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ARALORN - Der Verrat (German Edition)

ARALORN - Der Verrat (German Edition)

Titel: ARALORN - Der Verrat (German Edition)
Autoren: Patricia Briggs
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doch sie war nicht allein.
    Der ae’Magi trat vor sie hin und runzelte die Stirn. »Wie hast du …« Seine Stimme verstummte, und sein Gesicht wurde wie in einem Krampf von einem so starken Gefühl verzerrt, dass sie nicht einmal zu sagen vermochte, was genau es war. »Du liebst ihn?«
    Auch wenn seine Stimme nicht laut war, wurde sie brüchiger und misstönender, bis sie nicht mehr die Stimme des Erzmagiers war. Obwohl sie irgendwie vertraut schien; angestrengt versuchte sich Aralorn zu erinnern, wem sie gehörte. »Wer bist du?«, fragte sie.
    Doch die Gestalt des ae’Magi zerrann, ebenso wie der Korridor, schwand dahin in eine uralte Schwärze, die nach ihr zu greifen begann. Sie schrie und …
    … erwachte.
    Mit pochendem Herzen lauschte Aralorn auf die gedämpften Laute in der Herberge. Nachdem keine eiligen Fußtritte zu hören waren, nahm sie an, dass sie nicht laut geschrien hatte. Dies war kein Ort, an dem man ein solches Geräusch mit einem Schulterzucken abgetan hätte. Sie setzte sich auf und versuchte die Nachwirkungen des Albtraums abzuschütteln, doch das Grauen über die Furcht erregende hungrige Leere blieb. Also konnte sie auch genauso gut aufstehen.
    Die Albträume hatten angefangen, als Wolf vor ein paar Wochen abgetaucht war. Albträume waren durchaus nichts Ungewöhnliches, wenn man seinen Lebensunterhalt als Söldner bestritt, aber diese hörten und hörten nicht auf. Träume, im Verlies des ae’Magi gefangen zu sein, außerstande dem Schmerz oder der Stimme zu entfliehen, die sie immer und immer wieder fragte »Wo ist Cain? Wo ist mein Sohn?«. Aber dieser letzte Traum war anders gewesen … er war mehr gewesen als ein Traum.
    Nachdenklich zog sie sich an. Die Mysterien, mit denen man im Schlaf konfrontiert wurde, einfach so hinzunehmen, das war das Geschenk an jeden Träumenden. Doch jetzt, da sie wach war, kamen die Fragen.
    Es hatte sich so real angefühlt. Wäre der ae’Magi noch am Leben, hätte sie das Ganze ohne zu zögern auf einen Anschlag von ihm zurückgeführt – eine kleine Boshaftigkeit, um sie an Wolf zweifeln zu lassen und ihr das Leben noch ein bisschen schwerer zu machen, als es ohnehin schon war. Ein Anschlag, der bloß deshalb daneben gegangen war, weil auch sie ein wenig Magie in der Trickkiste hatte, auf die sie im Bedarfsfall zurückgreifen konnte.
    Aber der ae’Magi war tot, und sie konnte sich nicht vorstellen, wer außer ihm noch Kenntnis von den intimen Details aus Wolfs Kindheit besaß – von Dingen, die nicht einmal sie mit Sicherheit gewusst hatte.
    Es war ein Traum, entschied sie, während sie sich nach draußen zu den Ställen begab. Nur ein Traum.

2
    Der Pfad nach Lammfeste war unter dem Schnee kaum zu erkennen, aber Aralorn hätte ihm mit verbundenen Augen folgen können, auch wenn sie seit zehn Jahren nicht mehr hier gewesen war.
    Als Schimmer die letzte Anhöhe erklomm, verlagerte Aralorn ihr Gewicht in dem Sattel nach hinten. Der Hengst senkte daraufhin seine gewölbte Stirn zu Boden und kam rutschend zum Stehen. Indigniert warf der rotbraune Wallach den Kopf hoch, als seine Marschroute in Schimmers Kielwasser ihn zu einem gleichermaßen abrupten Halt zwang.
    Oben am Bergfried wehte auf Halbmast das schmückende Banner mit dem roten Löwen ihres Vaters, welches die Anwesenheit des Lords in der Burg signalisierte. Darüber flatterte eine kleinere rote Fahne.
    Aralorn schluckte und tätschelte Schimmers mächtigen grauen Hals. »Du wirst alt, mein Guter. Vielleicht sollte ich dich für die Zucht hierlassen und sehen, ob ich jemandem einen Ersatz abschwatzen kann.«
    Schimmers Ohr schwenkte herum, um ihrer Stimme zu lauschen, und sie lächelte gedankenverloren.
    »Da ist der Baum, an dem ich dich gefunden hab, da unten, bei der Mauer.«
    Sie war sich damals so schlau vorgekommen, als sie sich in tiefster Nacht hinausgeschlichen hatte. Sie hatte es gerade sicher über die Mauer geschafft – welch beachtliche Leistung –, und da hatte er gestanden, Schimmer, der ganze Stolz ihres Vaters, angebunden an einen Baum. Sie besaß noch immer den Zettel, den sie zusammen mit dem Reiseproviant und ein paar Münzen in den Satteltaschen gefunden hatte. In der engen Handschrift ihres Vaters hatte die Notiz sie informiert, dass ein ordentliches Reittier mitunter recht nützlich sei und dass sie, falls sie in der Welt da draußen nicht fand, wonach sie suchte, im Hause ihres Vaters stets willkommen sein würde.
    Die dunklen immergrünen Bäume verschwammen ihr vor
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