesicht spritzte. Wolf brüllte auf, ein Geräusch, das sich in dem ohrenbetäubenden Krachen zerberstenden Gemäuers verlor.
    Der ae’Magi wirkte einen Zauber, schöpfte dazu aus eben der Magie, die für diese Verwüstung verantwortlich war.
    Ein Schutzzauber, dachte Aralorn, als ein Mauerstein von einer Zinne herabstürzte und von der unsichtbaren Barriere abprallte, die den über seinem bewusstlosen Sohn knienden ae’Magi umgab.
    »Ich werde die Macht nicht verlieren. Du sollst mir heute nicht entkommen.«
    Die Szene verblasste, und Aralorn fand sich abermals in dem Korridor wieder,
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