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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern
Autoren: Kirsten Winkelmann
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Dieter mit der flachen Hand auf den Tisch und sorgte dafür, dass alle anderen – und allen voran Livia – erschrocken zusammenzuckten. „Jetzt ist aber Schluss“, donnerte er. „Du wirst wegen dieses lächerlichen Beetes nicht unser aller Zukunft aufs Spiel setzen!“
    „Es … es geht nicht um das Beet“, stammelte Livia, die sich von ihrem Schrecken noch nicht völlig erholt hatte.
    „Dann geht es eben um das, was deine Mutter gesagt hat.“ Dieter wandte den Kopf. „Inge, entschuldige dich dafür.“
    Inges Kopf ruckte zu ihrem Mann herum und schwenkte dann wie im Zeitlupentempo zu Livia hinüber. „Ent…schuldigung“, presste sie hervor.
    „Du musst dich nicht entschuldigen“, sagte Livia leise. „Du hattest ja recht mit dem, was du gesagt hast. Ich bin ein Blumenkind. Und deshalb passe ich nicht hierher. Ich reise ab.“
    „Du kannst abreisen, wenn du verheiratet bist“, widersprach ihr Vater mit der gleichen Vehemenz, die er schon eben an den Tag gelegt hatte.
    Livia starrte ihn an. Sie war davon ausgegangen, dass sie diese Diskussion mit ihrer Mutter führen würde. Aber Inge saß nur sprachlos vor ihr. Stattdessen hatte ihr Vater auf einmal das Zepter in der Hand! Sie räusperte sich. „Papa“, sagte sie eindringlich. „Ich weiß, dass du einen Nachfolger für diesen Hof brauchst, aber …“ Sie streckte ihm beide Hände entgegen und warb sowohl mit dieser Geste als auch mit ihrem Tonfall verzweifelt um Verständnis. „Aber dieser Hof ist nicht wichtiger, als ich es bin. Ich bin weder eine Bäuerin noch würde ich mit Henning glücklich werden. Ich kann dir diesen Gefallen nicht tun!“
    Angesichts dieser Worte ging eine Veränderung mit Dieter vor. Sein zorniger Gesichtsausdruck verwandelte sich in Verwirrung. „Ja, aber …“ Er hob die Schultern und ließ sie langsam wieder sinken. Einen Moment schien er sprachlos. Dann hob er noch einmal zu sprechen an. „Du … du warst doch immer die, auf die ich mich verlassen konnte“, sagte er.
    Livia senkte den Blick. „Ja, das war ich wohl“, sagte sie mit leiser, zitternder Stimme. „Und das war ich, weil ich mir damit deine Liebe gesichert habe.“ Als sie jetzt wieder zu ihrem Vater aufblickte, hatte sie Tränen in den Augen. „Aber es wird jetzt Zeit, dass ich erwachsen werde und mich von dir löse. Dass ich mein Zuhause verlasse und mein eigenes Leben lebe. Wirst du mich auch lieben, wenn ich deine Erwartungen enttäusche?“
    Anstelle einer Antwort klingelte es an der Tür.
    Aber niemand rührte sich.
    „Henning“, sagte Inge. „Sag doch auch mal was!“
    „Was soll ich sagen?“, knurrte Henning ungehalten. „Ich denke, Angelika weiß, welches Angebot sie gerade ausschlägt.“
    „Das Angebot auf ’ne Dauerkarte im Stadion“, murmelte Jan so leise, dass es nur diejenigen hörten, die es hören wollten. Über Livias Gesicht huschte ein dankbares Schmunzeln.
    Es klingelte erneut an der Tür, dieses Mal mehrfach hintereinander.
    „Ich geh schon“, seufzte Jan und erhob sich. Auf dem Weg nach draußen murmelte er noch: „In der Hoffnung, dass ich nichts verpasse …“, dann war er verschwunden.
    „Lass niemanden rein!“, rief Inge ihm hinterher. Dann wandte sie sich erneut an ihre Tochter und fragte: „Willst du das wirklich? Allein leben, meine ich? Ohne Aufgabe, ohne Ziel? Stell dir das doch mal vor! Niemand wartet auf dich …“
    Livia schluckte schwer. Anscheinend wusste ihre Mutter ganz genau, auf welchen Knopf sie drücken musste. Aber es wartete ja jemand! Gott wartete auf sie! Und das war genug! „Ja“, sagte sie. „Das will ich! Ich will mein eigenes Leben leben, auch wenn es schwierig wird. Ich will herausfinden, wer ich bin, und auf eigenen Füßen stehen. Ich will das. Ich will es wirklich.“
    Inge seufzte tief. „Ja, dann …“
    Vom Flur her drangen Stimmen in die Diele vor. Obwohl die Anwesenden nichts verstehen konnten, deutete die Lautstärke darauf hin, dass ein Streitgespräch im Gange war. Noch mehr Probleme?
    Henning stand auf, würdigte Livia dabei aber keines Blickes. „Ich denke, ich fahr jetzt mal nach Hause.“
    Livia sah ihn an. Irgendwie ärgerte es sie, dass er noch kein einziges Wort mit ihr gewechselt hatte. „Ich hoffe, du verzeihst mir“, sprach sie ihn an.
    Jetzt endlich sah er zu ihr herüber. Aber sein Blick war kalt. „Glaub nicht, dass du es dir anders überlegen kannst.“
    Livia hielt seinem Blick stand. „Ich werde es mir nicht anders überlegen“, entgegnete
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