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Alien Earth - Phase 1

Titel: Alien Earth - Phase 1
Autoren: Frank Borsch
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gewesen. Sie hätten gemerkt, dass Rudi nur marginal besser schwamm als ein Stein, den man ins Wasser warf. Die Company hätte ihn niemals antreten lassen, ein Stellvertreter hätte für Rudis Platz geboten, ein Millionärssohn wie Jonathan vielleicht, und ihm das Ex-Glückslos ausbezahlt. Und Rudi wäre die Wahl geblieben, auf welche Weise er sich hätte lebendig begraben lassen wollen: auf demütige Weise mit einer Rückkehr nach Himmelsberg, um zu schuften, bis erst sein Geist und schließlich sein Körper tot umfiel, oder auf die großkotzige Tour, als Neureicher, der an den dahinschwindenden Pools der Welt herumlümmelte und wehmütig in den Nachthimmel glotzte, welcher einst ein einziges Versprechen gewesen war, und sich mit teuren Cocktails zuschüttete, bis jede Sehnsucht in ihm abgesoffen war.
    Eine Welle warf das Boot hoch, ließ es einen Augenblick schwerelos in der Luft schweben, dann klatschte es hart auf das Wasser.

    Rudis Magen wand sich. Gut, dass er den Gratis-Drinks im Flugzeug widerstanden hatte. Blöd, dass er die angebrochene Pillenschachtel im Lager vergessen hatte.
    »Big boat!«, rief der Bootsmann von seinem Platz am Heck und zeigte auf einen riesigen Umriss, der wie eine Wand neben dem Boot aufragte. Im Licht eines vereinzelten Scheinwerfers konnte Rudi den Fuß zweier Masten erkennen. »No worry!«
    Rudi winkte dem Mann zu, um ihm anzuzeigen, dass er den Frachter gesehen hatte, und las zum zehnten Mal die Etiketten der Waren. Papiertücher und Bier waren es, was die Engel der Insel verlangten. Chlorfrei gebleicht das Erstere, aromatisiert beide.
    Und dann, er hätte die Etiketten bereits auswendig vorsingen können, lag endlich Neo-Bangkok vor ihm. Die Insel der Engel - errichtet aus Stahl, Bauschutt und Müll. Begonnen als schwimmende Plattform in den späten Zehnern, um den damals dritten internationalen Flughafen der schrankenlos wachsenden Stadt zu beherbergen. Eine Bauruine, als der zivile Flugverkehr im Feuer schultergestützter Boden-Luft-Raketen zusammenbrach, danach - lange Zeit - eine praktische Müllkippe für Bangkok, dann eine Zuflucht für alle, für die sich in der Multimillionenstadt kein Platz fand, und auch für diejenigen, die dort keinen Platz finden wollten, und - schließlich - der Ort, an den die Konfuzius-Puritaner, kaum waren sie an der Regierung, den ungeliebtesten Gewerbszweig der Stadt trieben. Neo-Bangkok nannten es die hartnäckig nach Thailand vorstoßenden Touristen rasch und vergaßen das alte. Insel der Engel nannten die Einwohner Neo-Bangkoks selbst ihre Stadt, in Anspielung auf Krung Thep, die Stadt der Engel, aus der man sie vertrieben hatte.
    Das Boot legte an. Rostgeruch vermischte sich mit dem Salz in der Luft. Ein Heer stählerner Pfeiler verschwand vor Rudi in der Dunkelheit. Was er sah, war nur die Spitze des Eisbergs. Der überwiegende Teil der Insel der Engel verbarg sich unter der Wasseroberfläche, reichte fünfzig Meter tief bis zum Meeresboden.
Die Insel war die Mutter aller Flyboy-Basen. Eine künstliche Insel, die den Namen verdiente. Nicht an eine schützende Küste angehängt, sondern auf sich allein gestellt den Stürmen und den Wellen ausgesetzt, denen der Golf von Bangkok gehörte. Eine Welt für sich. Die Erfahrungen, die hier gemacht worden waren, hatten den Weg für die Basen geebnet. Europäer und Amerikaner hatten damals den Anfang gemacht, Spezialisten für Ölbohrplattformen. Sie hatten das Geld, das reichlich geflossen war, eingesteckt und hatten sich abgesetzt, als der Geldstrom versiegte, um auf bessere Zeiten zu warten. Sie waren nicht gekommen. Thai-Ingenieure, ihre vormaligen Lehrlinge, hatten übernommen, als wieder Geld geflossen war, ein schmales Rinnsal wenigstens. Zu wenig, um die Weißen zurückzulocken. Und als die Aliens gekommen waren, hatten die Thai-Ingenieure ihr Wissen teuer an die Company verkauft.
    »Sir?«
    Der Thai stand vor ihm, bedeutete ihm, sein Boot zu verlassen. Rudi tat es - ungeschickt - und wankte feuchte, merkwürdig feste Stufen hinauf.
    Rudi betrat die Insel der Engel.
    Sie leuchtete heller, als es seine Augen ertrugen. Er zog die Sonnenbrille aus der Hemdtasche, setzte sie auf und machte sich mit klopfendem Herzen auf den Weg zu den Engeln.
    Bald erreicht er den ersten der Paläste aus Licht, in denen die Engel residierten. Ein Turm aus hunderten LED-Schlangen - er allein musste mehr Strom verschlingen als ganz Himmelsberg benötigte - schraubte sich über dem Palast in die Höhe und formte
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