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Am Sonntag kommt das Enkelkind - und andere Einblicke in meine Wel

Am Sonntag kommt das Enkelkind - und andere Einblicke in meine Wel

Titel: Am Sonntag kommt das Enkelkind - und andere Einblicke in meine Wel
Autoren: Langen Müller
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verlangt es noch nach der Aprilfrische alter Art, wer schrubbt noch Bellos Körbchen mit Seifenlauge aus? Wenn es kein Frühjahr gibt, wozu den Staub durchs Zimmer jagen, weshalb den Seidenkissen den Hintern versohlen?
    Wer die Flinte ins Korn wirft, tut nicht gut. Ist auch nicht auf den Frühling Verlass und schon gar nicht auf den Kalender, der ihn meldet, so sollten wir doch unseren Kopf hoch und die Augen offen halten. Der Lenz war doch immer ein launischer Kerl. Er führt seit jeher Mensch und Tier an der Nase herum, versteckt sich hinter Bäumen und dreht Däumchen im Gebüsch. Ein Unmensch ist er aber nicht. Letzten Endes kommt er nämlich doch mit blauem Stirnband und mit Glück in Tüten. In der Hand hält er einen blühenden Mandelzweig, morgens duftet er schon nach Vanille und pfeift frohe Lieder. So ist es jedes Jahr gewesen, so wird es auch diesmal sein. Dann wird der Himmel veilchenblau, die Vögel proben große Oper. Selbst von Straßenlaternen regnet es Blütenstaub. Und der Mensch lernt wieder zu glauben. Eines Tages weiß er ganz genau, dass Träume keine Schäume sind und Liebesschwüre grundsätzlich von Dauer.

Was schief gehen kann, geht schief
    Hatte einstens ein Zug nur drei Minuten Verspätung, dann war es bestimmt einer aus dem Ausland. Oder der Lokomotivführer war kein Deutscher. Und die Uhr, auf die man geschaut hatte, war auch nicht von hier. Weil mein Gedächtnis so gut ist, wie die Reichsbahn einst war, kann ich mich leider an die Zeiten erinnern, als bei uns die Dinge noch funktionierten. Wie am Schnürchen, pflegte man damals mit geziemendem Stolz zu sagen. Das hat sich mächtig geändert. Was heute schiefgehen kann, geht auch schief.
    Ein Zug der Bundesbahn verspätet sich nicht mehr um läppische drei Minuten. Vierzig sind keine Ausnahme. Die werten Reisenden werden um Verständnis gebeten. Leider funktionieren die Lautsprecher gerade nicht. Oder der Verkünder des Ungemachs hat Schnupfen und nuschelt. Allerorten gibt es zur täglichen Portion Leben die kleinen Fehler als Gratiszugabe. Des Öfteren auch die großen Pannen. Der Klempner kommt zwei Stunden später als angesagt. Er ist schuldlos, sein Auto hat gebockt. In der Pfanne schmilzt das Schnitzel. Frau Metzgermeisterin bedauert. Die Bauern seien schuld. Sie ernährten ihre Kälber falsch. Der Pullover, obgleich nach Anweisung behandelt, passt nach der Wäsche allenfalls Schneewittchens Zwergen. Das liegt bestimmt an einem pflichtvergessenen Schaf. Das Buch konnte nicht rechtzeitig ausgeliefert werden. Den Druckmaschinen war übel. Wen immer wir am Telefon suchen, ist laut Kollegenauskunft gerade nicht am Platz. Die Zusage, er ruft zurück, oder das Versprechen, ich werde mich darum kümmern, bedeuten: Das können Sie vergessen. Verduften Sie, aber dalli.
    Im Restaurant sind die Kartoffeln halb gar und die Scholle in Panade erstickt, aber der Koch kann nichts dafür. Fahrkartenautomaten futtern auch an Streiktagen Groschen. Kranke werden zum Arzt bestellt und müssen dort so lange warten, als wären sie Bittsteller. Bürgertelefone schweigen, die elektronische Anzeige gibt falsche Abfahrtzeiten für die Züge an. Der Briefträger hat die Post verwechselt, die Hebamme zwei Babys. Der Chef hält sich für Superman. Auch Neurosen wachsen Dornen. Und geht eines Tages die Welt unter, will es keiner gewesen sein.

Das Kind beim Namen nennen
    Bei der Namenswahl für Tochter und Sohn haben Eltern heute viel mehr Phantasie als frühere Generationen, die ihre Söhne Hans und Dieter nannten und dann Hans-Dieter für so avantgardistisch hielten wie ein Bild von Picasso und eine Frau am Steuer. Geblieben ist seit Adam und Eva das Bemühen, per Vorname kenntlich zu machen, dass das eigene Kind ein ganz besonderes ist. Amadeus heißt der Sohn von Boris und Lilly Becker – nicht zu verwechseln mit dem noch berühmteren Mozart, der auch Amadeus hieß, aber mit einem gutbürgerlichen Wolfgang davor.
    Gutbürgerliches wird heute vor allem von der Rampenlicht-Elite gescheut. Wer vom Auffallen lebt, will auch, dass der Nachwuchs schon im Windelalter beweist, dass er kein beliebiger Hans oder Gretchen ist.
    Oliver Pocher, als Komödiant in Diensten des deutschen Humors tätig, und Frau Sandy haben ihre Tochter Nayla Alessandra genannt. Die Fußball-Beckhams ihre Söhne Brooklyn Joseph, Romeo und Cruz. Die Idee, sein Fleisch und Blut nach dem Ort der Entstehung zu nennen, ist nicht neu. Paris Hilton tut seit Äonen kund, dass ihre Wiege nicht in
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