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Am Anfang war das Ende (German Edition)

Am Anfang war das Ende (German Edition)

Titel: Am Anfang war das Ende (German Edition)
Autoren: Stefan Casta
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Abende später, als wir nach einem langen Arbeitstag zurückgekehrt sind und in der Küche beim Essen sitzen, geht mir plötzlich etwas Entsetzliches auf. Es ist, als würde ich endlich begreifen, was es ist, das uns heimgesucht hat.
    »Die Ratten sind schuld!«, sage ich.
    Die anderen sehen mich verblüfft an.
    »Es liegt daran, dass wir Ratten essen!«, sage ich.
    »Wovon sprichst du?«, fragt David.
    »Könnt ihr euch denn nicht an diesen Film erinnern, den wir gesehen haben, ›Das siebente Siegel‹? Da waren fast alle Menschen im Land an der Pest gestorben, und es waren die Ratten, die sie verbreitet hatten!«
    Am Tisch wird es lange still. Dann sagt Gabriel: »Das stimmt tatsächlich. Ich erinnere mich.«
    »Dann werden wir alle sterben«, sagt David. Er scheint den Tränen nahe zu sein.
    Ich schüttle den Kopf, um ihn zu beruhigen. »Das war doch im Mittelalter. Die Pest ist schon längst ausgerottet.«
    »Aber vielleicht ist sie zurückgekehrt«, sagt David.
    Ich überlege kurz und muss an diese unheimliche Szene in dem Film denken, als der Ritter mit dem Tod Schach spielt. Dann sage ich: »Ich glaube, wir müssen hier weg. Wir müssen weiterziehen. Das hier ist das Land des Todes.«
    •
    In dem Moment, als ich
das Land des Todes
sage, sehe ich selbst ein, wie recht ich habe. Ich fühle eine ungeheure Erleichterung bei dem Gedanken, dass das Floß freigekommen ist. Das meiste ist für die Abreise vorbereitet. Aber gleichzeitig empfinde ich auch eine gewisse Trauer darüber, dass wir den Hof verlassen müssen.
    An genau diesem Abend werden alle unsere Überlegungen davon unterbrochen, dass die Katastrophe eintritt. Die Katastrophe, die wir so lange befürchtet haben. Inzwischen hatten wir schon fast gehofft, sie würde ausbleiben. Aber jetzt ist sie da.
    Die Schwarzen kommen zurück!
    Wir sitzen gähnend in der Küche und schmieden Pläne, als uns Diddis erschrockene Rufe aus dem Ausguck erreichen:
    »Sie kommen! Sie kommen!«
    Danach geht alles so schnell, dass mir fast schwindlig wird.
    Wir fahren blitzschnell vom Tisch hoch. Jeder packt seinen Bogen und stürzt auf die Veranda. Hänfling greift sich die Kamera und kommt hinterher. Draußen kommt Diddi auf uns zugerannt. Sie ist ganz weiß im Gesicht und deutet auf die Lücke in der Hecke, durch die die Männer letztes Mal eingedrungen sind.
    »Sie sind gleich da!«, keucht sie.
    »Rein ins Haus mit dir!«, sage ich. »Sorg dafür, dass alle Kinder sich in der Küche versammeln! Öffnet die Kellerluke und lauft zum Floß!«
    •
    36 . SZENE. AUSSENAUFNAHME. ABEND. VOR DEM HAUS.
    DINAH, JUDIT, DAVID, GABRIEL, VENDELA, (HÄNFLING).
     
    Alle halten Bogen und Pfeile in den Händen. Vendela hat Benjamins Bogen, den besten von allen. David hebt die Hand. Es wird still.
     
    DAVID (flüstert)
    Wir müssen sie aufhalten! Verteilt euch und versucht euch zu verstecken!
     
    VENDELA
    Wir verstecken uns drüben in der Hecke. Komm, Hänfling!
     
    Vendela zeigt mit dem Bogen auf die Stelle, wo Judit sich letztes Mal versteckt hat.
     
    JUDIT
    Ich komm mit. Dinah, du auch!
     
    Aber Dinah schüttelt den Kopf. Sie steht auf der Veranda zwischen dem toten Vater und den Zwillingen. Es sieht aus, als wollte sie sich dort hinsetzen.
     
    DINAH
    Was soll der Blödsinn, wir haben sowieso null Chancen!
     
    GABRIEL
    Los, Dinah, komm endlich!
     
    Gabriel rennt auf die Veranda, packt Dinah an der Hand und zieht sie fort. Dann rennt er mit ihr ums Haus. Judit und Devil stürzen zur Hecke.
     
    37 . SZENE. AUSSENAUFNAHME. ABEND. BEI DER HECKE.
    DIE SCHWARZEN.
     
    Die schwarzen Männer kommen durch die Hecke. Sie bleiben stehen und sehen sich um. Der eine Mann zeigt auf das Wohnhaus. Der andere nickt. Er hält die Armbrust in den Händen, bereit, sie zu benützen. Sie wechseln unhörbare Worte.
    •
    Als ich in unserem Versteck in der Hecke sitze, schlägt mein Herz wie wild. Jetzt ist alles aus!, denke ich, überlege aber trotzdem fieberhaft, wie man die Männer überlisten könnte. Neben mir höre ich Vendelas schnellen Atem. Sie klingt wie ein Hund, der weit gerannt ist. Dann merke ich, dass sie Benjamins Bogen spannt und auf den Mann mit der Armbrust zielt. Der Abstand ist zu groß, denke ich. Ein so weit entferntes Ziel zu treffen ist unmöglich. Ich lege ihr die Hand auf den Arm und schüttle den Kopf. Als sie sich umdreht und mir zunickt, sehe ich, wie groß ihre Angst ist. Hänfling wirkt als Einziger ruhig. Er filmt die Männer.
    •
    38 . SZENE. AUSSENAUFNAHME.
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