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Am Sonntag kommt das Enkelkind - und andere Einblicke in meine Wel

Am Sonntag kommt das Enkelkind - und andere Einblicke in meine Wel

Titel: Am Sonntag kommt das Enkelkind - und andere Einblicke in meine Wel
Autoren: Langen Müller
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Posemuckel stand. Der Sohn von Verona Pooth heißt nicht etwa Spinat wie das Gemüse, das seine Mami berühmt gemacht hat, sondern Diego. Sollte er Stierkämpfer werden wollen, ist so ein Name besser als Otto. Heikler finde ich es, wenn ein Mädchen Kingston heißt, was wohl nicht nur für die Beziehung der Mutter (Sängerin Gwen Stefani) zu Jamaika spricht, sondern darauf hindeuten könnte, dass Mummy leicht gaga sein dürfte.
    Dankbar bin ich meinen Eltern, dass sie mich nicht Leobschütz genannt haben. Ich stelle es mir schrecklich vor, für den Rest des Lebens erklären zu müssen, dass es sich bei Leobschütz um eine oberschlesische Kreisstadt handelt, die heute polnisch ist und Glubczyce heißt. Stefanie war selbst für meine Mitschülerinnen und Lehrer in Kenia leidlich gut aussprechbar – eine kleine Entschädigung, dass mein Nachname für anhaltenden Argwohn in Bezug auf meine politische Zuverlässigkeit sorgte.
    Sind Vornamen auch Sache der Eltern, so müssen ausschließlich die Kinder auslöffeln, was Mami und Papi ihnen einbrocken. Wie gut, dass in Deutschland per Gesetz nicht alles geht, was Kleinhirnen einfällt. Sind zwar auch hier schon Namen wie Che, Cheyenne und Emma Tiger ein alter Hut, darf niemand sein Kind Eisenbahn, Telefon, Laptop oder Joystick nennen. Noch nicht.

Hilfe, Rucksäcke!
    Unsere Ahnen, die Affen, trugen keine Rucksäcke. Der Affenmann hält sich aus Prinzip den Buckel frei, die Damen benutzen vorwiegend den Bauch, um ihre Babys von A nach B zu transportieren. Uns ging es hingegen schon immer um praktisches Reisegepäck. Schon Ötzi, der Steinzeitmann, wurde mit einem Gerät aufgefunden, an das sich Gegenstände binden ließen. Die findige Konstruktion war zweifellos der Vorläufer des Rucksacks. Als der Mensch dann Stoff und Leder zu nutzen begann, begriff er vollends, wie nützlich so ein Tragegerät ist.
    Der globale Siegeszug des Rucksacks setzte natürlich erst ein, als sowohl Sklaven als auch Packesel nicht mehr zur Verfügung standen. Fortan mussten alle außer Kaiser, König und Hochadel ihre Lasten selber tragen. Bei Naturvölkern wird traditionsgemäß noch der Frauenrücken beladen.
    Ursprünglich saßen die Rucksäcke stramm auf dem Rücken von Globetrottern (ein hübsches Wort für Nichtstuer und Erlebnishungrige, das nicht mehr in Mode ist). Heute kommt praktisch auf jeden Rücken ein Rucksack, wobei das Känguru ihn vorne trägt und Babytragetasche nennt. Der altmodische Kinderranzen wurde durch einen schicken Rucksack ersetzt.
    Mami braucht ihn, um Lauchstangen und Flipflops zu transportieren. Selbst in den Kindergarten gehen die Kleinen nicht mehr ohne. Das Partyoutfit für den Abend kommt in den Rucksack – und auch das Schwarzbrot, das Leute mit Fernweh in der Fremde brauchen, um sich in Hinterindien heimisch zu fühlen. Banker schnallen ihre Berufshabe auf den Rücken. Auf Neudeutsch spricht man vom Backpack. Man achte, dass die Marke gut sichtbar und dem Ansehen förderlich ist. Was Rucksackträger allerdings so gut wie immer übersehen, ist der Umstand, dass sie mit Rucksäcken und unterwegs doppelt so viel Umfang haben wie zu Hause und im Nacktzustand. Und leider auch die doppelte Kraft. Selbst schwächlichen alten Frauen gelingt es mühelos, mit einem Rucksack ihre Mitmenschen aus dem Gleichgewicht zu schubsen. Die Jugend tut so etwas eher im Ausnahmefall, aber kaum hat so ein junger Spund ein öffentliches Verkehrsmittel geentert, macht er seinen Rücken frei. Mit trutzigem Blick lässt er wissen, dass sein Rucksack auf dem freien Platz neben ihm sitzen wird und damit basta. Und wer von den Alten käme auf die absurde Idee zu sagen: »Pardon, könnten Sie bitte Ihren Rucksack auf den Schoß nehmen?«
    Nur nicht forsch werden, bloß keine altmodischen Benimmregeln wieder einführen. Machen wir uns lieber endgültig klar, dass Menschen, die mit einem Rucksack ihr Heim verlassen, sich von überflüssigem Ballast befreien möchten. Deshalb lassen sie Rücksicht, Anstand und Höflichkeit zu Hause.

Achtung: Snob!
    Bedenken wir, wie schnell sich die Welt verändert, ist es ein großes Wunder, dass wir ein Würstchen immer noch ein Würstchen nennen und uns sogar mit armen Würstchen auskennen. Trotzdem ist zu beklagen, dass Goethes Muttersprache genauso aus der Mode gekommen ist wie Zopffrisur und Gartenzwerg mit Arbeitsvertrag.
    Das neueste Beispiel für den Hang der Deutschen zum Fremdgehen wurde mir um die Ohren geschlagen, als ich in einem supermodernen
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