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TTB 104: 200 Millionen Jahre später

TTB 104: 200 Millionen Jahre später

Titel: TTB 104: 200 Millionen Jahre später
Autoren: A. E. van Vogt
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1.
     
    Er war Ptath. Nicht, daß er sich seines Namens bewußt gewesen wäre. Er war einfach da, ein Teil seines Selbsts, wie sein Körper und seine Arme und seine Beine – ja, wie der Boden, über den er schritt. Nein, das letztere stimmte nicht. Der Boden gehörte nicht zu ihm. Es bestand eine Beziehung zwischen ihnen, natürlich, aber sie war etwas verwirrend. Er war Ptath, und er ging über den Boden, ging nach Ptath. Es war seine Rückkehr nach der Stadt Ptath, der Hauptstadt seines Reiches Gonwonlane, nach langer, endlos langer Abwesenheit.
    Soviel war klar, unbedenklich akzeptierbar – und es war von ungeheurer Wichtigkeit. Die Ahnung des Dringlichen äußerte sich in der Art, wie er seinen Schritt beschleunigte, um festzustellen, ob es ihm die nächste Flußkrümmung ermöglichen würde, sich westwärts zu wenden.
    Im Westen dehnte sich eine weite Grasebene aus, mit Bäumen und fernen Hügeln in blauem Dunst. Hinter jenen Hügeln lag sein Ziel. Ärgerlich blickte er auf den Fluß hinunter, der ihm den Weg versperrte. Er hatte sich gewunden wie eine Schlange, sich rückwärts gekrümmt, soweit es nur ging, und ihn, Ptath, immer und immer wieder gezwungen, umzukehren und in seinen eigenen Fußstapfen zurückzugehen. Zunächst hatte es ihm nichts ausgemacht. Doch jetzt reichte es. Mit seinem ganzen Herzen und seinem ganzen trüben Bewußtsein drängte es ihn, auf jene fernen westlichen Hügel zuzueilen, überschäumend vor Freude und Erwartung bezüglich dessen, was hinter ihnen lag.
    Es war indessen nicht ganz klar, was ihn dort erwartete. Er war Ptath, der zu seinem Volk zurückkehrte. Was war es für ein Volk? Wie sah Gonwonlane aus? Er konnte sich nicht erinnern. Er zerquälte sein Gehirn nach der Antwort, die nur knapp jenseits der Schwelle seines Bewußtseins zu liegen schien.
    Eines jedoch wußte er: Er mußte den Fluß überqueren. Zweimal trat er vom niederen Ufer in die seichte Nässe, und jedesmal zog er rasch den Fuß zurück, abgestoßen von so viel Fremdheit. Das Problem, das hier vorlag, brachte den ersten schmerzhaften Versuch zielstrebigen Denkens, an den er sich seit seinem Erwachen aus der Schwärze zu erinnern vermochte. Verwundert hob er den Blick zu den Hügeln, die sich im Süden, Osten und Norden niedrig am Horizont erstreckten. Sie sahen genauso aus wie die Hügel im Westen, mit einem riesigen Unterschied: Er war an ihnen nicht im geringsten interessiert.
    Er sah wieder hinüber zu den Erhebungen im Westen. Er mußte zu ihnen gelangen, Fluß oder nicht Fluß! Nichts konnte ihn aufhalten. Der Drang war in ihm wie ein Wind, der stärker und stärker brauste. Dort, jenseits des Flusses, winkte eine Welt voll Glorie. Er trat zum drittenmal ins Wasser, zuckte sekundenlang zurück, und watete dann in die dunkle, wirbelnde Strömung. Der Fluß zerrte an ihm, scheinbar lebendig, so wie er selbst. Auch er bewegte sich über das Land und war nicht selbst ein Stück des Landes.
    Sein Gedanke brach ab, als er in ein tiefes Loch trat. Das Wasser schoß hungrig an ihm empor, über das Kinn, schal und lauwarm in seinen Mund. Jäher Schmerz stach durch seine Brust. Er krampfte sich zusammen, schlug mit den Händen auf das nachgebende Wasser ein und kämpfte sich aus der Tiefe empor. Dann stand er brusttief, flammend vor Wut über das Wasser, das ihn angegriffen hatte. Er kannte keine Furcht. Er fühlte nur Abscheu und die Gewißheit, daß er unfair behandelt worden war. Es war sein Wille, zu jenen Hügeln zu gelangen, und der Fluß versuchte, ihn aufzuhalten. Das konnte er nicht zulassen. Wenn es nur mit Schmerz ging, dann eben so! Er drängte vorwärts.
    Diesmal ignorierte er das stechende Brennen in seiner Brust und schritt vorwärts, geradewegs durch das wäßrige Dunkel, das ihn umfangen hielt. Und endlich, wie in Erkenntnis seiner Niederlage, verschwand der Schmerz. Das Wasser zog und zerrte weiterhin an ihm und versuchte, seine Füße vom schlammigen Boden zu lösen, aber jedesmal, wenn sein Kopf durch die Wasseroberfläche brach, konnte er feststellen, daß er Fortschritte machte.
    Der bohrende Brustschmerz kehrte zurück, als er schließlich in seichterem Wasser auftauchte. Er hustete und würgte, bis ihm vor Tränen die Sicht verschwamm; dann lag er lange Zeit zusammengekrümmt auf dem grasigen Ufer. Der heftige Anfall verging. Er kam auf die Füße und starrte den dunklen, eilenden Strom eine lange Minute lang finster an. Als er sich schließlich abwandte, war er sich eines gewiß: Er
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