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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern
Autoren: Kirsten Winkelmann
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wir nicht!“, widersprach sie. „Du wolltest mich immer nur loswerden. Erinnerst du dich?“
    „Das hat sich geändert, Livia!“ Er gab ein missbilligendes Stöhnen von sich und sagte: „Lika, meine ich! Hör zu … seit du weg bist, hab ich dich jede Sekunde vermisst. Jede. Ich brauche dich. Bitte komm zu mir zurück.“
    Angesichts seiner Worte versteifte sich Lika. Dann schüttelte sie entschieden den Kopf. Sie wollte nicht mehr „gebraucht“ und vereinnahmt werden. „Ich kann nicht“, entgegnete sie.
    „Kannst du doch!“, entfuhr es Arvin. Er hob die Hände, als wollte er sie beschwören. „Ich … ich weiß ja, dass er recht hat.“ Er deutete kurz auf Henning. „Ich hab seit zwanzig Jahren kein Schwein mehr zu Gesicht bekommen. Aber ich kann es lernen, wirklich! Wenn du mir hilfst, werde ich es lernen.“
    Lika sah die Liebe, die in diesen Worten mitschwang, und zerschmolz wie Schnee im Sonnenschein. Dann seufzte sie warm: „Ich werde dir aber nicht helfen.“
    Arvin ließ niedergeschlagen die Schultern sinken. „Nicht?“
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Und … warum nicht?“, fragte Arvin.
    „Weil ich den Hof verlassen werde“, antwortete Lika . „Ich bin im Begriff abzureisen.“
    Arvin zog irritiert die Stirn in Falten. „Abzureisen?“
    Lika nickte. „Ich will keine Bäuerin sein. Ich bin dafür nicht geeignet.“ Sie kramte in ihrer Hosentasche herum und holte den Zettel daraus hervor, den sie mit Karen und Arvin erstellt hatte. „Ich liebe Blumen. Und ich will, dass sie blühen und stehen bleiben. Das passt nicht zu einer Bäuerin, die ernten und verwerten muss. Außerdem bin ich ungeschickt. Ich kann nicht mal vernünftig Kartoffeln schälen …“
    „Ja, aber … Wohin willst du denn jetzt?“
    Lika zuckte die Achseln. „Ich weiß auch nicht so genau. Einfach nur weg, schätze ich …“
    „Bei mir … ist weg!“, stammelte Arvin. „Es ist weit weg, es müsste … genau richtig sein …“
    Lika sah ihn eine Weile nachdenklich an. Dann sagte sie: „Was ich jetzt brauche, ist Freiheit, Arvin, keine neuen Grenzen.“
    „Aber ich kann dir diese Freiheit geben“, beteuerte Arvin. „Ich verspreche dir: Wenn du zu mir zurückkommst, werde ich nie mehr die Angst regieren lassen. Du dürftest alles renovieren und … und den ganzen Garten umgraben!“
    Lika musste lächeln. „Ich kenn dich ein bisschen besser, weißt du …“
    „Nein!“, widersprach Arvin. „Du kanntest den alten Arvin, aber ich hab mich verändert!“
    „Ich … ich weiß nicht, Arvin … Ich hab es so oft geglaubt! Aber … es war ein so entsetzliches Hin und Her zwischen uns. Immer wenn ich glaubte, alles würde gut werden, hast du mich wieder gehasst … mir misstraut … Immer dasselbe. Immer und immer wieder.“
    „Ich weiß!“, nickte Arvin hektisch. „Aber dieses Mal ist es anders. Und das kann ich dir beweisen!“ Er trat einen Schritt zur Seite, beugte sich zu seiner Reisetasche hinunter und holte etwas daraus hervor, das die Form einer Kugel hatte und in Zeitungspapier eingewickelt war.
    Lika sah ihm erwartungsvoll dabei zu, wie er es auswickelte. Es war … die alte, grüne, von Rissen übersäte Vase!
    Arvin ließ das Zeitungspapier zu Boden segeln, sah Lika in die Augen und … warf die Vase hinterher!
    Als sie zu Boden krachte und auf den Fliesen in tausend Scherben zerbrach, stöhnten einige der Anwesenden erschrocken auf. Aber nur Lika wusste, welche Tragweite dieser Zerbruch tatsächlich hatte. Ungläubig starrte sie auf das Meer grüner Teile … auf die Scherben, die ihm so viel bedeuteten und jetzt überall verstreut lagen … unter dem Tisch, neben den Küchenschränken … Und sie musste unweigerlich daran denken, was sie ihm damals … beim ersten Mal … angetan hatte.
    „Arvin“, flüsterte sie ergriffen.
    Aber Arvin hatte sich schon wieder zu seiner Reisetasche hinunterbeugt und holte eine zweite Kugel daraus hervor. Sie war etwas größer als die erste und ebenfalls in Zeitungspapier eingeschlagen. Dieses Mal wusste Lika genau, was sich darin befand …
    Arvin entfernte erneut das Zeitungspapier. Zum Vorschein kam eine Vase, die der ersten erstaunlich ähnelte. Sie war allerdings ein bisschen größer, ein bisschen schöner und ein bisschen aufwendiger verarbeitet. Vor allem aber fehlten ihr die Risse, die die andere Vase so verunstaltet hatten …
    „Das ist das schönste Geschenk, das ich jemals bekommen habe“, sagte Arvin mit belegter Stimme. „Und du hattest recht
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