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Alien Earth - Phase 1

Titel: Alien Earth - Phase 1
Autoren: Frank Borsch
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zögern, wie sie ihm überallhin folgte. Wieselflink brauchte eine weitere auffordernde Geste. Nach ihrem Ausstieg aus der Luke war ihm der Panzerzug wie ein Berg vorgekommen, der ihn zu erdrücken drohte; jetzt sträubte er sich, seine Deckung zu verlassen. Aber Wieselflink blieb keine Wahl, wollte er Blitz nicht im Stich lassen.
    »Was soll das?«, herrschte er Fischer an, als er sich neben ihn auf eine Schwelle setzte und sich mit dem Rücken gegen den Prellbock lehnte. »Unter dem Zug waren wir geschützt!«
    »Fürs Erste schon.« Fischer sah ihn nicht an. Er tippte auf seinem Unterarmcomp herum. »Aber ich bezweifle, dass es bis zum Start reichen würde. Außerdem haben wir hier Aussicht!« Fischer stand auf, kletterte auf den Prellbock, drehte sich einmal um die eigene Achse und sprang wieder herunter. Ohne Wieselflink weiter zu beachten, widmete er sich wieder seinem Unterarmcomp, flüsterte Befehle an die Gardisten, die sich überall im Bahnhof verteilt hatten, um die Bahnpolizisten aufzuhalten, feuerte sie an, beschwor sie, nur noch einige wenige Minuten durchzuhalten.
    »S minus fünf Minuten«, kam die Durchsage aus den Lautsprechern. Dann, nach einer kurzen Pause: »Gefährten!« Es war die Stimme Wolfs.

    Zum ersten Mal kam Unruhe in die Menschenmenge. Nomaden reckten sich in die Höhe, stützten sich auf ihre Vordermänner, um besser zu sehen, drängten nach vorne. Wieselflink überlegte einen Augenblick, dann kletterte er auf den Prellbock. Er wollte sehen, was jetzt geschah. Die Bahnpolizisten hatten genug andere Ziele, als dass sie ausgerechnet ihn ins Visier nehmen würden. Hoffte er.
    Vor ihm, in vielleicht 50 Meter Entfernung, stand Wolf. Alleine. Die Leibwächter hatten einen Ring um ihn gebildet, eine freie Fläche, in der er ungehindert auf und ab gehen konnte. Wolf trug seinen »Raumanzug«, den spiegelnden Helm geschlossen, ein Alienband um den Hals. Aus dieser Entfernung erkannte Wieselflink es mühelos. Es war das, mit dem sich Wieselflink vergeblich abgemüht hatte, der keilförmige Schwarm. Wolf hatte seine Entscheidung getroffen.
    »Ich bin Wolf. Der, dessen Ruf ihr gefolgt seid. Und ich sage euch: Der Augenblick ist nahe. Nehmt Abschied! Aber nehmt Abschied auf die einzige Weise, die dem Augenblick angemessen ist: frohen Herzens! Ihr habt euch entschieden, den Ort eurer Geburt für immer hinter euch zu lassen. Eure eigene Wiege, die Wiege der Menschheit. Manchen unter euch mag in diesem Moment ein Anflug von Trauer überkommen, manch einer mag sogar von Trauer überwältigt sein. Diesen will ich einige Worte mit auf den Weg geben, die einmal ein Mann gesagt hat, der seiner Zeit weit voraus war: ›Die Erde ist die Wiege der Menschheit, aber ein Mensch kann nicht ewig in der Wiege bleiben.‹<
    Wieselflink ging in die Hocke, hoch genug, um weiter Wolf zu sehen, und tief genug, um unauffällig nach Blitz zu tasten. Sie beachtete ihn nicht.
    »Wir schicken uns heute an, unsere Wiege hinter uns zu lassen - eine Wiege, die uns längst verstoßen hat. Wir lassen eine Erde zurück, auf die wir nicht mehr gehören, eine Welt, die verbraucht ist, eine Menschheit, die uns nicht mehr will. Wir sind - jeder von uns ist - im Begriff, einen großen Schritt zu tun. Doch wir tun diesen Schritt nicht für die Menschheit,
sondern für uns selbst, um unser Recht auf das Glück wahrzunehmen, das uns auf der Erde verwehrt worden ist.«
    Fischer war neben Wieselflink auf den Prellbock geklettert und starrte zu Wolf. Alles Übrige war für Fischer vergessen: Der Unterarmcomp, seine Befehle, die Bahnpolizisten, Wieselflink … und Blitz. Es war der Augenblick, auf den Wieselflink gewartet hatte. Er sprang vom Prellbock.
    »Wir werden den Schmutz dieser Erde abschütteln!«, rief Wolf. »Wir werden geläutert auf Sigma V eintreffen. Unsere Vergehen und Verbrechen, unsere Schwächen und Makel, unsere Süchte und Zwänge werden auf der Erde zurückbleiben. Unbefleckt werden wir Sigma V betreten, unschuldig wie Kinder.
    Die Zukunft gehört uns!
    Und nun: Öffnet euch!
    Nehmt einander an den Händen!
    Eure letzten Sekunden als schwache Menschen sind angebrochen …«
    »S minus 60 Sekunden«, kam es aus den Lautsprechern.
    Am anderen Ende der Halle explodierte eine Panzerzughälfte. Die Druckwelle ließ die Reihen der Nomaden schwanken wie Getreidehalme im Wind. Einzelne sanken, von Splittern getroffen, in sich zusammen. Sie fielen nicht um, dazu standen die Nomaden zu dicht. Wieselflink warf sich auf den Boden,
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