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Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne

Titel: Alien 1: Vierhundert Milliarden Sterne
Autoren: Paul J. McAuley
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Jugend, als sie die
Neurosen und Psychosen zergliederte, die man ihr am Institut
präsentierte?
    Aber es blieb einfach keine andere Möglichkeit.
    Sie näherten sich nun der Plaza. Dorthy schnippte sich eine
Tablette ihres Antiblockers aus dem Spender und schluckte sie.
    Andrews bemerkte es zwar, versuchte aber nicht, sie daran zu
hindern. »Sollte ich eine Möglichkeit sehen, uns hier
herauszubringen, werde ich sie nutzen«, warnte er sie vor.
»Und lassen Sie sich gefälligst nicht nochmals einfallen,
mich aufhalten zu wollen.«
    Dorthy gab darauf keine Antwort. Er hatte Angst, das erkannte sie,
aber seine Furcht saß nicht so tief wie ihre, ebenso wenig
seine Unsicherheit. Im Grunde war er wie alle Goldenen, die sie
kennengelernt hatte. Er zeigte keine Angst vor dem Tod, weil er
unfähig war, ihn sich vorzustellen. Bleib dir nur treu, und
nach einer Weile glaubst du, daß sich nie etwas ändert. Selbst jetzt, während die Hüter sie auf die Plaza
hinausschoben, war Andrews von diesem Irrglauben durchdrungen, und
seine Furcht war nur eine Schicht an der Oberfläche, die wie ein
Ölfilm auf sonnenbeschienener See in allen Farben glitzerte.
    Andrews schaute sich um. Der Übersetzer schlurfte mit
gesenktem Kopf heran, so daß die Hautkapuze sein schmales
Gesicht fast verdeckte.
    »Ich vertraue darauf, daß Sie genug lernen konnten, ehe
Sie… dabei unterbrochen wurden.«
    Trotzig trat Andrews vor und versuchte, seinen Schock über
den Anblick, der sich ihm bot, zu verbergen. Während er sprach,
sah Dorthy die ganze Szenerie einige Augenblicke mit seinen Augen:
die dunkle, bedrohliche Schar der Hüter hinter der massigen,
ruhenden Gestalt des weiblichen Neutrums, die aufragenden,
schimmernden Wände und den schwarzen Himmel darüber. Minos als Richter vor dem Tor von Dis.
    »Ich verstehe ja, daß Sie sich zu erklären
versuchen«, sagte Andrews. »Für den Anfang
könnten Sie ja mal versuchen, uns das Verhalten Ihrer Leute in
der Burg verständlich zu machen. Stehen sie unter Ihrer
Kontrolle?«
    Er hatte den Übersetzer angesprochen. Der Hüter wich
zurück und sah zu seiner Herrin hinüber. Dorthy zeigte auf
die Weibliche und erklärte Andrews, daß sie es war, die
durch den Mund des Übersetzers mit ihm sprach. Sofort drehte
Andrews sich zu ihr um und wiederholte seine Frage.
    »Früher hätte ich sie weitgehend beeinflussen
können, doch jetzt, wo sie an Wissen dazugewonnen haben, ist das
sehr schwierig.«
    Dorthy sah die Weibliche plötzlich mit anderen Augen. Sie war
kein Buddha, nein, sie war nicht ruhig und gleichmütig, sondern
eine einsame, halbverrückte Königin, deren Händen die
Zügel der Macht allmählich entglitten. Sie fragte: »Wo
sind Ihre Schwestern? Die anderen Ihrer Art?«
    »Ich bin die letzte meines Geschlechts.«
    »Was redet ihr da von Schwestern?« fuhr Andrews
dazwischen. »Gibt es etwa noch mehr von der Sorte?«
    »Weibliche Neutren«, klärte Dorthy ihn auf.
»Erinnern Sie sich noch, was ich Ihnen erzählt habe? Sie
ist die letzte, ein geklonter Abkömmling der Archen-Mannschaft,
die diese Welt hier besiedelte.«
    Durch den Mund des Übersetzers sagte die Weibliche: »In
mir leben meine Vorfahren.«
    Und schlagartig begriff Dorthy die Konsistenz der Aura oder Wolke
von vehement durcheinanderwirbelnden psychotrophischen Knoten, von
der die Weibliche umgeben war. Es waren Spurenfragmente von
dahingegangenen Leben, die in einer letzten furiosen Besessenheit
vergingen. Aber warum waren sie gespalten – in verschiedene
Lager geteilt?
    Ungeduldig sagte Andrews zu dem Neutrum: »Ich muß Sie
fragen, was Ihre Pläne sind.«
    »Ich werde nichts mehr tun. Es ist schon alles im
Fluß.«
    »Was wollen Sie damit sagen?« Dorthy fühlte das
erste Prickeln ihres TALENTS. Die flackernde Aura um die Weibliche
schien heller zu leuchten, wie ein Wolkenfleck im Okular eines
Teleskops, der durch die geringste Drehung der Fokussierschraube zu
einer gestirnten Spirale in der Galaxis wird.
    Als die Antwort ausblieb, fuhr Dorthy fort: »Wenn Sie mir
nichts darüber sagen wollen, erzählen Sie uns doch, was Sie
über uns wissen. Erzählen Sie uns von dem Mythos, auf den
Sie in dem Buch hier gestoßen sind.« Sie zog das Faksimile
aus der Overall-Tasche und reichte es Andrews, der stirnrunzelnd den
Titel las und sie dann von der Seite her schief ansah.
    Das weibliche Neutrum antwortete in einem Anfall selbstironischen
Vertrauens durch den Übersetzer: »Es ist eine Geschichte
über Demut und Einsicht. Wie ein sich
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