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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern
Autoren: Kirsten Winkelmann
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Nase. „Wenn die Traurigkeit nicht rauskommt, kann man nicht glücklich sein.“
    „Kann man denn gleichzeitig traurig und glücklich sein?“, wollte Vanessa wissen.
    „Aber ja“, lächelte Lika. Sie hörte bereits Arvins Schritte und stellte fest, dass bei jedem Schritt ein Schluck Wasser aus seinen Gießkannen schwappte. „Ich bin es jedenfalls. Gerade jetzt, in diesem Augenblick, bin ich unendlich traurig wegen deiner Mama und unendlich glücklich wegen dir und Arvin.“
    „Puh“, ächzte Arvin, der sich inzwischen in Hörweite befand. „Die Dinger sind ganz schön schwer, wenn man sie kilometerweit schleppen muss.“
    „Du bist doch stark, Onkel Arvin“, meinte Vanessa.
    „Das sieht nur so aus“, beklagte sich Arvin und setzte die Gießkannen mit einem tiefen Seufzer vor dem Grab ab. Dabei platschte eine noch größere Menge Wasser auf den Boden und bildete einen kleinen See. „Ich bin schließlich ein Bürohengst, der von körperlicher Arbeit nicht viel versteht.“
    „Komisch“, wunderte sich Lika. „Vor Kurzem hast du dich noch um eine Stelle als Landwirt bemüht …“
    „Das war, bevor ich wusste, dass die Aufgabe eines Ehemannes darin besteht, Gewässer zu verlegen“, murrte Arvin.
    „Zu spät“, grinste Lika und hielt triumphierend ihre rechte Hand in die Höhe, an der sich ein schlichter goldener Ring befand. Sie besaß jetzt seit genau sieben Wochen und vier Tagen ein Exemplar, das wirklich ihr gehörte.
    „Ich weiß“, seufzte Arvin und spielte mit dem Gegenstück herum, das an seinem rechten Ringfinger steckte und in das der Name „Lika“ eingraviert war. „Unser Garten ist allmählich auch nicht mehr zu retten.“
    Vanessa hüpfte auf ihre Füße. „Der Garten ist toll!“, protestierte sie. „Am besten ist der Rasen … und die Schaukel … und die Sandkiste!“
    „Die Schaukel geht“, gab Arvin zu. „Aber nur weil sie im Baum hängt – was diesem Baum übrigens das Leben gerettet hat.“
    Um Likas Mundwinkel begann es zu zucken. „Die Schaukel geht, weil du sie manchmal benutzt“, widersprach sie.
    Arvin blickte erstaunt zu ihr herüber. „Das hast du gesehen?“
    Lika strahlte ihn an. „Allerdings.“
    „Dann bekommt mir die Ehe wohl doch nicht so schlecht …“
    „Sie bekommt dir ganz hervorragend“, behauptete Lika und spitzte den Mund.
    „Dreierkuss!“, verlangte Vanessa und legte ihre Wange schon mal an Likas.
    „Vierer“, widersprach Arvin und trat zu seiner Familie in die Mitte der Spirale. „Deine Mama ist nämlich auch mit dabei!“ Und dann beugte er sich nach unten und die drei – pardon vier – vereinigten ihre Münder zu einem extrem schlabberigen Schmatz.









© der deutschen Ausgabe 2010 Gerth Medien GmbH
© der Jubiläumsausgabe 2014 by Gerth Medien GmbH, Asslar
in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München

1. Auflage der Jubiläumsausgabe 2014
ISBN 978-3-641-13869-1

Umschlaggestaltung: Hanni Plato
Umschlagfoto: Shutterstock
Satz: DTP Verlagsservice Apel, Wietze
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