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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern
Autoren: Kirsten Winkelmann
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damit. Wenn ich das Alte nicht loslasse, kann ich nicht größer und schöner werden!“
    Lika schluckte schwer. Sie hatte so gehofft, dass er es verstehen würde!
    „Wenn du mich verlässt“, sagte Arvin mühsam und sah ihr flehend in die Augen, „zerbricht diese hier auch. Verstehst du das? Ich hab … alle verloren, die ich liebe! Ich kann dich nicht auch noch verlieren!“
    Lika blinzelte gegen die Tränen an, die sie in ihren Augen hatte. „Aber das sollte nicht so sein, Arvin“, krächzte sie. „Man sollte sein Leben nicht auf Menschen aufbauen. Man sollte allein auf Gott bauen. Nur er kann einen so lieben, wie es notwendig ist!“
    „Dann bring es mir bei, Livia!“ Bei diesen Worten purzelten zwei Tränen aus Arvins Augen, die er im nächsten Moment mit einer ärgerlichen Handbewegung wegwischte. „Oh Gott, das ist so … erniedrigend.“ Er schlug sich an die Brust. „ Ich … sollte derjenige sein, der dir beibringt, wie man glaubt, und jetzt bist du diejenige …“ Er hob hilflos die Hände. „Und trotzdem …“ Er hob erneut den Blick zu ihr auf. „Bitte komm mit mir und bring es mir bei! Ich … ich will aufhören, an der Vergangenheit zu kleben. Aber das kann ich nur … wenn du bei mir bist.“
    „Igitt“, entfuhr es Henning voller Verachtung, „das ist so kitschig. Ich glaub, so ’n Weichei hab ich in meinem ganzen Leben noch nicht getroffen.“
    „Fußballer braucht das Land“, sagte Jan in militärischem Tonfall.
    Lika bekam diese Bemerkungen allerdings überhaupt nicht mit. Sie hatte das Gefühl, als hätte sich ihr Herz wie ein Luftballon aufgebläht. Und es sah nur noch Arvin. „Ich … würde den ganzen Garten umgraben“, drohte sie.
    Arvin nickte, als hinge sein Leben davon ab.
    „Und alles wegschmeißen, was ich nicht leiden kann.“
    Arvin schluckte, nickte aber erneut.
    „Auch die Fotoalben!“
    Arvins Gesicht verlor von einem Moment auf den anderen sämtliche Farbe. Einen Moment lang musste Lika befürchten, dass er umkippte, aber dann fing er sich und nickte wie benommen ein weiteres Mal.
    „War ’n Witz“, lächelte Lika und flog so plötzlich in Arvins Arme, dass er beinahe das Gleichgewicht verlor. Anschließend hing sie dann allerdings an seinem Hals, ohne dass er die Umarmung erwiderte. „Entspann dich“, lachte sie, „das war ’n Witz! Ehrlich!“ Sie wich ein Stück zurück, nahm Arvins Gesicht in ihre Hände und sagte mit liebevollem Blick: „Wir müssen doch einen vernünftigen Weg finden. Man muss die Vergangenheit nicht vernichten, um in die Zukunft zu schauen. Hab keine Angst! Ich werd dich schon nicht überfordern.“
    In Arvins Gesicht zuckten mehrere Muskeln. „Heißt das … ich hab dich überredet?“
    Lika lächelte warm. „Scheint so …“
    Die Erleichterung überflutete ihn wie ein geborstener Staudamm, spülte wieder Blut in sein Gesicht und gipfelte darin, dass er Lika nun doch in seine Arme nahm und vor lauter Begeisterung gleich ein paar Zentimeter in die Höhe hob. Lika kicherte auf.
    „Das kann jetzt wirklich nicht wahr sein“, kommentierte Henning das Geschehen. „Dieter! Sag doch mal was!“
    Daraufhin stellte Arvin Lika ganz abrupt wieder auf ihre Füße und sah besorgt in Dieters Richtung.
    Lika folgte seinem Blick. Die Frage, die sich jetzt in ihrem Gesicht widerspiegelte, war nicht zu übersehen.
    Dieter Cordes schluckte schwer, spielte einen Moment mit seinem Ehering und meinte dann: „Vielleicht … vielleicht krieg ich ja Enkelkinder, die mal den Hof hier übernehmen wollen.“
    Lika begann zu strahlen. Obwohl er es nicht deutlich gesagt hatte, hatte sie ihre Antwort bekommen. Er würde sie auch noch lieben, wenn sie eigene Entscheidungen traf! Sie sah zu ihrer Mutter hinüber. „Mutter?“
    Inges Blick war schon die ganze Zeit zwischen ihrer Tochter, dem Fremden und Henning hin- und hergewandert. „Henning ist so nett!“, sagte sie jetzt und legte ihr ganzes Bedauern in diesen Satz. „Du … du könntest ja auch noch mal darüber schlafen …“
    Lika spürte, wie Arvins Hände, die inzwischen auf ihrer Taille ruhten, eine Spur fester und besitzergreifender wurden. „Das ist nicht nötig“, sagte sie ruhig, aber bestimmt. „Ich liebe Arvin, nicht Henning. Und ich glaube, dass diese Liebe ein Geschenk von Gott ist. Wie könnte ich da noch zögern?“
    „Liebe … Gott …“, sagte Inge abfällig. „Du benutzt große Worte. Aber Liebe ist nur ein Gefühl und Gott … also, ich hab ihn noch nie gesehen …“
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